Heimliche Wuensche
wie die Leute in der Stadt ungläubig den Kopf schüttelten, weil sie sich benommen hatte wie ein Straßenmädchen.
Sie mußte für die Butterplätzchen eine neue Glasur anrühren, weil sie die Schüssel mit der Kuvertüre leergegessen hatte.
»Terel, was hast du denn?« fragte Mae, als Terel sich auf eine höchst anmutige Weise in ihr Spitzentaschentuch schneuzte.
Acht junge Damen aus Chandler waren im Salon der Graysons versammelt und unterhielten sich angeregt über
die Ereignisse der letzten Ballnacht. In ihrer Erörterung nahmen Nellie und die unglaubliche Veränderung, die mit ihr vorgegangen war, den breitesten Raum ein.
»Und vorher hatte ich Nellie nicht einmal angeschaut.«
»Sie war so schön, und Mr. Montgomery hat sie so verliebt angeblickt. Er . . .«
Es geschah in diesem Moment, daß Terel ihr Taschentuch zierlich ans Näschen hob und abermals schniefte. Die jungen Damen waren so sehr in ihr Gespräch vertieft, daß es eine Weile dauerte, ehe Mae dies bemerkte und sich bei Terel erkundigte, was ihr denn fehle.
»Es ist nichts«, erwiderte Terel. »Wenigstens nichts, was ich mit einem nicht zur Familie Gehörenden besprechen könnte.«
Charlene blickte Louisa an. »Wir kennen dich schon von unserer Kindheit an. Wir gehören doch quasi zu deiner Familie.«
Terel berührte mit dem Taschentuch den linken Augenwinkel. »Ihr werdet es früher oder später ja ohnehin erfahren.«
»Besser früher als später«, meinte Mae, während Charlene sie in die Rippen boxte.
»Mr. Montgomery ist ein . . .«
Sie warteten alle, auf ihren Stühlen vorgelehnt, die Teetassen auf halbem Wege zum Mund in der Schwebe haltend.
»Er ist ein Heiratsschwindler.«
»Nein«, hauchten alle drei Frauen entsetzt.
»Ich fürchte, es ist wahr«, sagte Terel mit betrübter Miene. »Ich fürchte, er hatte von Anfang an keine ehrlichen Absichten. Offenbar wollte er nur die Grayson-Frachtgesellschaft kaufen.«
»Aber wie ich hörte, ist er ein reicher Mann«, sagte Mae.
»Oh, ja, das ist er; aber wollen die Reichen denn nicht immer noch reicher werden? Da braucht man sich doch nur Kane Taggert anzusehen.«
Die Frauen schauten sich gegenseitig an und nickten zustimmend.
»Mir kam er gleich verdächtig vor«, fuhr Terel fort. »Schon am ersten Abend, als er zu uns zum Dinner kam, hatte ich so ein Gefühl, als ob man ihm nicht trauen könne. Ich bin sicher, daß er das gemerkt hat, weil er anfing, meiner armen, lieben Schwester Nellie den Hof zu machen. Die arme, arme Nellie. Sie hat ja keine Ahnung, daß es solche Männer überhaupt gibt. Nellie ist so eine naive, liebenswürdige Person, und es war ja das erstemal in ihrem Leben, daß ein Mann sie überhaupt beachtete. Ich hatte nicht den Mut, ihr zu sagen, was ich über diesen Mr. Montgomery dachte. Zudem hätte ich mich ja auch in ihm täuschen können.«
Terel legte eine Pause ein, um sich abermals ins Taschentuch zu schneuzen.
»Dein Instinkt hat dich nicht betrogen?« fragte Louisa.
»Aber gestern nacht schien er doch unglaublich verliebt zu sein in Nellie«, meinte Mae. »Er schien sie geradezu anzuhimmeln. Ich habe noch nie einen Mann erlebt, der einer Frau so verliebte Augen gemacht hat wie Mr. Montgomery.«
»Mr. Montgomery hätte Schauspieler werden sollen«, fauchte Terel. »So gegen neun Uhr ging ich hinaus ins Freie, um ein bißchen frische Luft zu schnappen — meine Tanzpartner hatten mich vollkommen aus der Puste gebracht —, und wen fand ich dort draußen auf der Terrasse vor? Mr. Montgomery.«
»Was hat er dort getan?« fragte Mae gespannt.
»Er küßte mich!«
»Nein!« empörten sich alle drei Frauen gleichzeitig.
»Wie schrecklich für dich.«
»Wie entsetzlich.«
»Dieser Schuft.«
»Skandalös.«
»Ich wünschte, er hätte es auf das Geschäft meines Vaters abgesehen«, sagte Mae verträumt; faßte sich dann aber schnell, als die anderen sie vorwurfsvoll anblickten.
»Damit bestätigte er mir, was ich von Anfang an vermutet hatte«, fuhr Terel fort. »Mein Vater weigerte sich, ihm sein Frachtunternehmen zu verkaufen, und als Mr. Montgomery das erfuhr, hat er wahrscheinlich versucht, sein Ziel auf andere Weise zu erreichen — indem er Nellie den Hof machte.«
»Ich, habe mich schon gewundert«, sagte Louisa, »wie ein Mann sich so heftig um eine Frau bemühen kann, die . . . ich meine, ich will nicht leugnen, daß Nellie ein hübsches Gesicht hat; aber sie ist doch ein bißchen . . . nun . . .«
»Du brauchst gar nicht so taktvoll zu
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