Heimliche Wuensche
hielt ein langes Röhrchen in die Höhe, das aus grünem Glas zu bestehen schien.
»Das ist ein Zauberstab. Ein einziger, langer Smaragd«, sagte Berni.
Terel lächelte dünn, erbost darüber, daß Berni sich über sie lustig machen wollte. Da ist doch irgend etwas faul, dachte Terel bei sich.
Der Lunch wurde serviert, und Berni wunderte sich, weil Jace nicht zum Essen gekommen war. Er schien doch aufrichtig in Nellie verliebt gewesen zu sein. Warum nahm er also Nellies Einladung nicht an? Vielleicht war ein Billett nicht stark genug. Vielleicht mußte Jace Nellie erst in Fleisch und Blut vor sich sehen.
Nach dem Lunch schlug Berni Terel vor, sich doch ein Weilchen aufs Ohr zu legen. »Du hast heute schon hart genug gearbeitet, um mir zu helfen. Du hast einen Mittagsschlaf verdient.«
»Ich fühle mich auch schrecklich müde«, sagte Terel und gähnte. »Ich denke, ich werde deinen Rat befolgen und mich hinlegen.« Sie ging hinauf in den Oberstock, legte sich voll bekleidet ins Bett und zog die Steppdecke über sich, damit man nicht sehen konnte, daß sie angezogen war. Zehn Minuten später hörte sie, wie ihre Tür leise geöffnet wurde, und sie sah, daß Berni den Kopf durch den Türspalt steckte, sie ein paar Sekunden lang beobachtete und dann leise die Tür wieder schloß.
Dann begab sich Berni hinunter in die Küche, wo Nellie bereits wieder das Abendessen vorbereitete, und setzte sich am anderen Ende des Küchentisches auf einen Stuhl. »Wir beide hatten bisher wenig Gelegenheit miteinander zu reden, nicht wahr?«
»Ja«, erwiderte Nellie und versuchte zu lächeln; aber ihr war so gar nicht zum Lächeln zumute.
Berni litt nun abermals unter einem schlechten Gewissen. Es war ihre Schuld, daß Nellie nun an die Küche gefesselt war, Wenn Berni sich nicht eingemischt hätte, würde Nellie jetzt vermutlich ihre Flitterwochen verleben.
»Nellie, wenn du einen Wunsch auf der Welt frei hättest, was würdest du dir wünschen?«
Jace, dachte Nellie sofort; aber sie verdrängte gewaltsam den Gedanken an ihn. »Ich schätze, ich möchte, daß meine Familie glücklich ist.«
»Du meinst, daß sie im Leben bekommen, was sie verdienen?«
»Oh, nein«, rief Nellie und wurde sich dann erst bewußt, wie seltsam sich das anhören mußte. »Ich meine, ich möchte natürlich, daß sie bekommen, was sie verdienen; denn sie haben nur Gutes verdient. Ich will jedenfalls nicht, daß sie unglücklich werden.«
»Schön«, sagte Berni, »Dann ist es so beschlossen. Die beiden bekommen, was sie verdienen, und sie werden glücklich damit sein.«
Zum erstenmal seit langer Zeit mußte Nellie ehrlich lächeln. »Du bist eine sehr gutherzige Frau, nicht wahr?«
Berni blickte in eine Ecke der Küche. Bisher hatte sie noch nie jemand gutherzig genannt. Sie wandte Nellie wieder das Gesicht zu. »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten. Ich habe ein paar Freunde, deren Sohn gerade in Chandler auf Besuch ist. Vielleicht hast du schon mal etwas von meiner Freundin gehört — von LaReina, der berühmten Operndiva.«
»Ja, natürlich kenne ich sie dem Namen nach. Aber ich habe sie noch nie als Sängerin erlebt.«
»Göttlich. Sie singt absolut göttlich. Nun zu ihrem Sohn. Er weilt gerade in Chandler, und ich hätte ihn gern zum Dinner gebeten, wenn dir das recht ist.«
»Natürlich kannst du ihn zum Dinner einladen.«
»Aber ich überlegte gerade, ob du ihm nicht die Einladung selbst überbringen solltest. Er ist ein bißchen scheu, verstehst du?«
»Wenn du meinst, werde ich die Aufgabe gerne übernehmen. Wo ist er denn abgestiegen?«
»Im Chandler-Hotel. Du brauchst dort nur nach Jace Montgomery zu fragen. Eh — Nellie, ist dir nicht gut?« Berni lief zum anderen Ende des Tisches und half Nellie zu einem Stuhl. »Habe ich etwas Verkehrtes gesagt? Wäre es dir lieber, wenn keine fremden Gäste zum Dinner kommen?«
»Das... das ist es nicht. Es... es ist... Mr. Montgomery und ich . . .«
»Oh, ihr beiden kennt euch also schon, nicht wahr? Das ist wunderbar.« Berni half Nellie wieder auf die Beine, nahm dann Nellies dicken Wollschal und Filzhut vom Haken neben der Tür, stülpte ihr den Hut über, wickelte ihr den Schal um den Hals und schob sie zur Hintertür. »Geh und bitte ihn hierher zum Dinner. Terel hält gerade einen Mittagsschlaf, also störst du nicht ihr Wohlbefinden, und dein Vater ist in seinem Kontor. Jeder ist versorgt. Du kannst ungeniert das Haus verlassen.«
»Ich kann ihn nicht zum Dinner einladen«,
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