Heirate nie einen Italiener
und wenn es vorbei ist …”
“Du solltest lieber rangehen”, sagte er sanft. “Wer um diese Zeit anruft, muss gute Gründe dafür haben.”
“Wehe, wenn nicht”, sagte sie drohend, sodass Lorenzo unwillkürlich lachen musste.
“Hallo?”, meldete sich Helen unfreundlich.
“Ich muss dringend Lorenzo Martelli sprechen”, hörte sie eine aufgeregte Frauenstimme sagen. “Er ist nicht in seinem Zimmer. Können Sie mir sagen, wo er ist?”
“Einen Moment bitte”, erwiderte sie ausweichend und reichte Lorenzo den Hörer. “Ach du bist es, mein Herzblatt”, begrüßte er die Frau am anderen Ende der Leitung überschwänglich. “Wie schön, endlich wieder deine Stimme zu hören!”
Helen verließ das Bett, warf sich den Morgenmantel über und ging ins Bad, damit Lorenzo ungestört telefonieren konnte. Heimlich verfluchte sie den Portier, der sie offensichtlich beobachtet und der Anruferin den entscheidenden Tipp gegeben hatte.
Doch wer mochte die Frau sein, die Lorenzo so vertraut begrüßte und deren Stimme ihn völlig vergessen ließ, dass er Sekunden zuvor mit einer anderen intimste Berührungen ausgetauscht hatte?
Um die Gedanken zu vertreiben, kühlte sich Helen am Waschbecken die Schläfen, bevor sie wieder ins Zimmer zurückging.
Als sie Lorenzo sah, wusste sie, wie sehr sie ihm unrecht getan hatte. “Was ist passiert?”, fragte sie ängstlich und nahm ihn in die Arme.
Nie zuvor hatte sie ihn auch nur annähernd so verstört erlebt, und es kostete ihn große Überwindung, das Entsetzliche, das er erfahren hatte, auszusprechen.
“Das war meine Schwägerin Heather”, erklärte er benommen. “Mamma liegt im Krankenhaus.”
“Ist es etwas Ernstes?”
“Ich fürchte, ja”, erwiderte er. “Sie hat seit Langem ein schwaches Herz, und es scheint sich um einen leichten Infarkt zu handeln. Vielleicht ist es harmloser, als es aussieht, doch Heather hält es für besser, wenn ich sofort nach Hause komme.”
“Dann solltest du es auch tun”, ermutigte Helen ihn und strich ihm zärtlich durchs Haar. “Während du deine Sachen packst, kümmere ich mich um dein Flugticket.”
“Willst du nicht mitkommen?”, fragte Lorenzo unvermittelt, und er schien von seinem Vorschlag ebenso überrascht wie Helen.
“Was hast du gesagt?”, fragte sie ungläubig.
Er sah sie an, als könnte er in ihren Augen den Halt finden, den er durch das Telefonat verloren hatte. “Komm mit mir, Helen”, sagte er flehend. “Komm mit nach Sizilien. Ich möchte, dass du bei mir bist, falls …”
“Sei unbesorgt”, erwiderte Helen beruhigend und küsste ihm die Stirn. “Deiner Mutter geht es sicherlich schon wieder viel besser, wenn du ankommst. Trotzdem begleite ich dich gern.”
Er sprang auf und zog sich sein Hemd an, während Helen den Hörer abnahm, um die Rezeption anzurufen. Plötzlich unterbrach Lorenzo den Kontakt.
“Vielleicht ist es doch keine so gute Idee, wenn du mich begleitest”, sagte er verlegen. “Ich wünsche mir nichts mehr als das”, setzte er rasch hinzu, als er Helens schockierten Gesichtsausdruck sah, “aber ich kann es unmöglich von dir verlangen.”
“Verlangen nicht”, entgegnete Helen bestimmt, “aber wünschen. Und wenn du dir wirklich wünschst, dass ich mit dir komme, dann tue ich es.”
“Und was ist mit deiner Arbeit?”, fragte er verwundert. “Ich weiß doch, wie wichtig sie dir ist. Du kannst doch nicht deine Karriere aufs Spiel …”
“Das lass getrost meine Sorge sein”, schnitt sie ihm das Wort ab. “Ich werde mit Erik reden. Wie ich ihn kenne, fällt ihm schon etwas ein.”
Entschlossen griff sie zum Telefon und rief die Rezeption an, um sie zu beauftragen, zwei Flüge nach Palermo zu buchen. Obwohl es mitten in der Nacht war, rief sie anschließend Erik an, der genau so reagierte, wie sie es vorausgesehen hatte.
“Bleib, solange du magst”, bot er ihr an. “Um alles andere kümmere ich mich.”
Nachdem sie aufgelegt hatte, versuchte Helen ihre Gedanken zu ordnen. Lorenzo hatte nicht ganz unrecht. Ihre Arbeit hatte ihr immer sehr viel bedeutet, und wenn sie ihre Karriere nicht gefährden wollte, wäre es das Beste, nach New York an ihren Schreibtisch zurückzukehren.
Doch gab es etwas Unwichtigeres als ihre Karriere, wenn sie nichts anderes wollte, als in Lorenzos Nähe zu sein und ihn zu trösten?
7. KAPITEL
A n der markanten Form erkannte Helen sofort, dass es sich bei der Insel, die sich tief unter ihr aus der glitzernden See erhob, um
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