Heinz Strunk in Afrika
gingen, Rach hingegen eine unsympathische Sau.
«Das ist doch völlig überzogen. Dass er nicht sympathisch ist, ist das eine, aber ihn deswegen gleich als unsympathische Sau zu bezeichnen?»
«Rach ist ein Arschloch, wie es im Buche steht, Punkt, aus. Restauranttester, so ein öder Scheiß. Dich hingegen könnte ich mir in so einem Format sehr gut vorstellen. Strunk, der Kaugummiautomatentester.»
«Was soll das denn sein?»
«Ist doch ganz einfach: Dich ereilt der Hilferuf eines verzweifelten Kaugummiautomatenaufstellers. Die Geräte sind Jahrzehnte alt, das Drehdingens ist verrostet, der Schacht verstopft. Die Kaugummis, steinhart, lassen sich nicht kauen oder zerfallen bei der kleinsten Berührung. Das Spielzeug ist veraltet. Und so weiter. Und jetzt kommst du!»
«Bauherr sucht Frau.»
«Was, wieso? Grundfalsch. Nicht
Bauer sucht Frau
. Strunk, der Kaugummiautomatentester.»
«Nicht Bauer, sondern Bauherr.»
«Nein, grundfalsch. Strunk testet. Nächster Vorschlag: Strunk, der Telefonzellentester. Kabel rausgerissen, Scheibe zersplittert, Telefonbücher zerfleddert. Da kann nur Strunk helfen.»
«Ja.»
«Das absolute Gegenteil von Freunden sind Bekannte. Bekannte sind das Allerschlimmste, ich verabscheue nichts mehr als zufällige Begegnungen mit ehemaligen Schulfreunden. Da sind mir völlig Unbekannte, die einem nachts irgendwo besoffen über den Weg laufen, tausendmal lieber.»
«Ja.»
Pause.
«Ach so. Ja.»
Pause.
«Wusstest du, dass nur sieben Prozent der Menschen auf Worte und Aussagen reagieren? Tonfall und Stimme beeinflussen das Urteil zu achtunddreißig Prozent, den Rest – fünfundfünfzig Prozent – prägen Körperhaltung, Gesten, Gang und Mimik.»
«Ach so.»
Pause.
«Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Sorgen und Problemen? Weiß ich gar nicht so genau. Komisch.»
«Ja, komisch.»
Pause.
«Alkoholismus ist der Imperialismus des kleinen Mannes.»
«Klingt gut.»
Auf höchstem Niveau wenig oder nichts zu sagen, das zeichnet das gute Gespräch aus.
Als ich den Fluten entsteige, verströmt mein Körper einen widerlichen Gestank, als wäre ich kontaminiert. So könnte man sich die Hölle auch vorstellen: verdammt zu sein, bis in alle Ewigkeit als gallertiger Organismus in einem unbeweglichen, stinkenden Zwielichtmeer schwimmen zu müssen.
Da ich nicht den geringsten Appetit habe, schlage ich vor, den Mittagstisch ausfallen zu lassen. C. ist einverstanden und kündigt an, sich zwecks Netzrecherche ins Internetcafé zu begeben. Punkt 14 Uhr 30 dann
wünscht er mich zur nachmittäglichen Arbeitseinheit am Pool zu begrüßen.
Er beendet das Bad und verschwindet Richtung Dumbohaus. Ich stinke, dass mir schlecht wird. Mehrmaliges Duschen, Ströme von Wasser rinnen als schmutzig-bräunliche Brühe an mir herunter.
Bereits fünf Minuten vor der verabredeten Zeit finde ich mich am Big Pool ein. C.s Zustand hat sich verschlechtert, er ächzt, stöhnt, schnauft, rasselt, schnieft und klagt über Halsschmerzen, Tropfnase und dichte Ohren. Er habe ein
manifestes Krankheitsempfinden
. Immer noch benutzt er das gleiche schmuddelige, durchweichte Papiertaschentuch von vorhin. Wir beschließen, die nachmittägliche Arbeitseinheit am Ozean abzuhalten. Hotelanlage und Strand sind durch ein schmales, muffiges Bächlein getrennt, das von einer wackligen Holzbrücke überspannt wird.
Am Übergang steht ein Wachhäuschen, vor dem zwei in paramilitärische Uniformen gewandete Grüßauguste herumlümmeln.
Grüßaugust 1: « HELLO , AMIGOS , WHERE DO YOU COME FROM ? HOW ARE YOU ?»
Ich, leise: «I am from Germany, he comes from Austria.»
Grüßaugust 2: « HAHA , DEUTSCH , SEHR GUT . SCHWEINEHUND , ACHTUNG , ACHTUNG ! ALLES KLAR !»
Blöd, wie wir sind, grinsen wir. Was sind wir nur für Schwächlinge. Wir beziehen zwei Liegen und saugen die neuen Eindrücke in uns auf. Eine kleine Gruppe rotgekleideter, mit Speeren gerüsteter junger Männer geht feierlich an uns vorbei. C. erklärt mir, es handele sich um Massaikrieger. Aha. Ja, Massai reden praktisch nie und gelten als außerordentlich gerecht.
«Die Massai glauben, der Regengott Ngai habe ihnen alle Rinder dieser Erde überlassen, woraus folgt, dass alle anderen Rinderbesitzer Viehdiebe sind. Daraus leiten sie das Recht ab, anderen Völkern die Rinder gewaltsam abzunehmen.»
«Das denkst du dir doch gerade aus!»
«Glaubst du, dass ich mir in meinem Zustand irgendwelchen Hokuspokus erfinde? Glaubst du das
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