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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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Mordanschlägen gewesen bin, sondern jedes Mal zur falschen Zeit am falschen Ort war.«
    »Pierre Roth hält sich ständig in deiner Nähe oder in derjenigen von Thierry Coudray auf. Der Zufall, dass ihr beide in einem Boot sitzt, kommt ihm zu Hilfe. Vielleicht ist es ihm auch egal, welchen von euch beiden er trifft, Hauptsache der andere ist entsprechend eingeschüchtert.«
    »Was er ja auch geschafft hat«, gab Müller zu bedenken. »Aber wenn er es doch gezielt auf Thierry Coudray abgesehen hatte, wollte er nicht einen Mitwisser ausschalten, sondern sich dafür rächen, dass der Regisseur ihn als Schauspieler nicht Ernst genommen hat und er – zusammen mit Delia Zimmermann – sein in den Film gestecktes Vermögen vernichtet hat.«
    Der Störfahnder stellte fest:
    »1. Pierre Roth ist flüchtig und kann nicht befragt werden.
    2. Pierre Roth lässt sich kaum aus der Reserve locken, das haben nicht einmal unsere Freunde mit dem Hologramm geschafft.
    3. Der Verbleib des Teppichs und sein wahrer Wert bleiben unklar.«
     
    Zufrieden stiegen sie den steilen Grashang wieder hinunter, Schritt um Schritt auf dem schwierigen Gelände setzend, damit ein Ausrutscher verhindert werden konnte. Heinrich Müller stellte fest, dass ihm die letzte Sicherheit fehlte. Er verkrampfte sich und machte mehr als einen Umweg.
    Verschwitzt kamen die beiden wieder bei der Alphütte Dorchaux an und baten den Sennen um ein Bier.
    »Wir haben uns den Mund fusselig geredet«, erklärte Müller.
    Housi setzte sich zu ihnen. Seine Kühe würden erst in einer guten Stunde den Weg von der Weide in den Melkstand suchen.
    »Du kannst nun problemlos Bier trinken«, behauptete Spring.
    »Wie das?«, fragte Müller. »Hat es plötzlich keine Kalorien mehr? Außerdem gibt es im Bier Substanzen, die dem weiblichen Hormon Östrogen ähnlich sind und deshalb das Wachstum von Bauch und Brüsten fördern.«
    Der Senn schaute an sich hinunter.
    »Du musst«, fuhr Spring fort, »hinterher einfach genügend Hahnenwasser trinken. Da drin gibt es so viele chemische Verbindungen aus Antibabypillen, dass sie die weiblichen Bierhormone neutralisieren.«
    Zufrieden blickten die drei den weit im Süden vorbeiziehenden Wolken nach, und es schien bei genauerem Hinsehen nicht unmöglich, dass die eine oder andere die Form von steil aufragenden Brüsten entwickelte.
     

Montag, 3. August 2009
     
    Als er mit dem Fahrrad aus der Dorfstrasse hinaus in den Wald bog, gab die neben dem Weg wiederkäuende Kuh des letzten Bauernhofs ein kurzes, knackiges Muhen von sich, das sofort aus dem Stall erwidert wurde. »Ein Velofahrer!«, hatte sie gebrüllt, und das Wort war wiederholt worden, weil die Kühe im Stall eine Statistik über die vorbeirasenden Fahrzeuge führten. Wie sie allerdings die vier durch die Kurve schleudernden Polizeiautos angekündigt hatte, das hätte der Velofahrer gerne gehört, aber er war schon zu weit in den Wald vorgedrungen.
    Nach einigen Kilometern erreichte Pierre Roth einen Punkt, ab dem es nun nur noch abwärts ging, jedenfalls bis zum Bahnhof von Tavannes, den der Schwarzhaarige mit seinem Dreitagebart anvisierte. Er gönnte sich eine letzte Rast, stand mitten in einer feindlichen Wiese, die ihn wie einen Eindringling behandelte. Die wenigen Blumen waren in der Hitze erbleicht, das Gras dorrte vor sich hin, die Erdkrumen bröckelten unter seinen Schritten, gaben sich aber nur mit sandigem Knirschen geschlagen. Voller Wut über die spürbare Ablehnung seiner Anwesenheit stellte sich Pierre Roth mitten ins Gewächs, in Sichtweite der nächsten Behausungen, und pisste zielgenau auf die wenigen Blüten, die unter dem dampfenden Strahl wegknickten.
    Dann machte er sich auf den Weg.
     
    Die Polizei hatte inzwischen Bellelay besetzt. Zwei Fahrzeuge versperrten die Zufahrtsstraße, die beiden anderen platzierten sich vor und hinter dem Elternhaus von Pierre Roth, in dem seine Wohnung lag, ein Jurahaus mit ehemals weiß getünchten Wänden, vom heftigen Wind ausgebleicht. Die schmalen Fenster auf der Nordseite ließen kaum Licht ins Innere, nur auf der Sonnenseite erreichten Wärme und Helligkeit die Zimmer hinter den dicken Mauern.
    Die Polizisten agierten, wie sie es in vielen Kursen gelernt hatten, sicherten das Gelände, die Eingangstür, den Flur, die Holztür zu Roths Wohnung. Bernhard Spring läutete, klopfte, rief den Namen des Schauspielers, drückte die Klinke und fand die Tür unverschlossen. Sie traten ein, Pistolen im Anschlag, als ob sie

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