Heirate nie einen Italiener
müssen.” Helen wusste selbst nicht, warum sie Lorenzos Verzweiflung noch anstachelte. “Immerhin ist Calypso ein attraktives junges Mädchen. Warum tust du nicht einfach, was ihr Vater vorgeschlagen hat, und genießt das Leben?”
Zum ersten Mal erlebte sie Lorenzo wirklich wütend. “Das ist der lächerlichste Vorschlag, den ich je gehört habe!”, entgegnete er bestimmt.
Ehe Helen etwas erwidern konnte, nahm er sie in die Arme. “Ich habe dich ja so vermisst, mein Schatz”, sagte er so laut, dass sie instinktiv begriff, dass Familie Baxter im Anmarsch sein musste. Im nächsten Moment spürte sie seinen Mund auf den Lippen. Der Kuss gehörte genauso zum Theater wie die Umarmung. Trotzdem meinte Helen eine Ernsthaftigkeit darin ausmachen zu können, die weit über das hinausging, was die Situation erforderte.
“Darf ich dir Dagwood Baxter vorstellen, Liebling?” Lorenzo hatte sich von ihr gelöst und machte sie mit seinem widerspenstigen Kunden und dessen Familie bekannt. Einzig Maggie Baxter war Helen nicht auf Anhieb unsympathisch, und deshalb widersprach sie auch nicht, als Calypsos Mutter vorschlug, gemeinsam zu Abend zu essen.
“Jetzt muss ich mit diesem kleinen Teufel auch noch meine Freizeit verbringen”, klagte Lorenzo, als sie allein waren. “Aber der werden wir einen schönen Strich durch die Rechnung machen.”
“Wenn sie wirklich so durchtrieben ist, wird sie sich von einer Konkurrentin eher angestachelt als abgeschreckt fühlen”, wandte Helen ein.
“Dann müssen wir sie eben mit ihren eigenen Waffen schlagen.”
“Was habe ich mir darunter vorzustellen?”
“Du musst noch abgebrühter sein als sie und mich nach allen Regeln der Kunst umgarnen. Den ganzen Abend darfst du mich nicht aus den Augen lassen – höchstens um Calypso ab und zu böse Blicke zuzuwerfen.”
“Das Letzte dürfte nicht schwerfallen, aber alles andere …”
“Vor allem musst du dir irgendeinen sexy Fummel anziehen.”
“Wie sexy soll er denn sein?”
“Extrem sexy. Sonst begreift sie nie, dass es hoffnungslos ist.”
Die Begeisterung stand Lorenzo ins Gesicht geschrieben, doch ein Blick auf Helen brachte ihn jäh zur Ernüchterung. “Was ist los?”, fragte er verwundert.
“Nichts ist los”, erwiderte sie barsch. “Außer dass du ein eingebildetes, arrogantes und aufgeblasenes Miststück bist. Sonst würdest du nicht im Ernst annehmen, dass ich dieses Theater …”
“Hilfst du mir oder nicht?”, fiel er ihr ins Wort.
“Also schön.”
Wider Erwarten machte es Helen geradezu Freude, sich in der Hotelboutique ein Kleid auszusuchen, das zwar ihrem Geschmack widersprach, dafür aber den speziellen Anforderungen genügte.
Ihre Wahl fiel schließlich auf ein cremefarbenes Seidenkleid, das weit genug über den Knien endete und ihre langen, wohlgeformten Beine zur Geltung brachte. Noch gewagter als die Länge war jedoch der Ausschnitt, der ihre Brüste nur halb verdeckte und jeden Gedanken daran, zu dem Kleid einen BH zu tragen, von vornherein verbot.
Nachdem Helen dazu passende Accessoires angelegt hatte, wagte sie einen Blick in den Spiegel. Es fiel ihr nicht leicht, in der jungen Frau, die sie sah, sich selbst wiederzuerkennen. Doch ihr Auftrag lautete, verführerisch und durchtrieben zu wirken, und zumindest das letzte Kriterium erfüllte ihre Verkleidung.
Dass sich die Wirkung darin nicht erschöpfte, bewies Lorenzos Reaktion. Er musterte sie von Kopf bis Fuß, und sein Blick verriet unschwer, wie beeindruckt er war.
“Ist der Fummel sexy genug?” Bewusst griff Helen die Formulierung auf, mit der Lorenzo sie auf ihre Aufgaben eingestimmt hatte.
“Ich muss gestehen, dass ich tief beeindruckt bin”, erwiderte er zweideutig und ließ den Blick über den Ausschnitt gleiten. “Allmählich beginne ich mich auf den Abend zu freuen.”
Helen erging es nicht anders, denn Lorenzo sah in dem weißen Seidenhemd, dessen oberste Knöpfe geöffnet waren und den Blick auf den sonnengebräunten Hals freigaben, nicht minder verführerisch aus.
“Dann sollten wir mit der Vorstellung beginnen”, schlug sie vor.
Hand in Hand gingen sie durch die Lobby in den Garten, wo Familie Baxter sie bereits erwartete. Als er seine Gäste sah, kam Dagwood ihnen entgegen, führte Helen zu einem Tisch am Rande des Pools und wies ihr den Platz neben ihm an. Es blieb genau ein einziger Stuhl frei, und Lorenzo musste sich wohl oder übel neben Calypso setzen.
Dass sie selbst geradezu dezent gekleidet war, wurde
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