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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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der Presse ein Handyfoto geschickt, ein unscharfes Bild mit bläulichem Schatten.
    »Für eine Marienerscheinung reicht es nicht«, sagte Heinrich. »Das Kloster wird demnach nicht wieder religiösen Zwecken zugeführt.«
    »Hör bloß auf damit«, ereiferte sich Nicole. »Es ist dasselbe wie mit den Kornkreisen und den Wunderheilern von den Philippinen, die in den Siebzigerjahren ohne Operation blutige Gewebestücke aus den Bäuchen ihrer Patienten geholt hatten. Hat man von denen wieder mal was gehört?«
    »Das war doch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Esoterik-Szene. Man müsste die Umsatzzahlen vergleichen. Da wird bestimmt mehr Geld hin und her geschoben als in der Kultur oder in der Landwirtschaft.«
    »Du willst nicht etwa den Umsatz als Berechtigung für jede Scharlatanerie heranziehen?«
    »So lange die Leute unter sich bleiben und niemanden belästigen, ist mir das egal«, sagte Heinrich. »Ich bin genauso wenig am Umsatz der Kirchen, der Dönerbuden oder der Drogenszene interessiert. Das sind in sich geschlossene Kreisläufe, die sich untereinander alimentieren. Erst wenn sie aus ihren Systemen ausbrechen und andere Kreise beeinflussen, zum Beispiel durch Beschaffungskriminalität, Einbrüche, Prostitution, Geldwäscherei, Waffen-und Menschenhandel, wird es problematisch.«
    »Was haben die Kornkreise mit Beschaffungskriminalität zu tun?«, fragte Leonie.
    »Eigentlich gar nichts. Sie leben lediglich vom Sendungsbewusstsein ihrer unkritischen Anhänger. Irgendwie haben diese Wind von den Vorfällen in Bellelay bekommen, sind am Wochenende in den Jura geströmt und haben alles niedergetrampelt, was einen bläulichen Schatten warf. Die Kühe müssen auf eingekauftes Heu umsatteln, der Tête de Moine verliert an Geschmack.«
    »Du weißt aber schon, wessen Handschrift die Vorführung trägt?«, wollte Nicole erfahren.
    »Cäsar Schauinsland!« Heinrich war überrascht über seine Antwort. »Aber ich habe ihm doch keinen Auftrag gegeben …«
    »Du nicht, jedoch verselbstständigt sich die Sache. Ich kann mir sehr genau vorstellen, wer das Spektakel mit ihm zusammen ausgeheckt hat.«
    »Somit hast du Recht«, schloss Heinrich den Kreis, »in diesem Fall enthält uns die Polizei Informationen vor.«
    »Wie die Leute auf das Phänomen aufmerksam geworden sind, ist dir nicht bekannt?«, fragte Nicole. »Ich wette, es gab einen Aufruf via Facebook. Ich schau gleich nach.«
    Sie fuhr den iMac hoch, holte ihr Profil auf den Bildschirm und gab in der Suchmaske Bellelay ein.
    »Es gibt zwei Seiten: ›Außerirdische im Jura‹ und ›Marienerscheinung in Bellelay?‹, die zweite immerhin mit Fragezeichen. Da finden sich Besichtigungstermine fürs vergangene und kommende Wochenende.« Sie lachte. »Zumindest die Kornkreisfreunde haben sich mit dem Bärenwirt abgesprochen, er bietet jetzt ein Spezialmenü und Vorträge von Augenzeugen an.«
    Sie klickte sich durch ein paar weitere Seiten.
    »Was ist das!«, rief sie unvermittelt. »Da hat jemand eine Fanseite für Delia Zimmermann eingerichtet.«
    »Es steht jeweils der Gründer oder der Moderator der Seite dabei«, sagte Leonie. »Wer ist es?«
    »Er nennt sich ›Spießträger‹.«
    »Zeig sein Profil«, verlangte Leonie.
    »Da ist nur ein altes Landsknechtporträt zu sehen und der Hinweis, dass er Informationen nur an Freunde weitergibt.«
    »Ist das nicht dieser Schauspieler, der sich in die Lagerdirne verlieben sollte, dieser Pierre Roth?«, intervenierte Heinrich.
    »Das hat er sich wohl anders überlegt«, meinte Nicole.
    »Ist der nicht viel zu jung für die Zimmermann«, wandte Heinrich ein.
    »Biete ihm deine Freundschaft an«, sagte Leonie. »Wir können ihm ja zu seiner Fanseite gratulieren, vielleicht beißt er dann eher an.«
    »Okay. Erledigt«, erklärte Nicole.
    »Wieso kriege ich keine Fanseite auf Facebook«, schmollte Heinrich Müller.
    »Erstell erst einmal dein eigenes Profil«, tadelte Leonie.
    Nicole war inzwischen auf Delia Zimmermanns Seite zurückgekehrt.
    »Es gibt ein Foto, eine Nahaufnahme von ihrem Gesicht. Wo Spießträger das wohl her hat? Und es gibt auch nur einen einzigen Text. Ich les ihn vor: ›Delia Zimmermann, verzeiht mir das Bild, ein Weibsstück seltener Klasse, das jede Marketenderin an Anmut, aber auch an entschlossenem Willen übertrifft. Es kann nicht Liebe gewesen sein, was uns verbunden hat. Es war der Antrieb, gemeinsam an einer Sache zu wirken, die die Menschheit verblüfft hätte, wenn sie gelungen wäre. So

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