Heimliche Hochzeit um Mitternacht (German Edition)
gemacht …“
„Dass sie eine Waise ist? Das hätte sehr gut der Fall sein können. Es wäre in der Tat besser, wenn ich nicht mehr unter den Lebenden weilte.“ Er warf seinem Gast einen neugierigen Blick zu. „Sagen Sie, Euer Gnaden, bevor wir fortfahren – sind Sie der Gemahl meiner Tochter?“
„Ja.“ Das Wort entfuhr seiner Kehle wie ein Krächzen, und er musste sich räuspern, um seine Stimme wieder in der Gewalt zu haben.
„Und Sie sind nach London gekommen, um die Wahrheit herauszufinden.“
„Ich bin gleich in unserer Hochzeitsnacht aufgebrochen.“ Marcus räusperte sich wieder, ohne den Blick von Mirandas Vater abzuwenden. Selbst unter diesen Umständen war es ein schwieriges Unterfangen, sich erklärlich zu machen. „Bevor eine Annullierung unmöglich wurde.“
„Und wo ist meine Tochter jetzt?“
„In Devon, auf Haughleigh Grange.“
„Und Ihre Entscheidung, ob Sie Miranda als Ihre rechtmäßige Gemahlin akzeptieren oder nicht, hängt davon ab, was Ihre Nachforschungen bei uns ergeben?“
„Und von ihren eigenen Wünschen. Ich werde sie nicht zwingen, bei mir zu bleiben.“
„Machen Sie sich um Mirandas Wünsche keine Sorgen, Euer Gnaden. Empfindlich zu sein ist jenen Damen vorbehalten, die es sich leisten können. Meine Gesundheit schwindet, und ich kann nicht länger so tun, als sei ich in der Lage, eine dreiköpfige Familie zu versorgen. Sie hätte sich, wenn sie bei uns geblieben wäre, für einen niederen Posten in einem der besseren Häuser entscheiden oder sich verkaufen müssen. Wenn Sie das Mädchen nicht von sich stoßen, nachdem Sie alles erfahren haben, wird es sich erst recht für Sie entscheiden und dankbar sein.“
„Dann fahren Sie fort, Sir Anthony.“
Der Mann musste lachen ob der vornehmen Anrede. „Wie seltsam, nach all dem, was geschehen ist, so angesprochen zu werden. Also schön, ich erzähle Ihnen die Geschichte von Anfang an, aber lassen Sie uns in den Salon gehen, damit wir es uns bequem machen können.“
Nachdem man Platz genommen hatte, begann Sir Anthony: „Vor langer Zeit, inzwischen mehr als dreizehn Jahren, war ich ein glücklicher Mann, dem eine wunderbare Frau zur Seite stand. Meine kleine Tochter war mir eine große Freude, und ich erwartete ungeduldig die Geburt meines Erben. Leider verstarb meine Gattin bei der Geburt unseres Sohnes, und auch der Knabe überlebte nur wenige Stunden. Der Schmerz ob des großen Verlustes, den ich damals empfand, war unbeschreiblich und hat mich aus der Bahn geworfen.“ Er atmete tief durch und sah Marcus fragend an. „Ist Ihre erste Frau nicht ebenfalls im Wochenbett gestorben, Euer Gnaden?“
Marcus nickte stumm.
„Dann werden Sie meinen Kummer und meine Enttäuschung verstehen und nachvollziehen können, in welche Tiefen ich gesunken bin. Ich wandte mich binnen weniger Jahre von der Tochter, die ich liebte, ab, verspielte ihre Mitgift und mein Land und trank bis spät in die Nacht. Als ich kein Geld mehr hatte, lieh ich mir welches von Freunden. Ich nutzte sämtliche Quellen, die mir zur Verfügung standen, und hoffte darauf, bald zu Tode zu kommen, um nicht die Folgen meines Handelns tragen zu müssen. Als ich gerade mein Gewehr lud, um meinem Leben ein Ende zu setzen, kam meine Tochter unerwartet ins Zimmer und fragte mich, unschuldig und unerfahren, wie sie war, ob ich mit ihr spielen würde. Ein Blick in ihre Augen genügte, und ich wusste, dass ich eine andere Lösung finden musste. Zu meinem Verdruss gab es keinen ehrenwerten Weg aus der Misere. Meine Gläubiger standen gewissermaßen vor der Tür. Ich musste untertauchen.“ Er machte eine hilflose Geste. „Ich war gezwungen, mich hier zu verstecken, an einem Ort, der so erbärmlich war, dass weder Freunde noch Gläubiger dort nach mir suchen würden. Damals dachte ich, es sei besser, eine ehrliche Arbeit zu finden und etwas Geld zurückzulegen, als in den Schuldturm zu gehen. Und wenn ich tatsächlich ins Gefängnis gekommen wäre – was wäre dann aus Miranda geworden?
Eine Manufaktur in der Nähe suchte Gott sei Dank einen Schreiber. Dort ging ich viele Jahre meiner Arbeit nach, bis meine Augen schlechter wurden und ich die kleinen Buchstaben nicht mehr entziffern konnte. Der Fabrikbesitzer betrieb auch eine Weberei und bot mir an, dorthin überzuwechseln. Da wir kein Geld hatten, blieb mir keine andere Wahl, und ich ging unter die Arbeiter. Miranda und Cecily taten ihr Bestes, um etwas dazuzuverdienen – sie haben für andere Leute
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