Heimliche Hochzeit um Mitternacht (German Edition)
genäht oder gewaschen und sich als Dienstboten in großen Häusern verdingt. Und so kam es, dass Miranda allmählich vergaß, dass sie aus gutem Hause stammt.“
„Und dann verfielen Sie auf den Gedanken, dass Miranda, die weder zu der einen noch zu der anderen Welt gehörte, einen Duke heiraten sollte?“ Marcus blickte ungläubig zu dem Mann hinüber.
Sir Anthony presste die Lippen zusammen, bevor er sprach: „Genau so verhielt es sich. Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass ich nicht mehr arbeiten gehen konnte.“ Er streckte die knöchrigen und verwachsenen Finger aus. „Ich bin nutzlos geworden, kann nicht einmal mehr die einfachsten Geräte bedienen. Wenn mir nicht bald etwas eingefallen wäre, hätten wir uns im Armenhaus wiedergefunden. Verstehen Sie, was es bedeutet, sein eigenes Kind für die Sünden büßen zu sehen, die man selbst vor langer Zeit begangen hat? Es war weiß Gott nicht einfach, Miranda bei Leuten arbeiten zu lassen, die eigentlich unter ihr stehen.“
Und es wurde noch schlimmer. Mit Entsetzen vernahm Marcus, was Mirandas Vater weiter zu berichten hatte.
„Dann bot man Miranda in einem bestimmten Haus – sie arbeitete dort als Serviermädchen – eine feste Stelle an. Ich hatte nichts dagegen einzuwenden, denn ich kannte keinen Stolz mehr, bis ich erfuhr, dass ihr Arbeitgeber ganz spezielle Absichten verfolgte. Er wollte Miranda für eine Position, die nichts mit Hauswirtschaft zu tun hat. Sie ist ein kluges Mädchen und liebt uns beide sehr. Es hätte nicht lange gedauert, Euer Gnaden, und sie wäre zu dem Schluss gekommen, dass sie unsere finanziellen Probleme mit einem Schlag lösen kann, wenn sie das Angebot dieses Gentleman annimmt. Ich musste sie von hier fortschaffen und sie vermählen, bevor irgendein Edelmann aus der Umgebung sich einfach nahm, was er wollte. Es war Cecilys Idee, für Miranda einen wohlhabenden und adligen Gatten zu finden. Es musste jemand sein, der selten nach London kam und den Skandal um unsere Familie nicht kannte.“
„Doch wie sind Sie auf mich gekommen?“
Lady Cecily erhob das Wort: „Ihre Mutter tat mir einst ein Unrecht an, lange bevor Sie geboren wurden. Ich habe mich darauf berufen, dass sie mir einen Gefallen schuldet.“
„Ich kenne Ihre Briefe. Sie haben ihr mit Enthüllung gedroht. Um was für eine Enthüllung handelte es sich?“
„Es war eine schwache Drohung im Vergleich zu der Schuld, die sie empfinden musste. Vielleicht war sie auch nur beschämt, mich zu kennen. Gleichwohl antwortete sie auf meine Briefe, und ich zog meinen Vorteil daraus.“
„Sie lag im Sterben.“
Lady Cecily zeigte sich ungerührt. „Ich weiß. Und ich kann nicht sagen, dass es mich gekümmert hätte, außer dass mir dadurch wenig Zeit zur Verfügung stand. Bitte verzeihen Sie, dass ich so unverblümt spreche, aber ich musste erfahren, dass Ihre Mutter eine äußerst hartherzige und eifersüchtige Frau war.“
Er nickte. „Bitte fahren Sie fort.“
„Wir kannten uns bereits als Kinder. Wir gingen in dieselbe Schule und teilten ein Zimmer. Wir waren die besten Freundinnen damals, süß und unschuldig, wie man sich zwei Mädchen in dem Alter nur denken kann. Als ich vierzehn Jahre alt war, starb mein Vater. Er hinterließ mir genug Geld, damit ich die Schule beenden und in die Gesellschaft eingeführt werden konnte. Er vertraute mich einer Großtante an, die nichts von mir oder den Dingen wusste, die sich in der Zeit abspielten, in der ich nicht bei ihr, sondern im Internat wohnte.“ Verbittert presste sie die Lippen zusammen. „Der Vermögensverwalter meines Vaters, der sich um mein Erbe kümmerte, begann irgendwann, ein persönliches Interesse an mir zu entwickeln. Er erinnerte mich regelmäßig daran, dass meine Mittel begrenzt seien und daher der Abschluss der Schule auf dem Spiel stünde. Schließlich empfahl er mir, mich eines Abends in seinem Büro aufzusuchen, um mit ihm die Details des Testaments durchzugehen. Wie hätte ich ahnen können, was er mit mir vorhatte? Ich war ein unerfahrenes Mädchen.“ Ihre Stimme klang wütend und verzweifelt zugleich, und Marcus bemerkte, wie Sir Anthony sich vor Mitgefühl anspannte.
„Später kehrte ich in mein Internatszimmer zurück und weinte mich aus. Ihre Mutter stand mir in dieser schweren Stunde freundschaftlich zur Seite und schwor, niemandem zu erzählen, was geschehen war. Nach Beendigung der Schule lebte ich dann bei meiner Großtante und sah Ihre Mutter erst wieder, als die Saison
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