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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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du wirst mich nie in den Griff bekommen. Verstehst du?«
    »Ja, ich verstehe, daß du immer noch Angst hast. Ich nicht mehr.«
    »Sei nicht unaufrichtig, gottverdammt!«
    »Scheiße«, sagte ich und fühlte plötzlich, wie meine Lebensphilosophie nach drei Wochen der Anspannung und der Erwartung in sich zusammenfiel. »Wunder, Gerechtigkeit, alles Scheiße. Ich weiß einfach nicht mehr.«
    »Doch«, sagte Lorna. »Ich bin da. Ich bin weder das Wunder noch die Gerechtigkeit.«
    »Was bist du dann?«
    »Ich bin deine Lorna.«

    In jener Nacht machten wir keine Ausflüge - weder über die State Street noch am Strand entlang, oder zur alten Mission. Wir gingen tanzen - in unserem zitronengelben Zimmer. Wir tanzten zur Musik der Four Lads, der McGuire Sisters, von Teresa Brewer und der unsterblichen Big-Band des toten Glenn Miller.
    Eine Radiostation erfüllte Hörerwünsche, ich rief sie an und bestürmte sie, eine Anzahl alter Evergreens zu spielen, die mir plötzlich in Lornas Gegenwart ganz wichtig waren. Der Discjockey kam meinem Wunsch nach, und Lorna und ich bewegten uns langsam und eng umschlungen zu den Klängen von »The Way You Look Tonight«, »Blue Moon«, »Perfidia«, »Blueberry Hill«, »Moments To Remember«, »Good Night, Irene« und natürlich »The Tennessee Waltz« durchs Zimmer.

    Am Montag standen wir im Morgengrauen auf und fuhren nur widerwillig nach Los Angeles zurück, um der Gerechtigkeit zu dienen.

13
    Ich schlief fest in meiner Wohnung, als das Telefon klingelte. Es war Montag, zwei Uhr nachmittags. Ich hatte mickrige drei Stunden geschlafen.
    Es war Lorna. »Freddy, ich muß dich sofort sehen. Es ist dringend.«
    »Was ist los, Lorna?«
    Sie klang sehr besorgt. Ein Tonfall war in ihrer Stimme, den ich nie zuvor gehört hatte. »Ich kann nicht am Telefon darüber reden.«
    »Haben sie Anklage gegen Engels erhoben?«
    »Ja. Er streitet seine Schuld ab. Dudley Smith war mit dem stellvertretenden Staatsanwalt da, und Engels fing an zu schreien. Die Gerichtsdiener mußten ihn festhalten.«
    »Großer Gott. Bist du in deinem Büro?«
    »Ja.«
    »In einer dreiviertel Stunde bin ich da.«
    Es dauerte fast eine Stunde. Ich zog mich eiligst an und jagte meinen Buick mit überhöhter Geschwindigkeit über die Straßen. Ich hielt dem Parkplatzwächter in der Temple Street meine Marke unter die Nase, der nickte knapp und klemmte mir einen offiziell aussehenden Zettel unter den Scheibenwischer. Zwei Minuten später platzte ich in Lornas Büro.
    Lorna hatte Besuch, und der sah ernst aus. Beide waren gutangezogene Männer in den frühen Vierzigern. Der beeindruckendere der beiden kam mir bekannt vor. Er saß auf Lornas grünem Ledersofa, hatte seine Beine ausgestreckt und an den Knien übereinandergeschlagen. Er nahm eine Ledermappe in die Hand, die neben ihm auf dem Boden lag. Sogar in dieser lässigen Haltung wirkte er einschüchternd. Der andere Mann hatte sandfarbenes Haar und war untersetzt, er trug eine Ascot-Krawatte und einen Kaschmirpullover. Und das an einem Tag, an dem die Temperaturen bis 35 Grad steigen sollten. Er leckte sich wiederholt die Lippen und blickte zwischen dem Mann mit der Ledermappe und mir hin und her.
    Lorna stellte uns gegenseitig vor, und ich zog mir einen Holzstuhl neben ihren Schreibtisch. »Detektive Fred Underhill, das ist Walter Canfield.« Sie zeigte auf den Mann mit der Ledermappe. »Und das ist Mr. Clark Winton.« Sie nickte in Richtung des Mannes mit der Krawatte. Beide Männer nahmen meine Gegenwart mit einem Aufblicken zur Kenntnis - Canfield feindlich, Winton nervös.
    »Was kann ich für Sie tun, meine Herren?« sagte ich.
    Canfield öffnete den Mund, aber Lorna sprach als erste in sehr geschäftsmäßigem Tonfall. »Mr. Canfield ist Rechtsanwalt, Fred. Er vertritt Mr. Winton.« Sie hielt inne, dann sagte sie: »Mr. Canfield und ich haben in der Vergangenheit schon zusammengearbeitet. Er hat mein Vertrauen.« Sie sah Canfield an, der grimmig lächelte.
    »Ich werde mich kurz fassen, Officer«, sagte er. »Mein Klient war in der Nacht, in der Margaret Cadwallader ermordet wurde, mit Eddie Engels zusammen.« Er wartete auf meine Reaktion. Als ich nur schwieg, fügte er hinzu: »Mein Klient war die ganze Nacht bei Engels. Er erinnert sich an das Datum sehr genau. Der 12. August ist sein Geburtstag.«
    Canfield sah mich triumphierend an. Winton starrte auf seinen Schoß und knetete nervös seine zitternden Hände.
    Ich fühlte, wie mein ganzer Körper steif wurde,

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