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Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod

Titel: Heinichen, Veit - Proteo Laurenti 01 - Gib jedem seinen eigenen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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wenn wir ihn schon haben.«
    »Der Computer weiß nichts. Sgubin hat es doch schon versucht«, sagte Laurenti. Er wußte, daß sie recht hatte mit dem Vorwurf. »Ich kann euch unmöglich wegen jeder Kleinigkeit die Freizeit versauen, das ist doch einzusehen.«
    »Übrigens hat Proteo mich angerufen. Es war Samstag abend. Ich hab’s vergessen.«
    »Gleich zwei Verkalkte auf einmal«, unterbrach ihn Marietta unwirsch, doch Sgubin ließ sich nicht beirren.
    »Ich habe acht Tage vollen Dienst und Überstunden geschoben. Es war das letzte vor meinem Dienstschluß am Samstag … Also laß es! Aber wohin sind Rossi und der junge Kopfersberg denn gegangen?« fragte Sgubin. »Haben Sie ihn, äh, hast du sie beobachten können?«
    »Ich bin ihnen bis zur Banca Nordeste auf dem Corso Italia gefolgt. Sie sind alle drei hineingegangen.«
    Sgubin hatte den Stift wieder aufgenommen, malte ein Feld für Rossi in die Nähe der Firma und oberhalb des Kreises mit der Villa.
    »Wieso alle drei? Wer noch?« Marietta verstand nicht.
    »Drakic, Rossi und Kopfersberg.«
    »Drakic? Davon hast du auch nichts gesagt«, sagte Sgubin. »Wer von beiden?«
    »Viktor Drakic.«
    Sgubin malte einen neuen Kreis für die Bank auf das Blatt.
    »Aber wer ist Rossi? Hier ist die Zurbano. Und hier sind der junge Kopfersberg, Drakic und außerdem die Banca Nordeste.« Sgubin hieb an dieser Stelle mit dem Stift so heftig auf das Papier, daß ein kleines Loch zurückblieb und von der Mine ein kleiner dunkler Fleck auf der Schreibtischplatte.
    »Kein unsympathischer Mann, dieser Rossi. Das einzige, was gegen ihn spricht, ist, daß er einen Aufpasser dabeihat, dem man ansieht, daß er sein Fach versteht. Der Rest sieht nach Geschäft aus. Dann wäre Rossi aber eine sehr, sehr große Nummer. So viele Geschäftsleute mit Gorilla gibt es nicht. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, daß in die Sache mit der Türkei ein so großes Kaliber verwickelt ist. Andererseits, um was sollte es sonst gehen?«
    »Dann schreib doch bitte mal ›Türkei‹ dazu«, sagte Marietta.
    »Haben wir noch etwas vergessen?« fragte Laurenti.
    »Ja, Chef. Die vielen Mädchen in der Villa. Die sehen nicht gerade nach Türkei-Hilfe aus.«
    Laurenti nickte. »Na mach schon!«
    Sgubin malte einen neuen Kreis zwischen die Villa und das Borgo und verband die drei Kreise mit einer Linie.
    »Ein interessantes Bild!« Sgubin hielt das Blatt hoch. »Findet ihr nicht auch? Ein Kunstwerk!«
     
    Alles hing plötzlich mit allem zusammen, bis auf Decantro und die beiden prominenten Anrufer. Und die Türkei-Hilfe hing in der Luft, und eine Verbindung zu dem zweiundzwanzig Jahre alten »Fall Elisa«, der offiziell nicht zu den unaufgeklärten Fällen zählte, gab es nur über das Tagebuch, das Olga mit den Fotos bei ihrer Nachbarin deponiert hatte. Aber warum befanden sich diese eigentlich bei Olga? Fossa konnte ebenfalls nicht zugeordnet werden. Und auch über Rossi wußten sie noch zu wenig. Um ihn würde Marietta sich kümmern.
    Sgubin, der erst ab Dienstag wieder Dienst hatte, beschloß gegen die Einwände, die Laurenti anstandshalber äußerte, sich krank zu melden. Nur so würde Fossa nicht merken, daß er an den Ermittlungen beteiligt war. Er würde sich noch einmal die Villa vornehmen. Laurenti wollte bald mit Spartaco de Kopfersberg wegen des Mordes an seinem Vater sprechen. Auch die Ermittlungen im Fall Chartow warteten. Und wer Laurenti ein Bein stellen wollte, blieb nach wie vor ein Rätsel.
     
    Laurenti war erschöpft, obgleich es erst Mittag war. Er spürte ein bohrendes Gefühl von Hunger und hatte dennoch keinen Appetit. Er beschloß, nach Hause zu fahren und sich eine halbe Stunde hinzulegen. Der Schock, der ihn heute früh getroffen hatte, war groß. Wie immer, wenn er unter Streß stand, hatte er großen Durst und trank eine Flasche Wasser nach der anderen. So fühlte er sich sonst nur, wenn er das Behandlungszimmer seines Zahnarztes verlassen hatte. Er wußte, nur mit einer halben Stunde Schlaf fände er jetzt wieder zu sich.
    Er trat hinaus in die Hitze. Die Luft schien zu stehen. Er schaute zum Himmel und sah, daß sich ein dünner weißer Dunst über das Blau gelegt hatte. Die Luftfeuchtigkeit mußte über achtzig Prozent betragen, die Außentemperatur mindestens fünfunddreißig Grad. Bei der Hitze würde er den Wagen ohnehin nicht benutzen. Er drückte den Anlasserknopf des Motorrollers, der zwar gleich ansprang, aber nur ein paar Sätze machte und dann unter hohlem Röcheln

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