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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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bevor der andere überhaupt auf den Gedanken kommen konnte, abzulehnen.
    »Bis zur Straße kann ich Ihnen helfen«, fuhr Laurenti fort. »Das Schiff ist sicher sehr schnell?«
    »Danke«, sagte Spartaco und nahm die Aktentasche in die rechte Hand. »Es gibt kaum schnellere, da haben Sie recht.«
    »Und von wo kommen Sie, wenn ich fragen darf? Die Flagge kenne ich nicht.«
    »Das Schiff liegt in Jugoslawien«, antwortete Spartaco. Aber die jugoslawische Flagge, das wußte Laurenti, sah anders aus.
    »Wie schnell ist es?« Laurenti spürte, daß er keine zu persönlichen Fragen stellen durfte, wenn er das Gespräch in Gang halten wollte.
    »Um die siebzig Knoten«, antwortete der junge Kopfersberg. »Je nach Wind und Wetter.«
    »Hundertdreißig Kilometer? Auf dem Wasser? Sensationell! Und von Jugoslawien? Wie lange fährt man da?«
    Spartaco schaute auf die Uhr. »Etwas mehr als sechs Stunden. Wenn Sie die Nerven haben und die Kondition. Es haut ganz schön auf die Knochen. Aber heute war das Wetter gut, kaum Seegang.«
    Sie waren jetzt beinahe am Eingang des Hafengeländes angekommen und unterhielten sich wie zwei Sportler, die stolz auf Rekorde sind.
    »Faszinierend. Das würde ich auch gerne einmal machen.« Laurenti gab sich noch immer interessiert. »Muß man da nicht unterwegs tanken?«
    »Keine Sorge, der Tank ist groß genug. Für eine Strecke reicht das gut.«
    Laurenti stellte den Koffer ab, als sie am Parkplatz angekommen waren, und verabschiedete sich. »Ich muß in diese Richtung«, er machte eine Kopfbewegung zur Pescheria. »Sie werden sicher abgeholt?«
    »Ja, es müßte gleich jemand kommen.«
    »Buongiorno, und schönen Aufenthalt in Triest.«
    »Vielen Dank für die Hilfe. Buongiorno, Signore«, Spartaco de Kopfersberg lächelte, aber Laurenti hatte sich schon abgewandt und ging. Es war nicht auszuschließen, daß der oder die Abholer ihn erkannten. Hinter einem Lieferwagen blieb er stehen und beobachtete Spartaco, der keinen schlechten Eindruck auf ihn gemacht hatte.
    Es dauerte nicht lange, bis ein schwarzer Mercedes mit getönten Scheiben vorfuhr. Viktor Drakic, Romano Rossi und der Fahrer stiegen aus. Sie begrüßten den Sohn des Österreichers. Der Fahrer lud das Gepäck in den Kofferraum, dann fuhren sie los. Laurenti startete den Motorroller. Er wäre mit diesem Gerät innerhalb des Stadtgebiets nicht abzuhängen. Auch wenn er auf Distanz blieb, konnte er sich bestens zwischen den Autos durchschlängeln. Wenn nur das Benzin reichte. Besorgt mußte er mit einem Blick auf die Tankuhr feststellen, daß sich der Zeiger seit Samstag nicht bewegt hatte und offensichtlich defekt war.
    Der Mercedes wendete an der Piazza Venezia und fuhr bis zum Corso Italia, wo er vor dem Gebäude der Banca Nordeste anhielt. Der Fahrer blieb im Wagen, die anderen stiegen aus und gingen in die Bank.
    Der Wagen wartete bei der Bushaltestelle. Parkplätze gab es hier nicht, sowenig wie in allen Straßen des Stadtzentrums.
    Laurenti hatte keine Lust, zu warten. Er rief mit dem Mobiltelefon nach einer Zivilstreife und übergab das Objekt seiner Beobachtung. Dann kehrte er ins Büro zurück.
    Verkehrsprobleme
    Die Vigili Urbani hatten alle Hände voll zu tun. Das Verkehrsaufkommen in der Stadt war innerhalb der letzten beiden Jahre extrem gestiegen. Endlich nahm auch der Tourismus zu. Die Hotels meldeten Rekordauslastung.
    Auch der Schwerverkehr hatte zugenommen. Die Anek-Lines, die Griechenland-Fähre, hatte ein neues Schiff eingesetzt mit dreifach höherer Ladekapazität für Schwerlastwagen als die alte »Sophokles Venezelos«, die freilich immer noch ihren Dienst versah. Diese Kolosse von Fährschiffen überragten die sechsgeschossigen neoklassizistischen Häuser vor der Stazione Marittima um viele Meter. Aber auch die Türkei-Verbindung, die nach dem Erdbeben beinahe komplett zusammengebrochen war, lief wieder auf vollen Touren. Sogar stärker als zuvor, weil sich die EAUI, die »European Agency for Urgent Interventions« in Wien, entschieden hatte, die Hilfslieferungen für das Erdbebengebiet über Triest zu leiten und nicht mehr über Apulien. Die Medien hatten ununterbrochen darüber berichtet, wie die Container für das Kosovo seit Monaten in praller Sonne im Hafen von Bari festsaßen, wie die Waren verdarben und niemand sich verantwortlich fühlte. Oder wie ihr Inhalt in Albanien, im Kosovo oder in Montenegro geplündert und aufgeteilt wurde, ohne je zu den eigentlichen Empfängern zu finden. Solche Nachrichten

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