Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod
Zimmer ist.«
Der Concierge warf einen kurzen Blick auf das große Schlüsselfach hinter sich.
»Ja, er ist oben. Soll ich ihn anrufen?« Dienstfertig hatte er schon den Hörer in der Hand. Der Questore packte schnell über den Tresen hinweg den Arm des Concierge und drückte ihn zurück.
»Auf keinen Fall. Sagen Sie uns nur, welche Zimmernummer er hat.«
»516 und 517. Es ist eine Suite.«
»Franz«, sagte der Questore mit eindringlicher Stimme, »Wolferer darf nichts erfahren. Ist das klar? Wenn er mitbekommt, daß wir hier sind, hat Ihre letzte Stunde geschlagen. Versprechen Sie’s?«
»In Ordnung, Questore! Sie können sich auf mich verlassen.«
»Haben Sie einen Zweitschlüssel?«
»Sicher, aber …«
»Kein Aber. Geben Sie ihn schon her.«
Der Concierge verschwand in einem Glasverschlag, der als Büro diente, und öffnete eine der Schreibtischschubladen. Er kam mit dem Generalschlüssel zurück.
»Welcher Stock?«
»Fünfter!«
»Balkon?«
»Alle unsere Zimmer zum Meer haben Balkon, Questore.«
»Sind die Zimmer nebenan frei?«
»Tut mir leid, nein.«
»Und darüber oder darunter?«
»Das darüber schon.«
»Paßt der Schlüssel auch dort?«
»Natürlich!«
»Kommen Sie, Fossa.«
Die Party
Aus dem Garten drangen laute Musik und Gelächter durch den Abend. Das Tor der Villa hatte sich, begleitet von einem leisen Summen der Elektromotoren, in Bewegung gesetzt. Viktor Drakic war nicht mehr zu sehen. Eva Zurbano schaute zu, wie die Stahlflügel sich langsam schlossen. »Die Falle schnappt zu«, flüsterte Laurenti.
Er blickte Sgubin an. Sgubin blickte Laurenti an. Laurentis Kopfbewegung war eindeutig.
»Ich will da rein«, zischte er.
»Aber die Zurbano!«
»Wir müssen es riskieren.« Tief gebückt hasteten sie über die Straße.
Das Tor hatte sich halb geschlossen, als Eva Zurbano sich endlich abwandte.
Laurenti rannte als erster los, Sgubin hinter ihm her. Er stieß sich mit der Schulter am Torflügel. Kaum zwei Meter hinter dem Tor warfen sie sich ins Gebüsch und blieben beinahe bewegungslos liegen. Sgubin rieb sich die schmerzende Schulter. Eva Zurbano zögerte einen Augenblick. Irgend etwas hatte sie gehört. Sie drehte sich noch einmal um und sah, wie das Tor mit einem metallischen Ruck ins Schloß rastete. Sie war beruhigt und ging weiter.
»Was hast du?« fragte Laurenti.
»Nichts. Geht gleich vorüber«, flüsterte Sgubin.
Längst war das letzte Tageslicht von der Dämmerung geschluckt, es wurde jetzt schnell dunkel.
»Haben wir endlich Nachricht von Wolferer?« fragte Laurenti leise in sein Funkgerät. Er hatte die Kopfhörer eingestöpselt und vernahm kurz darauf die Stimme des Questore.
»Er ist auf seinem Zimmer. In einigen Augenblicken wissen wir mehr.«
»Nein, bitte nicht! Gehen Sie nicht hinein. Er kommt vielleicht nur später, Questore.«
»Das hatten wir auch nicht vor, Laurenti. Fossa geht über den Balkon. Warten Sie’s ab. Es dauert nicht mehr lange.«
Proteo Laurenti war entsetzt, daß Fossa durch den Questore zum Einsatz kam.
»Ich möchte verdammt noch mal wissen, was das zu bedeuten hat«, zischte er Sgubin zu.
»Keine Ahnung, Chef. Eigenartig.« Sgubin schüttelte den Kopf.
»Aber ohne Wolferer hat alles keinen Sinn! Wir brauchen ihn. Beten wir, daß er kommt.«
Soeben hatte Spartaco de Kopfersberg, auf einer der Treppen stehend, die ins Haus führten, mit zwei Gläsern geklingelt und sich an seine Gäste gerichtet.
»Liebe Freunde, cari amici! Seien Sie alle herzlich willkommen! Es ist uns heute eine ganz besondere Freude, Sie hier zu wissen. Sie alle haben dazu beigetragen, daß die TIMOIC die humanitäre Hilfe an die notleidenden Opfer des Erdbebens in der Türkei schnell und zum Nutzen der Menschen im Krisengebiet abwickeln kann. Dafür möchte ich Ihnen an dieser Stelle herzlich danken. Es wäre ganz im Sinne meines Vaters gewesen, der, wie wir Ihnen bereits einzeln mitgeteilt haben, einem tragischen Unfall zum Opfer fiel. Ich bin mir sicher, daß mein Vater stolz darauf gewesen wäre, Sie hier zu wissen und jedem von Ihnen seinen Dank für die gelungene Zusammenarbeit persönlich auszusprechen. Doch soll dies kein Abend der Trauer sein, liebe Freunde, Sie sollen sich vergnügen und entspannen. Viele von Ihnen sind ja nicht zum ersten Mal hier. Sie wissen, daß wir dafür gesorgt haben, daß keiner Ihrer Wünsche unerfüllt bleiben soll. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Vergnügen und einen schönen Abend! Danke!«
»Ganz
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