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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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sie.
    »Ja«, sagte ich.
    Lorna küßte mich zart auf die Lippen. »Dann laß die Gerechtigkeit walten. Es liegt jetzt nicht mehr in unserer Hand.«
    Ich stieß Lorna von mir fort. Ich wollte ihr nicht glauben. »Und was ist mit Maggie Cadwallader?« schrie ich. Ich wandte mich um, um einen Blick auf die Tür zu werfen. Drei Männer in Anzügen schauten durch das Loch zu uns herein.
    »Bist du okay, Lorna?« fragte einer von ihnen.
    Lorna nickte. Sie gingen, sahen aber skeptisch drein. Ich konnte hören, wie Glas aufgesammelt wurde.
    »Und was ist mit Maggie Cadwallader?«, fragte Lorna. »Wolltest du Rache für sie, oder war dieser ganze Kreuzzug nur eine verunglückte Übung in Sachen Wunder?«
    Plötzlich wollte ich Lorna weh tun, wie ich noch nie zuvor jemandem weh tun wollte. »Ich habe Maggie Cadwallader gebumst, an dem Tag, an dem ich dich traf. Ich hab’ sie im ›Silver Star‹ aufgelesen, mit in meine Wohnung genommen und sie gebumst. So bin ich in dieses Ding geschlittert, deshalb wußte ich, wo ich nach Beweisen suchen mußte. Ich wußte, daß ich eine Blitzkarriere machen würde, wenn ich den Mörder fing. Ich wollte dich vom ersten Augenblick an. Ich wollte dich haben, dich ficken, ich wollte dich besitzen. Deswegen hab’ ich dich da reingezogen; es war nur eine weitere Verführung in einer gottverdammt langen Kette.«
    Ich wartete nicht auf Lornas Antwort, ich ging aus ihrem Büro und drehte mich nicht um.

    Ich fuhr ziellos durch die Gegend, wie an dem Abend, an dem ich Maggie Cadwallader getroffen hatte. Ich kaufte mir einen L.A. Mirror. Die Anklageerhebung gegen Engels war auf der Titelseite. »›Ich bin nicht schwul!‹ schreit der Angeklagte.« Revolverjournalismus vom feinsten. Der Bericht offenbarte, daß Engels von drei kräftigen Gerichtsdienern gehalten und aus dem Gerichtssaal gezerrt werden mußte, nachdem er auf »nicht schuldig« plädiert hatte.
    Ich warf die Zeitung aus dem Wagenfenster und fuhr nach Osten. Bei San Bernardino sah ich vom Freeway aus einen großen, gepflegten, öffentlichen Golfplatz. Ich nahm die nächste Ausfahrt, fand das Golfparadies, parkte auf dem leeren Platz, kaufte mir zwei Dutzend Bälle und lieh mir einen Satz Schläger. Ich zahlte, duckte mich an der Schaltzelle am Start vorbei und begab mich gleich in die Mitte des Geländes.
    Ich dachte nach - pausenlos dachte ich nach. Ich versuchte, an nichts zu denken. Es gelang mir und es gelang mir nicht. Mit dem 2er Eisen ließ ich ein paar schön geschlagene Bälle ins Niemandsland segeln und empfand nichts dabei.
    Mea culpa, sagte ich zu mir selbst. Was ist schiefgegangen? Was ist wirklich passiert? Was geschieht als nächstes? Wird die Polizei hinter mir stehen? Werde ich wieder in Watts auf Streife gehen? Gedemütigt, ein isolierter Einzelgänger ohne Ziel? Logische Trugschlüsse. Post hoc, ergo propter hoc: nach dem, also deswegen. Die Augenscheinlichkeit der Umstände. Ein schuldiger Mann. Schuldig nicht des Mordes, sondern der Schuld. Armer schwuler Eddie. Tapferer, schwuler Clard Winton. Mea maxima culpa. Vergib mir, Vater, ich habe gesündigt. Welcher Vater? Eddie Engels? Dudley Smith? Thad Green? Parker? Gott? Es gibt keinen Gott außer dem Wunder. Ich wünschte mir ein hartes Herz gegen Lorna. Kein Glück. Lorna, Lorna, Lorna.
    Mit dem 3er Eisen jagte ich wütend eine Serie direkt in ein Wäldchen und hoffte, die Bälle würden zurückprallen und mich totschlagen. Nichts passierte; sie verschwanden und wurden nie wieder gesehen. Dem Gott des Golfspiels geopfert, an den ich nicht mehr glaubte.

    Ich fuhr nach Hause. Ich hörte mein Telefon klingeln, als ich in die Einfahrt einbog. Ich dachte, es könnte Lorna sein, und rannte.
    Das Läuten hielt an, als ich die Tür aufschloß. Ich hob den Hörer ab. »Hallo«, sagte ich vorsichtig.
    »Underhill?« fragte eine vertraute Stimme.
    »Ja. Captain Jurgensen?«
    »Ja. Ich versuche schon seit sechs Uhr, Sie zu erreichen.«
    »Ich war weg. In San Bernardino.«
    »Verstehe. Dann haben Sie’s noch nicht gehört?«
    »Was gehört?«
    »Eddie Engels ist tot. Er hat heute nachmittag in seiner Zelle Selbstmord begangen. Er sollte freigelassen werden. Es ist Beweismaterial aufgetaucht, das auf seine Unschuld wies.«
    »Ich... ich...«
    »Underhill, sind Sie noch dran?«
    »J-ja.«
    »Der Chef selbst hat mich als Ihren letzten Vorgesetzten gebeten, Sie zu informieren.«
    »Ich...«
    »Underhill, Sie sollen sich morgen früh um acht Uhr im Hauptquartier melden. Zimmer

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