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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Sie Platz, Ispettore!«
    Der Questore wies auf einen Stuhl am Besprechungstisch, aber Fossa wartete, bis der Chef sich selbst setzte. In der Mitte des Tisches lagen Papier und Schreibzeug.
    »Ispettore«, begann der Polizeipräsident, »Sie haben eigentlich Dienst heute abend.«
    »Ja.«
    »Es ist kein erfreulicher Anlaß, weswegen ich Sie rufen ließ.«
    »Nein?« Fossa faßte sich nervös an die Wange.
    »Nein! Sie hatten immer dann Dienst, wenn in der Via dei Porta Gäste waren, Ispettore. Auch heute abend werden viele Gäste dort erwartet. Drei- bis viermal jährlich finden diese Partys statt.«
    Fossa war es schlagartig heiß geworden. Er wollte die Krawatte lockern und den obersten Kragenknopf lösen, aber er zögerte und legte die Hand zurück auf den Schreibtisch.
    »Jedes Mal gab es Beschwerden der Nachbarn, auf die die Polizei nicht reagiert hat, Ispettore. Und jedes Mal hatten Sie die Aufsicht. Haben Sie etwas dazu zu sagen?«
    Fossa wußte nicht, was er mit seinen Händen tun sollte. Sie waren ihm vollständig fremd geworden. Er schwitzte, aber seine Hände waren kalt, und die Haare auf seinen Unterarmen richteten sich auf.
    »Auch gut. Sie bleiben heute abend hier bei mir im Büro. Wir werden zusammen den Funkverkehr abhören. Ich werde mich an meinen Schreibtisch setzen und arbeiten. Und Sie werden hier sitzen bleiben, Fossa. Wenn irgendwelche wichtigen Durchsagen kommen, hören wir sie uns zusammen an. Wir werden nicht gestört durch den üblichen Funkverkehr. Wir sind auf Kanal zehn.«
    Der Schweiß stand Fossa auf der Stirn. Er wußte, was dies bedeutete. Die Polizei arbeitete nur dann auf Kanal zehn, wenn verschiedene Behörden involviert waren und es sich um ein Verbrechen der organisierten Kriminalität handelte. Der Kanal war mehrfach verschlüsselt und selbst für die hartgesottensten Spezialisten im anderen Lager nicht zu knacken. Fossa konnte sich nicht erinnern, wann in Triest zuletzt Kanal zehn geschaltet worden war.
    »Ihr Stellvertreter sitzt bereits an Ihrem Platz. Er wird den Einsatz heute abend leiten. Ein guter Mann. Wie Sie, Fossa!« Der Questore schaute ihn eindringlich an. »Wenn Sie sich Notizen machen wollen, hier liegt Schreibzeug. Wir können uns dann später unterhalten.«
    Der Polizeipräsident war aufgestanden.
    »Ja«, sagte Fossa und räusperte sich, »wenn ich …«
    Der Questore schüttelte den Kopf. »Nein, Fossa, jetzt nicht. Wir unterhalten uns später.« Dann ging er zu seinem Schreibtisch und vertiefte sich in eine Akte.
     
    Kurz vor acht wurde es langsam lebendig auf Kanal zehn. Aus der Via dei Porta wurde das Eintreffen einzelner Wagen gemeldet, die bald bis auf die schmale Straße hinaus standen und sie versperrten. Irgendwo mußte ein Beamter sitzen, der seine Beobachtungen unbemerkt durchgab. Ob er im Engelmann-Park saß? Oder bei Nachbarn?
    Fossa war übel. Große Schweißflecken auf seiner Brust ließen den weißen Stoff des Uniformhemds grau wirken. Er starrte wie blöde vor sich auf die Tischplatte, richtete mehrmals den Blick auf den Questore, der in der Akte vor sich blätterte und ihn gar nicht wahrzunehmen schien.
    Dann kamen die Durchsagen allmählich flüssiger. Sie hörten, wie die italienischen Kennzeichen der Fahrzeuge überprüft wurden. Auch der Wagen von Cardotta war dabei, dem Politiker, und der des Präsidenten der Schiffahrtsvereinigung. Sogar ein Dienstfahrzeug der Hafenbehörde. Es gehörte dem für den Porto Nuovo zuständigen Kollegen Ettore Orlandos. Man hörte Orlando tief durchatmen und leise fluchen, als er die Nachricht hörte. »Laß mir was von ihm übrig, Laurenti«, knurrte er. Doch die Mehrzahl der Wagen trug ausländische Kennzeichen und war nicht zu ermitteln.
    Immer wieder war Laurentis Stimme zu hören. Er sprach leise, obwohl ihn nur die Kollegen hören konnten, und fragte wiederholt die einzelnen Posten ab. Alle waren auf Position, die Polizia Statale, die Carabinieri und die Guardia di Finanza. Und auch ihre Antworten kamen zwar klar, aber mit gedämpfter Stimme durch. Sie hatten auf der Via Rossetti nur zwei Zivilfahrzeuge stehen, die anderen warteten zwei Parallelstraßen weiter. Langsam senkte sich das Tageslicht und gewann gegenüber dem Gleißen der Nachmittagssonne an Milde. Die Schatten wurden länger.
    Laurenti und Sgubin, der an diesem Abend in Zivil erschienen war, wie sein Chef es von ihm verlangt hatte, fanden auf einem Nachbargrundstück gegenüber der Villa ein ideales Versteck. Sie konnten in der Auffahrt

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