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Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Heinrich Mueller 05 - Mordswein

Titel: Heinrich Mueller 05 - Mordswein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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Störfahnder.
    »Hör zu, was ich aus dem Dürrenmatt herausgelesen habe: Eine Wette.«
    »Es geht um eine Wette?«
    »Jedenfalls in ›Der Richter und sein Henker‹. Kommissär Bärlach hat mit seinem Widersacher Gastmann in ihrer früheren Zeit in Istanbul eine Wette abgeschlossen. Gastmann behauptet, die Verworrenheit der menschlichen Beziehungen mache Verbrechen möglich, die unmöglich zu entdecken seien. Er versteigt sich in die Behauptung, die meisten Verbrechen seien ›nicht nur ungeahndet, sondern auch ungeahnt‹. Im Rückblick, als Gastmann auf Bärlach in dessen Wohnung im Altenberg wartet, erklärt er: ›Ich hielt die kühne Wette, in deiner Gegenwart ein Verbrechen zu begehen, ohne dass du imstande sein würdest, mir dieses Verbrechen beweisen zu können.‹«
    »Was lernen wir daraus für unseren Fall?«, fragte Spring.
    »Na ja, das erste Opfer bei Dürrenmatt fand sich oberhalb von Twann auf der Straße nach Lamboing, wo es links in den Wald hineingeht und rechts hinauf nach Gaicht. Außerdem ist nach den windigen Aussagen der Frau Nationalrätin der Wagen, der sie verfolgt hat, zum Altenberg runtergefahren.«
    »Nicht ernst zu nehmen«, erklärte Spring. »Und Neuchâtel?«
    »Das ehemalige Wohnhaus von Friedrich Dürrenmatt wirkt als Wegweiser, sozusagen als Rätsel über seinen Roman zum Opfer und zum Täter.«
    »Na ja«, Spring wirkte nicht überzeugt. »Der Gedanke mit der Wette gefällt mir. Allerdings wären in unsere Wette mehrere Personen verwickelt, was die Abläufe kompliziert.«
    »Rutsch ein bisschen zur Seite«, sagte Müller und zwängte sich zwischen den Tisch und die Wand. »Schönheit braucht Platz!«
    Dann stellte er eine Platte mit Trockenfleisch, Fingergemüse und einem mächtigen Käsestück auf den Tisch. »Der erste neue Alpkäse. Ab Mitte August darf man ihn anschneiden. Würzig und mild zugleich, ein traumhafter Begleiter für den Humagne Rouge aus dem Barrique, der dir den Gaumen ausfüllen wird mit seinem kraftvollen, männlichen Aroma.«

Mittwoch, 11.8.2010
    Leonie Kaltenrieder hatte eingeladen zum Sommerfest. Es drängten sich viele Menschen um die Bar, schon früh war die Pergola besetzt, aber nach dem ersten Ansturm der Badenden waren einige bereits zum Grillen nach Hause gegangen, denn es gab hier nur Häppchen, vom Feinsten zwar, aber den Karnivoren nicht gut genug.
    Je ausgewählter die Gäste, desto besser der Wein, dachte die Barista und öffnete einige Flaschen Grünen Veltliner Ott Fass Nr. 4 von Bernhard Ott aus dem niederösterreichischen Wagram, »ein vielschichtiger Wein mit fantastischem Trinkfluss«, wie ihn sein Erzeuger benennt. Zitronengelb mit leichten Grüntönen liegt der Wein im Glas, betört mit dem Geruch von Zitrusfrüchten die Nase, überzeugt vollmundig mit Zitronen-und Grapefruitgeschmack und zeigt im Abgang die feinnervige Säure, die notwendig ist, um mit dem Salzgebäck fertig zu werden.
    Heinrich zeigte sich vollkommen zufrieden, wenn da nicht diese Band gewesen wäre, die aus der neuen Jukebox plärrte, welche Leonie einem fahrenden Händler abgekauft hatte. Es war ein etwas größeres Abspielgerät, in das jeder seine eigenen CDs einlegen konnte. Laut ertönten die ersten Takte eines neuen Songs, dessen Text so voraussehbar war wie alle anderen: Mann-Wesen trifft Frau-Wesen am Palmenstrand, während am Horizont eine grellrote Sonne explodiert. Wahlweise konnte man auch mit einem Vollmondblick aus dem Salzwasserbad rechnen. Die Menschen, die immer die Arme hochstrecken, wenn einer eine Welle ankündigt, jubelten dem neuen Lied zu, als ob sie sich köstlich amüsierten.
    »Verzweifelte Pornografie«, sagte Leonie und schüttelte die Haare in Headbanger-Manier.
    »Terror-Schunkeln«, erwiderte Heinrich, dem noch keiner den tieferen Sinn deutscher Bierzeltkultur hatte erklären können.
    »Wenn ich was getrunken hab’«, seufzte Leonie beglückt, »zieh ich mir was Luftiges an und hüpfe halb nackt die Straße hinunter.«
    »Bleib bei uns«, bat Heinrich.
    »Lasst uns mal ran«, erklärten Melinda, Phoebe und Gwendolin, die aus dem Nichts aufgetaucht waren.
    Sofort wurde die Atmosphäre zickig und nervig und ruppig, aber wunderbar frech und frisch, als sie in den CD-Player einlasen, was sie downgeloadet hatten: ›Mama Rosin‹ mit ihrem schrägen Delta-Blues und Cajun, die ›Detroit Cobras‹ mit Trash’n’Roll, die Bern-Berliner Zirkuspunks ›Bonaparte‹, die norwegische Frauenband Katzenjammer sowie ›The Bastard Fairies‹

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