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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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219. Underhill, können Sie mich hören?«
    »Ja, Sir«, sagte ich und ließ den Hörer aus meinen zitternden Händen gleiten und auf den Boden fallen.

14
    Wir waren zu dritt im Zimmer 219. Die zwei Polypen, die das Verhör führten, hießen Milner und Quinn. Sie waren beide Sergeanten in der Revisionsabteilung, beide waren stämmig, sonnengebräunt und mittleren Alters. Sie hatten beide ihre Jacketts abgelegt, nachdem sie mich in den engen, kleinen Raum gebeten hatten. Ich freute mich seltsamerweise auf ihre bevorstehenden Einschüchterungsversuche und war sicher, ich könnte sie in jeder Form der psychologischen Kriegsführung übertreffen.
    Wir trugen alle 38er Smith & Wessons in unseren Schulterhalftern, was der Geschichte etwas Rituelles verlieh. Ich war nervös und berauscht von meinem Adrenalin und meiner geheuchelten, aufrichtigen Empörung. Ich war auf alles vorbereitet, einschließlich des Endes meiner Karriere, und das stärkte mich in meinem Entschluß, diese beiden halsstarrig aussehenden Polizisten zu besiegen.
    Ich nahm mir einen Stuhl, legte meine Beine auf eine Ablage von Rekrutierungsplakaten und lächelte entwaffnend, während Quinn und Milner sich Zigaretten und Feuerzeuge aus ihren Jackentaschen holten und sich eine anzündeten. Milner, der etwas größer und älter war als der andere, reichte mir die Schachtel.
    »Ich rauche nicht, Sergeant«, sagte ich kurz und bündig mit der Stimme eines Mannes, der sich nichts gefallen läßt.
    »Alle Achtung«, sagte Quinn lächelnd, »ich wünschte, ich könnte das auch.«
    »Ich hab’ einmal aufgehört, während der Depression«, sagte Milner. »Ich hatte eine hübsche Freundin, die den Geruch von Tabak nicht ausstehen konnte. Meiner Frau gefällt’s auch nicht, aber sie sieht nicht so gut aus.«
    »Warum hast du sie dann geheiratet?« fragte Quinn.
    »Weil sie mir sagte, ich sähe aus wie Clark Gable!« schnaubte Milner.
    Quinn fand das sehr aufregend. »Meine Frau hat mir mal gesagt, ich sähe aus wie Bela Lugosi, da hab’ ich sie verdroschen«, sagte er.
    »Du hättest sie in den Hals beißen sollen«, witzelte Milner.
    »Mach ich doch, jeden Abend.« Quinn lachte lauthals, blies eine Lunge voll Rauch aus und stellte seinen Stuhl mir gegenüber auf. Milner lachte mit ihm und öffnete ein winziges Fenster am Ende des Raumes, das diesige Sonnenstrahlen und den Lärm des Verkehrs einließ.
    »Officer Underhill«, sagte er, »mein Partner und ich sind heute hier, weil Zweifel an Ihrer Diensttauglichkeit aufgekommen sind.« Milners Stimme hatte jetzt einen präzisen, belehrenden Tonfall bekommen. Er machte eine dramatische Pause, zog an seiner Zigarette, und ich antwortete, seinen Tonfall imitierend: »Sergeant, ich habe große Bedenken wegen der Bürohengste, die Sie beauftragt haben, mich zu verhören. Hat die Revisionsabteilung auch Dudley Smith verhören lassen?«
    Milner und Quinn schauten sich an. Ihre Blicke waren heiter und wissend, die Blicke zweier langjähriger Partner.
    »Officer«, sagte Quinn, »glauben Sie, wir sind hier, weil sich ein Schwuler gestern im Bezirksgefängnis die Adern aufgeschnitten hat?« Ich antwortete nicht. Quinn fuhr fort: »Glauben Sie, wir sind hier, weil Sie auf illegale Weise die Verhaftung eines unschuldigen Mannes provoziert haben?«
    Milner übernahm. »Officer, glauben Sie, wir sind hier, weil Sie große Schande über die Polizei von Los Angeles gebracht haben?«
    Er holte eine zusammengefaltete Zeitung aus seiner Gesäßtasche und las daraus vor: »War Held nur ein Polizist mit zu schnellem Finger? Die Polizei in Schwierigkeiten? Dank dem Spürsinn von Rechtsanwalt Canfield und dem Mut eines anonymen Zeugen hätte Eddie Engels beinahe das Bezirksgefängnis als freier Mann verlassen können. Statt dessen verließ er es, erniedrigt und gefoltert während einer alptraumartigen, irrtümlichen Verhaftung, auf einer Bahre. Canfield und der Mann, mit dem Engels die Nacht des 12. August verbracht hatte - die Nacht, in der Engels angeblich Margaret Cadwallader umgebracht hatte -, erreichten die Justizbehörden zu spät mit ihrer Nachricht. Gestern nachmittag schnitt Eddie Engels sich im elften Stockwerk der ›Hall of Justice‹ mit einer Rasierklinge die Pulsadern auf.
    Unser Korrespondent in Seattle sprach mit dem Vater des Opfers, Wilhelm Engels, einem Apotheker in einem Vorort von Seattle. ›Ich kann nicht glauben, daß Gott so etwas tun würde‹, sagte der weißhaarige alte Herr. ›Diese Polizisten, die meinen

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