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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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schön hartherzig, der junge Mann«, flüsterte Laurenti, und Sgubin schnitt eine passende Grimasse. Sie hatten sich am Rand der Mauer entlanggeschlichen, bis sie vor einer Gartenlaube und hinter einem feuerroten Oleander, dessen Blüten sich mit der Dunkelheit halb geschlossen hatten, ein Versteck fanden, von dem sie einen guten Blick auf die Party hatten. Laurenti hatte erneut die Position der anderen abgefragt und mitgeteilt, daß es noch dauern würde. Einige der Männer in den anderen Fahrzeugen fluchten leise vor sich hin. Es war unbequem, so lange im Wagen sitzen zu müssen, um nicht die Aufmerksamkeit der Anwohner auf sich zu ziehen und das ganze Vorhaben durch einen dummen Zufall zu vermasseln. Und nicht alle Wagen waren mit Klimaanlagen ausgestattet. Die Tageshitze hatte sich im Asphalt und den Steinfassaden der Häuser verbissen. Die Luft stand in der Stadt zum Schneiden dick, es wehte nicht ein einziger Windhauch. Trotz der Dunkelheit war es nicht kühler geworden. Aber die Hitze war eine hilfreiche Verbündete. An einem solchen Abend blieb kaum jemand freiwillig zu Hause. Man war noch am Meer oder war hochgefahren in den Karst, um in einer Osmizza, einem der einfachen Landgasthöfe, in der Kühle der Hochebene hinter der Stadt zu essen, mit Blick auf einen blutroten Sonnenuntergang weit hinter Grado. Der Straßenverkehr war überschaubar, und nur wenige Passanten schauten neugierig auf die Dienstfahrzeuge.
     
    Eva Zurbano verließ bereits um 22 Uhr die Party. Laurenti und Sgubin sahen sie die Einfahrt hinuntergehen, die Handtasche in der Hand, in der anderen den Autoschlüssel, und ein Seidentuch über den Schultern. Sie betätigte den Türöffner, und Laurenti konnte gerade noch über Funk die Kollegen auf der Straße warnen.
    »Sgubin, merk dir, wo der Schalter ist«, hatte er geflüstert. Sgubin nickte.
    Von draußen erhielten sie Nachricht, daß die Zurbano, nachdem sie gewartet hatte, bis das Tor wieder ins Schloß gefallen war, zu Fuß zur Via Rossetti hinunterging und dort in ein kleines, weißes BMW-Cabriolet stieg. Ein Zivilfahrzeug folgte ihr.
     
    Laurenti und Sgubin hatten ein neues Versteck gefunden, von dem aus sie einen besseren Überblick hatten. Fünf Kellner waren anwesend, die unschwer an ihrer Kleidung zu erkennen waren. Drei von ihnen waren mit Nachschenken beschäftigt. Sie hatten offenbar Order, dafür zu sorgen, daß die Gläser voll blieben. Die Gäste waren ausschließlich Männer. In der Nähe des Buffets, das von zwei livrierten Kellnern bedient wurde, sahen sie Tatjana Drakic im Gespräch mit dem Präsidenten der Schiffahrtsvereinigung. Er war zwei Köpfe größer als sie und schaute ihr mehr ins Dekolleté als in die Augen. Immer wieder legte sie kichernd ihre rechte Hand auf seine Brust und ließ sie kurz dort verweilen. Immer wieder faßte der Präsident sie am Arm oder legte seine Hand an ihre Taille. Und immer wieder drängte sie sich mit ihrem ganzen Körper an ihn, flüsterte ihm etwas ins Ohr, worauf sie kicherten. Dann wieder unterhielten sie sich lebhaft. Ein schönes Paar.
    »Ein Kleid wie ein Placebo«, sagte Laurenti.
    »Was?«
    »Nur so. Hab ich mal irgendwo gehört.« Er winkte ab. Dieser Mann mußte ziemlich wichtig sein, wenn sich die Gastgeberin selbst um ihn kümmerte.
    Laurenti hatte Durst. Er hätte jetzt gerne ein kühles Glas Champagner getrunken, flüsterte er Sgubin ins Ohr.
    »Ein Bier wäre mir lieber«, murmelte dieser. »Wer hat wohl diese grauenhafte Musik ausgewählt?«
    »Tango, Sgubin! Aber du hast recht, sie paßt nicht.«
    »Vor allem zu laut! Und nicht die ganze Zeit. Furchtbar.«
    Durch die hochgedrehte Musik drangen immer wieder lautes Gelächter und spitze Schreie zu ihnen herüber.
    »Für jeden dieser seltsamen Herren gibt es ein Mädchen, Chef. Viel haben die nicht gerade an.«
    »Sag bloß, Sgubin.«
    »Verflucht hübsch sind sie alle! Meinst du, die sind von hier?«
    »Kaum, aber wir werden es bald wissen. Wenn nur der verdammte Questore endlich was von sich hören ließe.«
    »Ich glaube nicht, daß die von hier sind, Chef.«
    »Hör mal, Sgubin, auch in Triest gibt es hübsche Mädchen!«
    »Deine Tochter zum Beispiel.«
    »Paß auf, Sgubin! Livia ist keine Hure!«
    »Entschuldige, war nicht so gemeint! Aber zwei von denen waren in der Villa, als ich am ersten Morgen herkam, um mit der Drakic zu sprechen.«
    »Und?«
    »Nichts und, meine ja nur.«
    Es wurde schnell und viel getrunken, und die Hitze tat ganz offensichtlich ihr

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