Heinermaedsche
er seiner Familie beweisen, dass er ein echter Mafiosi ist. Er hat schon viele Ideen, wie er diesen Kalle umnieten kann. Hach, klingt das ordinär. Er steht neben mir, ich gebe ihn dir mal, damit ihr die Details klären könnt.«
»Die Details? Einen Moment, ich will Kalle gar nicht umbringen lassen, ich will doch nur, dass er meine Schwester in Ruhe lässt!« Oh Gott, hatte sie etwa geschrien? Das wäre schlecht für ihren guten Ruf.
»Scusi, Signora, ich habe von Marianne gehört, dass Sie einen Mann nicht mehr am Leben lassen wollen. Ich kann das für Sie erledigen. Geht ganz diskret und Sie werden nicht in Verbindung mit dem Kerl gebracht.«
Eva wollte gerade etwas erwidern, als ihre Schwester in der Tür erschien. »Wen willst du umbringen?«
Oh Mann, musste denn heute Nacht jeder in diesem Haus dieses Wort benutzen? »Es geht um Kalle. Ich habe gerade einen Mafiaspross in der Leitung, der sich freut, es deinem Kalle mal so richtig zu zeigen.« So, es war raus.
Wenn ihre Schwester jetzt hysterisch das Haus verlassen wollte, sollte sie das tun, dann hätte dieser ganze Spuk ein Ende.
»Echt? Gib mir mal das Telefon, dem Typ werde ich schon das Richtige sagen.«
Erleichtert gab Eva den Hörer weiter.
Aus Gewohnheit stellte Adele den Lautsprecher an, so konnte Eva alles mithören und Adele musste im Nachgang das Gespräch nicht noch einmal wiedergeben.
»Hallo?«
»Oh, Signora, ihre Stimme ist so sanft wie eine warme Prise, die an einem lauen Abend über die Toskana weht.«
»Oh, ähm, ja, danke. Sie können mir helfen?«
»Si, ich werde mit Ihrem Problem schon fertig. Ich bin der große Francesco, aus der Familie der Peruttis. Wir sind seit mehr als hundert Jahren die mächtigste Mafiafamilie in Italien.«
»Und wie kommen Sie dazu, mir helfen zu wollen? Woher wissen Sie von meinem Problem?«
Ein tiefes Schnauben war am anderen Ende der Leitung zu hören. »Ich habe noch nie einen Menschen getötet. Das gehört aber zu meinen Aufgaben in meiner Familie. Immer habe ich mich nicht getraut. Da wurde ich nach Deutschland verbannt und kann erst wieder zu meiner Familie kommen, wenn ich einen kaltblütigen Mord begangen habe. Selbstverständlich muss ich dafür Zeugen aus meiner Familie haben.«
Das gab es doch nicht. In was war Eva nur hineingeraten? Da unterhielt sich ein Mafiosi, der darauf brannte, endlich seiner Familie zu beweisen, dass er das Zeug zu einem echten Ganoven hatte, mit ihrer Schwester, die nicht davor zurückschreckte, ihren Mann Francesco gnädigerweise als erstes Opfer zu überlassen. Damit er nach Hause kehren konnte. Eva kaute auf ihrer Unterlippe herum.
»Kalle ist jeden Donnerstagnachmittag im ›Jackengröhler‹ in Frankfurt«, erzählte Adele sachlich. »Er ist derjenige, der mit seinen Fäusten wie wild herumfuchtelt und jeden zu einer Schlägerei auffordert.«
»Signora, ich werde mich am Donnerstag um diesen Kalle kümmern, den werden Sie nie wiedersehen.«
»Was werden Sie denn mit ihm anstellen?«
»No, no, no, das kann ich Ihnen unmöglich erzählen. Das raubt Ihnen nur den Schlaf. Ich melde mich, wenn der Auftrag erledigt ist.« Dann legte er auf.
»Hast du gerade der Mafia den Auftrag erteilt, Kalle umzubringen?«, fragte Eva ihre Schwester ungläubig.
»Nein, meine Liebe, ich habe Francesco lediglich gesagt, wo er Kalle finden kann, alles andere wird sich zeigen. Aber ich möchte am Donnerstag lieber bei dir sein und nicht in unserer Wohnung. Geht das in Ordnung? Und sollte Francesco Erfolg haben, geht es mir endlich wieder besser und ich muss nicht mehr in Angst leben, dass Kalle wieder betrunken nach Hause kommt.«
»Dann sehen wir das alles mal positiv und trinken ein Gläschen Wein darauf.«
»Oh ja, gerne.«
Ihre Schwester lachte seit langer Zeit wieder ausgelassen. Eva vermutete, dass ihr der Gedanke sehr gut gefiel, diesen Schläger endlich loszuwerden. Beide hielten es für besser, wenn Adele bis zum Donnerstag bei Eva blieb. Hermann war auf Dienstreise. Etwas Abstand täte Adele sicher gut und Eva wäre nicht allein in dem großen Haus.
Die restliche Nacht über vermieden es die Schwestern, auch nur ein weiteres Wort über Francesco, Mafia oder Mord zu verlieren.
Der nächste Donnerstag kam und Kalle hielt sich wie gewohnt im Jackengröhler auf.
Eine merkwürdige Stimmung herrschte bei Eva und Adele; eine Mischung aus Spannung, Angst und der Freude auf eine gewaltfreie Zukunft. Sie wussten, der heutige Tag würde ihr Leben verändern, ganz egal,
Weitere Kostenlose Bücher