Heimliche Hochzeit um Mitternacht (German Edition)
halten, der es versteht, dir gerecht zu werden.“
„Was meinst du?“
„Es soll keiner dieser oberflächlichen Maler sein, der dich in Seide gehüllt vor einem Piano platziert oder dir, Gott behüte, ein Hündchen auf den Schoß setzt. Natürlich wären eine Schürze und ein Mopp naheliegend …“ Er berührte das nützliche Häubchen auf ihrem Kopf, das sie trug, um ihre Frisur zu schützen, wenn sie irgendwelche Arbeiten verrichtete. „Doch für das formale Porträt einer Duchess wäre eine solche Aufmachung unangemessen.“
„Du sprichst in Rätseln.“
„Mit unserer Vermählung hast du dir einen Platz an dieser Wand verdient, meine Liebe. Du gehörst an meine Rechte.“
Sie betrachtete das Bildnis vor sich und erwiderte sanft: „Dieser Platz ist bereits besetzt.“
Das Schmunzeln in seinem Antlitz verschwand, und er folgte ernst ihrem Blick auf das Bild.
„Sie war sehr hübsch“, fügte sie hinzu.
„Ja.“ Seine Stimme klang leidenschaftslos.
„Ich sollte gehen.“ Und dich mit deiner verstorbenen Frau allein lassen, sagte eine eifersüchtige Stimme in ihrem Innern.
„Nein, bleib bei mir“, bat er sie und sah erst zu ihr, dann zu dem Porträt hinüber, um sie einen Moment später mit einem eindringlichen Blick zu bedenken, der ihr Herz zum Rasen brachte. Bethany indessen schaute in starrer Schönheit unverändert lächelnd auf sie hinab.
„Ich wünschte, du würdest mich nicht so ansehen“, bemerkte Miranda verlegen. „Ich möchte nicht mit ihr verglichen werden, weil ich ihr nicht das Wasser reichen kann.“
„Du bist in der Tat ganz anders als sie“, bestätigte er. „Aber ich bin nicht mehr der Mann, der ich bei meiner ersten Ehe war. Bethany war die Wahl eines jungen Heißsporns, der den Ernst des Lebens noch nicht begriffen hatte.“
„Und ich?“
„Du bist ein angewöhnter Geschmack“, versetzte er unverblümt.
„Wie schön, dass du dich an mich gewöhnt hast“, gab sie trocken zurück und dachte insgeheim daran, dass er Bethany im Gegensatz zu ihr verehrt und hofiert hatte.
„Bei Bethany hatte ich keine Wahl. Mutter hat unsere Begegnung arrangiert, und ich war vom ersten Augenblick an von ihr fasziniert. Sie besaß eine engelsgleiche Stimme, und dieses Bild wird ihrer Schönheit lange nicht gerecht. Wir haben rasch geheiratet, und innerhalb eines Jahres war sie tot.“
Miranda kamen St. Johns Worte in den Sinn. „Du musst sehr traurig gewesen sein.“
„Nicht sehr“, erwiderte er gleichmütig.
„Wenn du sie nicht vermisst – weshalb kommst du dann hierher?“
„Es ist so, als wollte ich in einer alten Wunde bohren. Ich schaffe es einfach nicht, sie heilen zu lassen.“
„Welche Wunde?“
„Es ist mein Stolz. Ich habe nicht lange gebraucht, um zu begreifen, dass Bethany meinen Titel mehr begehrte als mich. Meine Mutter hat sie unterwiesen, mir als ein Schmuckstück zur Seite zu stehen, und darin war sie vorbildlich. Doch hinter der Fassade …“, er schüttelte den Kopf, „gab es eine Leere zwischen uns, die ich nie und nimmer hätte ausfüllen können. Und ihr Herz bestand aus Marmor.“ Er wandte sich zu Miranda um und hob ihr Kinn an, damit sie ihm in die Augen sah. „Du bist in der Tat ganz anders als sie. Denn deine Augen sagen mir, dass du mehr Qualitäten in dir trägst als Bethany.“
Miranda senkte den Blick. „Ich habe nichts zu verbergen, wenn du das meinst.“
Sein Lächeln war wehmütig, als sie wieder aufsah. „Oh, wirklich? Ich denke, wir alle haben etwas zu verbergen. Selbst meine oberflächliche Gattin hatte ihre Geheimnisse. Und es gibt vieles, das du nicht über mich weißt. In meiner ersten Ehe war ich kein glücklicher Mann. Es war ein Fehler, diese Frau zu heiraten, das wusste ich bald, doch zu dem Zeitpunkt war es bereits zu spät.“
„War sie denn glücklich?“, sprudelte es unwillkürlich aus Miranda heraus.
Er lächelte. „War sie glücklich? Von deiner Warte aus ist dies eine gute Frage. Aber du musst wissen, dass ich nicht immer der Mann war, den du geheiratet hast. Ich war nicht so grimmig und konnte mich besser beherrschen als jetzt.“ Er machte ein nachdenkliches Gesicht. „War sie glücklich? Ich denke, es gibt Leute, die es glücklich macht, wenn die Menschen um sie herum unglücklich sind. Verstehst du, was ich meine? Meine Mutter zum Beispiel war eine solche Person. Sie war eitel und oberflächlich. Sie hat meinem Vater mit den Jahren die Lebensfreude geraubt, so viel steht fest. Er hätte sich zu Tode
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