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Heimliche Wuensche

Titel: Heimliche Wuensche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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hatte nicht den Eindruck, daß Nellie in diesem Augenblick viel zu leiden hatte. Wäre sie nur nicht so fett gewesen .. .
    »Laß uns die Seeleute besuchen«, sagte Berni.
    »Aber was wird aus Nellie?«
    Berni schwenkte den Arm auf den Schirm zu. »Werde schlank, Kind.« Sie sah auf Pauline zurück. »Das sollte sie von ihren Sorgen befreien. Mit einer schlanken Figur hätte sie keine Probleme mehr in ihrem Leben.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Vielleicht solltest du doch hierbleiben und dir . . .«
    »Nun kommt schon«, sagte die ägyptische Frau. »Wenn wir uns nicht beeilen, sind bereits alle Männer vergeben, bis wir dort sind.«
    »Da brauchst du keine Bedenken zu haben«, sagte Berni zu Pauline. »Nellie ist ihre Sorgen los. Sie wird schlank sein und schön. Und mit ihrer dicken Figur verschwinden auch ihre Probleme. Also — gehen wir.«
    Nach kurzem Zögern hob Pauline ihre langen Röcke an und rannte hinter Berni und der ägyptischen Frau her.
    Chandler, Colorado 1896
    Jace wurde durch ein lautes Hämmern gegen seine Hoteltür aus dem Schlaf geschreckt. Er rieb ein Streichholz an, entzündete die Lampe neben seinem Bett und blickte auf seine Taschenuhr. Es war halb vier Uhr morgens. »Schon gut — ich komme«, rief er, schlüpfte in seine Hose und knöpfte sie zu, während er zur Tür ging. Er öffnete sie und sah einen Jungen vor sich stehen, einen pummeligen Burschen von etwa elf Jahren.
    »Ich habe ein Telegramm für Sie«, sagte der Junge.
    Jace rieb sich den Schlaf aus den Augen, nahm das Telegramm entgegen und las:
    IHR VATER SCHWER ERKRANKT STOP SOFORT NACH HAUSE KOMMEN
    Jace las das Telegramm dreimal, ehe er einen klaren Gedanken fassen konnte. »Wann geht der nächste Zug nach Osten?«
    »Um vier; aber das ist ein Güterzug. Er nimmt keine x-beliebigen Passagiere mit.«
    Jace überlegte fieberhaft. »Komm«, sagte er dann zu dem Jungen. Er ging zu dem Sekretär, der in seinem Zimmer stand, setzte sich hin und schrieb ein Billett für Nellie. Er erklärte ihr darin, warum er abreisen mußte und wohin. Er schrieb, daß er so rasch wie möglich wieder zurückkäme, und bat sie, ihrem Vater den Grund seiner Abwesenheit mitzuteilen. Und zuletzt schrieb er noch, daß er sie liebte.
    Jace stand auf, versiegelte das Billett in einem Umschlag, adressierte diesen an Nellie und drehte sich dann zu dem Jungen um. »Kennst du Miss Nellie Grayson?«
    »Jeder hier kennt Nellie.«
    »Ich möchte, daß du ihr diesen Umschlag gibst. Ihr und niemandem sonst. Hast du mich verstanden?«
    »Klar, Mister.«
    Jace holte eine Vierteldollar-Münze aus der Tasche. Es war eine zu große Entlohnung für einen schlichten Botengang; aber er wollte sich damit die Loyalität des Jungen erkaufen. »Nellie und niemandem sonst, ja?«
    »Das weiß ich inzwischen.«
    »Geh jetzt«, sagte Jace. »Ich muß packen.« Der Junge verließ das Zimmer, und Jace warf ein paar Sachen in einen Kleidersack. Er hatte sich vorgenommen, mit dem Vier-Uhr-Zug zu reisen. Und wenn er auf einen Kohlewaggon aufspringen mußte: er würde die erste Transportmöglichkeit zur Ostküste wahrnehmen. Als er den Sack zugebunden hatte, stand er eine Weile regungslos da. Sein Vater krank. Sein so robuster, bisher kerngesunder Vater ernsthaft erkrankt. Seine Hände zitterten ein wenig, als er den Sack auf die Schulter hob.
    Da war niemand in der Empfangsloge, als er nach unten kam; also schrieb er rasch auf einen Zettel, daß er sein Zimmer aufgab, und steckte Geld zu dem Zettel in den Umschlag. Als er das erledigt hatte, begann er zu laufen. Er rannte zur Bahnstation, so rasch ihn seine langen Beine dorthin tragen konnten, und bezahlte dort einen unglaublich hohen Preis für eine Passage in einem Güterwagen nach Denver. Es war ihm egal, welche Unbequemlichkeiten er ertragen mußte. Er wollte so rasch wie möglich nach Maine zu seinem Vater.
    »Nun?« fragte Terel den Jungen. Sie war im vergangenen Sommer Zeugin geworden, wie der Junge ein Mädchen, das halb so alt und groß war wie er, terrorisiert hatte. Sie wußte, daß sie sich den Richtigen für ihr Vorhaben ausgesucht hatte.
    »Erledigt«, sagte der Junge und schielte zu ihr hinauf. »Er hat mir zwei Dollar gegeben.«
    »Du kleiner Erpresser«, murmelte Terel. Sie hatte dem Jungen versprochen, ihm das Doppelte dessen zu geben, was er von Jace bekam, wenn er ihr das Billett brachte, das Jace vermutlich schreiben würde. Sie gab dem Jungen fünfzig Cents und riß ihm gleichzeitig das Billett aus der Hand.

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