Heimliche Hochzeit um Mitternacht (German Edition)
gemeinsam, denn mich hat sie zeit ihres Lebens nicht geschätzt. St. John war ihr Lieblingskind, denn ich glich zu sehr meinem Vater.“
„Du und dein Bruder seid in der Tat sehr verschieden“, bemerkte sie mit sanfter Stimme.
Seine Miene verfinsterte sich. „Ich neige zu Jähzorn und Übellaunigkeit und wurde kürzlich darüber aufgeklärt, dass St. John eine angenehmere Gesellschaft ist.“
„Er muss weder die Verantwortung tragen, die du trägst, noch sorgt er sich um irgendetwas.“
„Meine Verantwortung habe ich zehn Jahre lang vernachlässigt“, versetzte er. „Die Leute hier sind mir nach wie vor fremd. Ich war zu lange fort, und nun gibt es viel zu tun und nachzuholen.“
„Ich denke, man sollte die Vergangenheit ruhen lassen und nach vorne blicken.“
Sie fuhren die Auffahrt von Haughleigh Grange hinauf, und als die Kutsche zum Stehen kam, sprang Marcus vom Kutschbock, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein. Er streckte beide Arme vor, um sie herunterzuheben, doch sie begnügte sich mit seiner Hand.
„Vorsicht, Marcus, du ruinierst dir deinen Mantel.“
„Wie bitte?“
„Die Geburt eines Kindes ist eine schmutzige Angelegenheit. Ich habe mir bereits dieses schöne Kleid befleckt, dass du mir geschenkt hast.“
Er betrachtete sie eingehend von oben bis unten und bemerkte zum ersten Mal die Blutflecken an ihrem Rock. Ohne es zu wollen, wich er einen Schritt zur Seite und atmete tief durch.
Miranda bemerkte sein Unbehagen und legte ihm ihre Hand auf den Arm. „Ich bin sehr müde, obwohl die meiste Arbeit nicht ich geleistet habe. Du bist bestimmt auch leicht angegriffen ob der langen Fahrt und der Ereignisse …“
„Ja“, gab er zu. „Wir sind beide erschöpft. Aber ich freue mich darauf, dir morgen wieder Gesellschaft zu leisten.“
„Ich ebenfalls. Es war ein ausgesprochen interessanter und lehrreicher Nachmittag.“
„In der Tat“, erwiderte er, legte sich ihre Hand in die Armbeuge und schritt mit ihr die Treppe zur Eingangstür hinauf.
17. KAPITEL
Seltsam, wie sich an einem einzigen Tag so viele Dinge ändern konnten. Rasch ließ Miranda sich von Polly in ein neues Morgenkleid aus weichem gemusterten Musselin helfen, damit sie ihrem Gemahl beim Frühstück Gesellschaft leisten konnte. Marcus hat die vergangenen vierundzwanzig Stunden nicht mit mir geschimpft oder sich missbilligend geäußert, dachte sie und musste lächeln.
Sie hatte Erkundigungen über den Verbleib ihres Schwagers eingeholt und in Erfahrung gebracht, dass er abgereist war, kurz bevor sein Bruder Haughleigh Grange erreicht hatte.
„Seine Lordschaft und Seine Gnaden verstehen sich nicht sehr gut, müssen Sie wissen“, klärte Polly sie auf. „Lord St. John kommt und geht, und wenn Sie mich fragen, war es höchste Zeit, dass er das Haus endgültig verlässt.“
Miranda nahm die Neuigkeit mit Erleichterung zur Kenntnis. Es gab genügend andere Dinge, die ihr Sorgen bereiteten.
Marcus ging gerade die Post durch, als Miranda den Frühstückssalon betrat. Unwillkürlich hielt er den Atem an bei dem bezaubernden Anblick, der sich ihm bot: Sicher vermochten ein noch so vorteilhaftes Kleid und genügend Schlaf keine solch großartige Wirkung zu erzeugen. Ein Traum in Apricot entfaltete sich vor seinen Augen, und er konnte sich nicht daran hindern, sie bewundernd anzusehen. Das Bild einer reifen Frucht kam ihm in den Sinn, die so süß und saftig war, dass man sie einfach pflücken und kosten musste.
Wie reizend sie errötet, dachte er und lächelte. „Guten Morgen, Miranda“, sagte er schließlich und erhob sich, um ihr den Stuhl zurechtzurücken.
„Guten Morgen, Euer Gna… Marcus“, korrigierte sie sich rasch, bevor ihr Gemahl die Stirn runzeln konnte.
„Wie sind deine Pläne für heute?“, wollte er wissen, während er wieder Platz nahm und sich seinem Heringsfilet widmete.
Sie zögerte. „Ich hatte vor, bei der Anbringung der Seidentapeten dabei zu sein und eine Liste mit weiteren dringlichen Arbeiten zu erstellen – wenn du nichts dagegen hast.“
„Aber nein“, antwortete er, obwohl er ihr Vorhaben insgeheim nicht guthieß; wenn er darüber nachdachte, hatte er gehofft, sie hätte sich nichts dergleichen vorgenommen. „Dann erzähl mir doch, meine Liebe, welcher Raum als Nächstes auf deiner Liste stehen wird.“
Sie vermied seinen Blick. „Die Schlafgemächer.“
„Vielleicht können wir sie gemeinsam in Augenschein nehmen“, bemerkte er bedeutungsvoll.
Ihr Kopf neigte sich
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