Heinz Strunk in Afrika
Punkte und alle anderen Karten den aufgedruckten Punktwert. Der Spieler gewinnt immer dann, wenn die Bank sich überkauft, er mehr Augen als die Bank oder einen Black Jack hat, also 21 Punkte mit nur 2 Karten. Nachdem alle Spieler ihre Einsätze gesetzt haben, teilt der Croupier jedem Spieler offen zwei Karten aus, die Bank erhält eine Karte offen.
DEALER MUST STAY ON 17 AND MUST DRAW TO 16.
Die Dealerin, eine Beyoncé ähnelnde Schönheit, teilt mit unbewegter Miene die Karten aus. Wie sie da so unerreichbar auf der anderen Seite des Tisches sitzt, könnte man meinen, dass ihr
persönlich
nicht nur diese, sondern sämtliche Spielbanken auf der Welt gehören. Kein Mensch, sondern eine Wesenheit, in deren Angesicht Spieler automatisch verwelken. Der Seeleopard erhält einen Buben (zehn), Kindergreisin Nr. 1 eine Acht, Kindergreisin Nr. 2 eine Neun, das Männlein eine Fünf. Mit Fünf oder Sechs als erster Karte ist man in einer denkbar schlechten Position. Beyoncé zieht eine Dame. Zweite Runde. Leopard Dame = Zwanzig = Stay. Die Kindergreisinnen kommen mit einem König und einer Acht auf jeweils achtzehn Punkte und bleiben ebenfalls stehen. Das Männlein zieht eine Sieben, hat also zwölf Punkte, gegen eine Zehn der Bank
muss
er noch eine Karte kaufen. Ass. Dreizehn. Der Bart reicht bis in die Mundwinkel, er hat ihn sich wahrscheinlich nur stehen lassen, um darauf rumzukauen. Er kaut und nickt. Dame. Dreiundzwanzig = BUST ! Beyoncé zieht eine Neun, kommt also auf neunzehn, einziger Gewinner ist der Leopard.
So läuft das beim Black Jack. Ungefähr.
Nachdem ich ein paar Spiele habe verstreichen lassen, steige ich ein, spiele allerdings passiv: Ich setze meine Einsätze in der Box eines aktiven Spielers (natürlich der des Leoparden) und muss mich damit nach seinen Kaufentscheidungen richten. Er ist mein Wirtstier, ich sein Putzerfisch. Vielleicht ist er Berufsspieler, eine Black-Jack-Heuschrecke, die nach einem ausgeklügelten Fünfjahresplan die Casinos der Welt heimsucht und nach erfolgreicher Sprengung der Bank weiterzieht, ein Spielnomade, der verbrannte Erde und zerstörte Schlitten hinterlässt. Er gewinnt ein Spiel nach dem anderen, und auch ich liege bald 40 000 vorn. Zum Dank werde ich ihm später Algen, Muscheln und Parasiten aus dem Fell klauben. Nächstes Spiel. Die Bank zieht ein Ass, der Leopard eine Sieben.
«Insurance?»
Beyoncé blickt fragend in die Runde. Zieht die Bank als erste Karte ein Ass, kann man sich mit der Hälfte seines Einsatzes gegen einen möglichen Black Jack der Bank versichern. Der Leopard verzichtet und entscheidet sich damit instinktiv richtig, denn Beyoncé überkauft sich. Der Unterschied zwischen Gewinnern und Verlierern: Die Verlierer schreiben ihr Geld von vornherein ab, sie
rechnen
gar nicht damit, zu gewinnen, während der Leopard kraft seines Willens die Karten in die richtige Reihenfolge zwingt. Der Spielverlauf vollzieht sich mit scheinbar mathematischer Genauigkeit und ausschließlich zu seinen Gunsten. Die sagenumwobene Siegerstraße, auf der ich freundlicherweise als Sozius geduldet werde, ein Trabant in der Umlaufbahn einer mächtigen Sonne, dies ist einer der seltenen Augenblicke, in denen ich mich zur rechten Zeit am rechten Ort befinde.
Das Männlein, als Hasardeur alter Schule auf Höchsteinsatz spielend, verliert in einer Tour, die Schrumpelomis halten sich bei etwa plus/minus null. Unwahrscheinlich, mit welcher Genauigkeit Beyoncé die Karten über den Tisch schleudert. Gut möglich, dass das Handgelenk durch die immer gleiche Bewegung einseitig belastet wird, und irgendwann droht dann die
Geberhand
, eine dem Tennisarm vergleichbare Berufskrankheit.
Egal. Nächstes Spiel und neue Runde, und auf geht’s und so weiter. Das Männlein setzt sein letztes Geld, 27 000 Schilling. Fünf – Zehn – Dame – BUST ! Arrivederci, Hans, sag zum Abschied leise Servus, Gute Nacht, Freunde. Kreidebleich kriecht er von seinem Stuhl und löst sich auf.
Des einen Untergang ist des anderen Chance: Die Zeit scheint reif, mich aus der schützenden Obhut des Leoparden zu entfernen. Ich besetze die frei gewordene Box, deren unheilvolle Aura jedoch sofort auf mich abzustrahlen beginnt. Nach vierzehn (!) verlorenen Spielen in Folge ist der ganze schöne Gewinn verbrannt. Außerdem ziehe ich mir mit meinen halsbrecherischen Manövern den Unmut meiner Mitspieler zu. Kindergreisin Nr. 2 behauptet gar, ich brächte den Schlitten durcheinander. So ein
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