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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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enttäuscht wurden. Dank der hervorragenden Zusammenarbeit aller Ordnungskräfte«, an dieser Stelle schaute er sowohl den Colonello als auch Laurenti an, »ist die Stadt ruhig und wird es auch in Zukunft bleiben …«
    Die Pressekonferenz wurde wenig später beendet, und die drei Polizeibeamten verließen den Raum. Auch die Journalisten verliefen sich schnell. Der Carabinieri-Offizier war beim Questore geblieben, er würde ganz sicher hinter seinem Rücken über ihn reden, dachte Laurenti, der sich auf den Weg ins Büro machte, wo er sich über Fossa Gedanken machen mußte. »Üble Provinzposse«, fluchte er und machte sich mit hochgezogenen Schultern und gefurchter Stirn davon.
     
    Sein Mobiltelefon riß ihn aus den Gedanken. Es war noch einmal Ettore Orlando.
    »Ich habe noch eine Nachricht für dich«, sagte er. »Der junge Kopfersberg ist aufgetaucht.«
    »Und woher weißt du das?«
    »Weil er sich anmelden mußte, als er mit seinem Motorboot ankam. Ich dachte, das interessiert dich.«
    »Sehr! Vielen Dank! Wann ist er angekommen?«
    »Soeben. Er hat noch nicht einmal festgemacht. Er ist am Molo Sartorio.«
    Laurenti hatte noch immer die Schlüssel des Motorrollers seines Sohnes in der Tasche. Er machte auf dem Absatz kehrt. Es wäre das beste, sich sofort mit Spartaco de Kopfersberg zu unterhalten.
    Nach wenigen Minuten bog er an der Pescheria auf den Parkstreifen ab und schlängelte sich auf dem holprigen Pflaster aus großen Steinquadern zwischen den geparkten Autos durch zu den Landestegen. Dort stellte er den Motorroller ab und ging zu Fuß weiter. Zu dieser Stunde herrschte viel Betrieb im Hafen. Montags blieben die meisten Geschäfte geschlossen, und ihre Inhaber nutzten das schöne Wetter. Viele Liegeplätze waren leer, die Frühaufsteher hatten längst abgelegt. Wer hier einen Liegeplatz hatte, gehörte zu den Privilegierten. Natürlich war es teuer, das Boot mitten in der Stadt liegen zu haben, vor allem aber waren die Plätze rar, und wer einmal einen hatte, gab ihn nicht einmal dann auf, wenn er vorübergehend kein Schiff besaß. Laurenti erkundigte sich beim Hafenmeister des Yachtclubs, wo sich die Gastliegeplätze für Motoryachten befanden, und erntete einen herablassenden Blick. Motorschiffe standen offensichtlich nicht sehr hoch in seiner Achtung.
    Ein solches Motorboot hatte Proteo Laurenti noch nie gesehen. Die »Corbelli« war enorm lang und sehr flach. Für gemütliche Urlaubsfahrten war sie nicht gerade gemacht, eher für durchtrainierte Geschwindigkeitsfanatiker. Am Heck wehte eine Flagge, die er nicht kannte.
    Ein etwa dreißigjähriger dunkelblonder und braun gebrannter Mann mit auffallend hellen Augenbrauen brachte soeben sein Gepäck an Deck und warf es mit der rechten Hand auf die Mole. Laurenti hatte sich auf einen Poller gesetzt und beobachtete ihn aus einiger Entfernung. Der Mann hatte es nicht besonders eilig und ging mehrfach unter Deck zurück. Endlich verschloß er die Luke und sperrte auch die Steuereinheit ab. Dann sprang er auf den Steg, an dem das Schiff backbord festgemacht hatte, und ging zur Mole. Er hängte sich eine schwarze Ledertasche an einem langen Riemen über die linke Schulter, klemmte sich eine Aktentasche unter den linken Arm und nahm mit der Rechten einen offensichtlich schweren Koffer auf. Er ging Richtung Ausgang. Laurenti erhob sich, als er näher gekommen war, und suchte nach seinem Dienstausweis. Er fand ihn nicht in seiner Brieftasche, wo er sonst immer steckte. Spartaco de Kopfersberg schaute ihn neugierig an. Er hatte erkannt, daß er von diesem Mann angesprochen werden würde. Laurenti blieb keine Zeit, zu überlegen, wo er seinen Ausweis gelassen hatte, er würde sich schon wiederfinden.
    Doch im selben Moment ging ihm etwas anderes durch den Kopf. Der junge Kopfersberg kannte ihn nicht, warum sollte er sich also jetzt zu erkennen geben und eine Befragung durchführen, die wahrscheinlich genauso unergiebig blieb wie die bisherigen? Das könnte er auch später noch tun. Warum sollte er ihn nicht erst einmal beobachten? Die linke Hand des jungen Mannes steckte in einem Verband, das konnte Laurenti helfen.
    »Guten Tag«, grüßte er Spartaco freundlich. »Darf ich Sie fragen, was das für ein Schiff ist? So eines habe ich noch nie gesehen.«
    »Es ist eine Corbelli«, antwortete der junge Mann, machte aber keine Anstalten, stehen zu bleiben.
    »Oh, Sie sind verletzt. Kann ich Ihnen helfen? Geben Sie mir den Koffer.« Er hatte ihn schon in der Hand,

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