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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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gefährdeten die Spendenaktionen unter der Bevölkerung und bestärkten das Vorurteil über die Verschwendung auf Europaebene. Und Triest profitierte davon, daß jetzt dieser Verkehr über die Stadt geleitet wurde. Triest wurde endlich einmal in allen Medien genannt. Schiffslinien und Containerfirmen hatten Angebote abgegeben, und auch die Schiffsmakler hatten der EAUI ihre Dienste als Generalunternehmer angeboten. Die Behörde bediente sich schon immer dieser Dienstleister für die Hilfen in viele Teile der Welt, weil sie selbst nicht über das fachliche Know-how verfügte und nicht über den Ehrgeiz, dieses zu erwerben. Den Auftrag erhielt die kleine triestinische Firma TIMOIC, die offenbar dank ihrer Schwestergesellschaft ATW in Wien über bessere Kontakte zu der Behörde verfügte als alle anderen. Die großen Agenturen und Speditionsunternehmen waren über diese Entscheidung der EAUI befremdet. In den Fernsehnachrichten wurde die Entscheidung für Triest einhellig begrüßt, doch hatte man in Interviews die Hoffnung ausgedrückt, daß sie nicht wieder auf dem Rücken der Notleidenden ausgetragen würde.
    Das Verkehrsproblem begann schon nördlich der Alpen. Im Juni war der schreckliche Unfall im Tauern-Tunnel und damit eine der Hauptverbindungen nach Italien ausgefallen. Das Verkehrsministerium hatte auf den Autobahnen ein generelles Überholverbot für Lastwagen erlassen. Die Fahrer protestierten über Wochen mit kilometerlangen Fahrzeugschlangen im Bummelverkehr. Die Brenner-Strecke war zum Inferno geworden, der Gotthard nicht viel besser, und dann fiel wiederum wegen eines LKW-Unfalls auch noch die westlichste Verbindung durch den Montblanc-Tunnel aus. Wer in diesem Jahr mit dem eigenen Wagen Urlaub in Italien machte, hatte alleine für die Anreise eine zinnerne St. Antonius-Plakette verdient.
    Auch auf der Autobahn, die auf dem Karst um Triest herumführt und im Osten steil auf Meereshöhe abfällt, so daß Lastwagen nur im Schrittempo fahren können, gab es kein Durchkommen mehr. Sie mußten über die vierspurige Sopraelevata, die an den Werften vorbeiführt, bis zum Campo Marzio fahren, vorbei am grauen, lang gestreckten Betongebäude des Großmarkts für Fisch und Gemüse, und hinter dem alten Bahnhof links in die Riva Traiana einbiegen, um zur Verladestation Ausonia zu kommen, wo die Monstren im Abstand von je einem halben Meter nebeneinander eingeparkt wurden, bis die Abfertigung begann. Am Molo VI und VII lagen die Containerschiffe. Verladen wurde rund um die Uhr.
    12.40 Uhr
    Sgubin wartete bereits in seinem Büro. Er hatte sich in die Zeitung vertieft, die Laurenti den Tag verdorben hatte.
    »Eine Riesenschweinerei«, sagte er. »Ich möchte wissen, wer da dahintersteckt. Das kann Ihnen nicht allein dieser dämliche Volontär eingebrockt haben. Da versucht jemand, Sie auszuhebeln.«
    Laurenti hatte sich diesen Gedanken bisher verboten. »Was denkst du?« Er war neugierig auf die Meinung des Assistente Capo. »Und laß endlich das ›Sie‹ weg. Wir kennen uns lange genug.«
    »Danke, Chef«, Sgubin war verlegen. »Soweit ich weiß, sind Sie zur Zeit an drei Problemen dran: das Borgo, der Österreicher und die Chartows.«
    »Nur Leonid Chartow, Olga gehört den Carabinieri.«
    »Ich glaube übrigens auch, daß es jemand auf dich abgesehen hat«, Marietta war aus dem Vorzimmer herübergekommen und setzte sich zu ihnen.
    Laurenti war endlich soweit, diese Solidaritätsbekundungen ertragen zu können, sie taten ihm sogar gut.
    »Gibt es irgendeinen Zusammenhang?« Sgubin malte zwei Kreise auf ein Blatt Papier.
    »Das ist das Borgo, das die Villa des Österreichers. Was gibt es noch?«
    »Sgubin, willst du jetzt wirklich malen?«
    »Ich muß das immer vor mir sehen! Ist ja nur ein Versuch. Was gibt’s noch?«
    »Olga und Leonid«, sagte Laurenti widerwillig.
    Sgubin malte einen neuen Kreis, in dem sich zwei weitere befanden. Es sah aus wie die Schnittzeichnung von zweieiigen Zwillingen im Mutterleib.
    »Olga hat früher im Borgo gearbeitet«, sagte Laurenti, »und Lilli hat mir am Freitag gesagt, daß sie in der Villa angestellt war.«
    »Das hat sie bei unserem Besuch am Sonntag morgen erzählt.« Sgubin zog einen weiteren Strich.
    »Und Elisa, die Frau des Österreichers«, sagte Laurenti. »Mal weiter oben noch einen Kreis hin.«
    »Noch was?« Sgubin schaute sowohl Laurenti als auch Marietta fragend an.
    »Das Tagebuch und die Fotos.«
    Sgubin skizzierte unbeholfen ein Buch unter den Kreis für Elisa.

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