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Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Heinrich Mueller 01 - Salztraenen

Titel: Heinrich Mueller 01 - Salztraenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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mehr, seit dort in der Ecke der Gaststube eine Döner-Kebab-Fleischröhre steht und vor sich hin stinkt. Frag lieber den neuen Hotelgast da draußen.«
    »Was hat der damit zu tun?«, fragte die Bedienung.
    »Er wolle Gold waschen, hat er gesagt. Aber sieh ihn dir an: Herr mittleren Alters aus Bern, graue Haare, Schnauz, Bauchansatz, Lederjacke. Der riecht doch nach Polizei.«
    »Ich setz mich zu ihm hin, wenn du nichts dagegen hast.«
    Der Wirt, der zugleich der Koch und immer noch mit dem Abwasch beschäftigt war, hätte sie gern in der Küche gehabt. Dann murmelte er etwas Unverständliches und tat, als ob er in den Keller steigen müsste.
    Statt des Dreiers hatte die junge Frau einen halben Roten und zwei Gläser gebracht und fragte Heinrich Müller: »Darf ich mich zu Ihnen setzen? Es ist ein bisschen langweilig ohne Gäste.«
    Sie passte nicht richtig nach Kurzenau, stellte der Detektiv fest, sie war zu direkt zu den Leuten. Eine Städterin, ohne Zweifel.
    »Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte er.
    Sie setzte sich auf den zweiten Stuhl rechts von ihm, während er mit dem Rücken zum Fenster saß.
    »Ich bin Lucy. Seit ich alle Platten der Beatles sammle, nenn ich mich Lucy. Meine Freunde meinen, es komme von Luzifer. Hätten Sie eine Zigarette für mich?«
    »Ich bin Nichtraucher«, erwiderte Müller. »Wollen Sie nicht den Wein einschenken?«
    »Oh, entschuldigen Sie. Ich wollte auch nicht wirklich rauchen. Ich habe vor Jahren damit aufgehört. Aber die letzten Tage haben mich so nervös gemacht, dass es einfach gut täte, eine Zigarette zwischen den Fingern zu drehen.«
    Sie schwieg einen Augenblick, und Henry, der an seinem Glas nippte, hatte Gelegenheit, ihr Profil zu betrachten. Dann streckte sie den Arm über den Tisch und versuchte, den leeren Aschenbecher an sich zu ziehen, erreichte ihn aber nicht ganz. Ihre rechte Brust lag auf dem Tisch, Müller konnte in ihrer Bluse gerade noch den Ansatz davon erkennen. Dann legte Lucy ihren Kopf schief, lächelte ihn an und sagte: »Eigentlich heiße ich Nicole. Himmel, Nicole. Aus Bern.«
    Sie hatte ihre Haare so gescheitelt, dass der Strich nicht gerade war, sondern ein sich nach hinten verjüngendes Zickzack bildete.
    Heinrich Müller war sofort verliebt in Lucy. Wohl doch Lucifer, dachte er.
    »Ich bin nicht bloß nervös«, gestand sie. »Ich hätte auch große Lust, wieder mit dem Rauchen zu beginnen. Die penetrante Gutmensch-Mentalität, die seit ein paar Jahren das öffentliche Leben beherrscht, geht mir dermaßen auf den Geist. Rauchern und Rasern geht’s bereits an den Kragen. Aber nächstens sind Sie dran«, – sie zeigte auf Müllers Bauch »ein paar Kilos zu viel«, – seine Verliebtheit bekam einen Dämpfer »und trinken noch Wein! Außerdem haben Sie bestimmt was Fettiges zu Abend gegessen.«
    »Das war das Menu hier«, protestierte Müller ohne Überzeugung, »es gibt ja nichts anderes.«
    »Wussten Sie«, fuhr Lucy, deren Namen er nun gar nicht mit Himmel in Verbindung bringen konnte, in ihrem grausamen Monolog weiter, »dass tierische Fette in den letzten 20 Jahren im Vergleich zur Kaufkraft um mehr als die Hälfte billiger geworden sind, während sich gleichzeitig die Preise für Obst und Gemüse verdreifacht haben? Wie soll sich denn eine Familie gesund ernähren können?«
    »Na ja, ein bisschen Gras war ja auch beim Menu. Es nannte sich Salat«, scherzte er.
    »Nehmen Sie noch etwas Roten, bevor man Ihnen den Alkohol verbietet. Sie rauchen ja nicht. Da müssen Sie etwas für Ihre Gesundheit tun.«
    »Holen Sie noch mal einen Halben«, seufzte Müller.
    »Man kann sich zu Tode schuften mit Nacht-und Sonntagsarbeit, in ungesunder Luft und mit Tätigkeiten, die einen zum Krüppel machen. Aber die Gutmenschen erklären einem lieber, wann und mit wem und in welchen Stellungen man Sex haben darf.«
    Müller war wieder verliebt und starrte dem Schwung ihrer Hüfte nach, als sie zum Tresen ging. Bloß gut, dass sonst keiner im Restaurant saß.
    »Ein Weihnachtsessen im Familienkreis«, schniefte sie weiter, als sie den Wein in die Halbliterkaraffe umfüllte, »birgt aus seuchenpolizeilicher Sicht wohl mehr Gefahren als ungeschützter Geschlechtsverkehr mit Unbekannten. Gibt es eigentlich Untersuchungen darüber, wie viele Menschen nach Familienfeiern erkranken, darüber, welche Keime nach internationalen Kongressen über die gesamte Welt verbreitet werden? Jedenfalls keine Arbeit für Hypochonder.« Sie war inzwischen wieder am Tisch angekommen. »Am

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