Heimliche Wuensche
nicht irgendeine billige Milchschokolade; sondern allerfeinste Schokoladenkrem. Du kannst so viel davon essen, wie du willst, und wirst dennoch kein Gramm zunehmen.«
Berni zögerte, als sie sich diese Schokoladenberge vorstellte. »Nein«, sagte sie fest, »ich will auf die Erde zurückkehren. Nellie braucht eine Lehrerin. Sie ist dieser Schwester nicht gewachsen. Sie braucht Hilfe.«
»Aber ich dachte, du magst diese Terel. Wenn ich mich recht erinnere, sagtest du, Terel würde dich an dich selbst erinnern.«
»Terel ist exakt so wie ich, und deshalb ist es nötig, daß ich sie bekämpfe.«
»Sie bekämpfst?« meinte Pauline verwundert. »Aber ich dachte, du betrachtest sie als Aschenputtel, die du in eine Märchenprinzessin verwandeln wolltest.«
»Sie glaubt ja schon, daß sie Aschenputtel ist und einen Anspruch besitzt, als Märchenprinzessin behandelt zu werden. Was berechtigt sie dazu, Nellie alles wegzunehmen? Nellie ist hundertmal wertvoller als sie. Kann ich jetzt auf die Erde zurückkehren?«
»Du darfst gehen, aber das Limit beträgt drei Tage. Und ich warne dich: diese Besuche führen nur selten zu akzeptablen Ergebnissen.«
»Dieses Risiko darf ich nicht scheuen. Nun muß ich aber noch mehr über diese Familie wissen. Ich habe vor, mich bei den Graysons als eine lange verloren geglaubte, sehr reiche Verwandte einzuführen. Glaubst du, ich könnte eine dazu passende Garderobe bekommen, etwas aus grüner Seide, das zu meinen Augen paßt?«
Pauline lächelte. »Ich denke, das läßt sich machen. Es gibt aber Gesetze, an die du gebunden bist. Was geschehen ist, ist geschehen. Du kannst nicht ändern, was Nellie sich bereits gewünscht hat.«
»Ich habe nicht vor, das Wohlbefinden ihrer Familie zu stören«, erwiderte Berni mit einem Lächeln. »Im Gegenteil — keine Familie in Amerika wird sich wohler fühlen als die Graysons.«
»Und drei Tage«, sagte Pauline. »Mehr Zeit hast du nicht.«
»Ich habe meinen zweiten Ehemann in drei Tagen unter Dach und Fach gebracht, und das ohne jeden Zauber. Wie wäre es mit einem Hut mit Straußenfedern? Und könnte ich ein Paar Schuhe mit vielen Knöpfen bekommen?«
»Ich hoffe, du machst deine Sache gut«, sagte Pauline leise.
»Ich bekomme immer, was ich will. Terel hat gegen mich überhaupt keine Chance.«
Pauline seufzte. »Schön, dann komm mit mir. Wir werden dich in das Gedächtnis der Graysons einimpfen, so daß sie eine vage Erinnerung an eine Tante Berni haben, und dich dann hinunterschicken.«
»Und die dazu nötigen Kleider«, sagte Berni. »Vergeßt mir ja die Kleider nicht. Wie wäre es mit einem Bernsteinkollier, das zu grüner Seide paßt?«
»Du wirst alle Kleider haben, die du dir wünschst. Ich hoffe, ich werde das nicht zu bereuen haben — und, wichtiger noch, daß Nellie es nicht bereuen muß.«
»Keine Angst. Wenn es darauf ankommt, ein Biest zu sein, bin ich allererste Qualität. Da kann ich dir ein Lehrbuch drüber schreiben.«
»Das ist ein Buch, das ich nicht lesen möchte«, murmelte Pauline, als sie sich in Bewegung setzten.
Chandler, Colorado 1896
»Wie reich?« fragte Terel, in eines von Nellies knusprigen Apfeltörtchen beißend.
»Sehr reich«, sagte Charles, den Brief auf den Tisch legend. »Und außer uns hat sie keine anderen Verwandten. Ich habe den Eindruck, daß sie eine von euch zu ihrer Erbin machen will.«
»Eine von uns?« fragte Terel, einen schrägen Blick zu Nellie hinüberwerfend, die am entfernten Ende des Eßzimmertisches saß.
Wie gewöhnlich achtete Nellie nicht darauf, was Terel und ihr Vater sich erzählten. Nellie war noch nie ein Ausbund an Fröhlichkeit gewesen, aber in den letzten zwei Tagen, seit dieser Mann ins Haus gestürmt war, konnte man Nellie nur noch als Trauerkloß bezeichnen. »Warum nur eine von uns beiden?«
»Sie schreibt, daß sie ihr Vermögen nicht aufteilen will. Sie möchte, daß es nach ihrem Tod zusammenbleibt, und daraus schließe ich, daß sie vorhat, es nur einer von euch beiden zu vermachen.«
»Hmmm«, meinte Terel nachdenklich. »Ich wünschte, du hättest uns schon früher von ihrem Besuch unterrichtet — nicht erst am Tag ihrer Ankunft.«
»Es ist mir unbegreiflich, warum ich das nicht getan habe«, erwiderte Charles, ehrlich verwirrt. »Ich bin sicher, daß ich von ihrem Besuch gewußt habe; aber warum ich es keinem sagte, verstehe ich einfach nicht.«
»Nun gut«, sagte Terel, sich die Finger ableckend. »Ich werde mein möglichstes tun, sie bei guter
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