Heirate nie einen Italiener
du dein Flugzeug verpasst.”
“Es fällt mir zwar mehr als schwer, aber ich befürchte, du hast recht”, stimmte er widerwillig zu, stand auf und reichte ihr die Hand.
Seite an Seite gingen sie zum Fahrstuhl, um in die Lobby des Hotels zu fahren. Kaum hatten sich die Türen hinter ihnen geschlossen, umfasste Lorenzo Helens Gesicht und presste die Lippen auf ihre.
Genauso unvermittelt hob er den Kopf und sah sie schalkhaft an.
“In der Halle geht das schlecht”, flüsterte er, “und der letzte Kuss ist so lange her, dass ich unbedingt meine Erinnerung auffrischen muss, bevor ich fahre. Bis dahin sind noch viele Stunden Zeit. Noch müssen wir also nicht Abschied nehmen.”
Ihren Versuch, etwas zu erwidern, unterband er entschlossen, indem er sie mit einer Leidenschaft küsste, die das unstillbare Verlangen in ihr weckte, ihm so nahe wie irgend möglich zu sein.
Es war so intensiv, dass sie glaubte, seine Hände auf der Haut zu spüren, die sie liebkosten und ermutigten, die Zärtlichkeit zu erwidern. Außer sich vor Verlangen umarmte sie Lorenzo und presste sich an ihn, um ihm zu zeigen, dass sie sich nichts sehnlicher wünschte, als seinen nackten Körper berühren zu dürfen und ihm ihren zu öffnen.
Sie wusste, dass sie schön, ihre Brüste rund und fest, ihre Hüften schmal und ihre Haut seidenweich war. Doch alles Wissen um ihre Schönheit war wertlos, solange der Mann, nach dem sie sich sehnte, sie nicht mit eigenen Augen sehen, mit den Händen ertasten, mit der Haut erspüren und schließlich in Besitz nehmen konnte. Und ehe Lorenzo das nicht getan hatte, würde sie ihn nicht gehen lassen.
Erst die plötzliche Helligkeit machte Helen klar, dass sich die Türen des Lifts öffneten. Augenblicklich löste sie sich von Lorenzo und versuchte nach Kräften, die amüsierten Blicke der Wartenden zu ignorieren, die in den Nachtclub wollten und sich über das Paar wunderten, das ihnen entgegenkam.
Der Bann, unter dem sie noch vor wenigen Sekunden gestanden hatte, war gebrochen. Schweigend begleitete sie Lorenzo zur Rezeption, wo er sich seinen Zimmerschlüssel geben ließ.
“Auf Wiedersehen, Signore Martelli”, verabschiedete sie sich betont sachlich und reichte ihm die Hand.
“Auf Wiedersehen, Miss Angolini. Ich weiß Ihre Freundlichkeit überaus zu schätzen.”
“Wenn ich Ihnen mit irgendetwas behilflich sein kann, lassen Sie es mich wissen.”
“Ich bin sicher, dass ich auf Ihr Angebot sehr bald zurückkommen werde.”
Helen blieb allein in der Lobby zurück. Wie sehr hatte sie sich auf Lorenzos Besuch gefreut. Doch sein Terminkalender war so voll gewesen, dass er kaum Zeit für sie gehabt hatte. Morgen früh würde er New York verlassen und erst nach Wochen zurückkommen. Wenn überhaupt.
Doch selbst wenn er sich entschließen sollte, nicht von New Orleans aus nach Italien zu fliegen, blieben ihnen bestenfalls wenige Stunden, bevor sie erneut Abschied nehmen mussten. Und dann für immer.
Der Fahrstuhl hat nicht eine Sekunde zu früh gehalten, dachte sie erleichtert. Denn nichts war ausgeschlossener, als dass sie Lorenzo begleitete, wenn er nach Sizilien zurückkehrte. Selbst wenn er sie darum gebeten hätte. Was er nicht getan hatte.
Sie konnte sich also nur dazu gratulieren, dass sie in letzter Sekunde zur Vernunft gekommen und ihr so ein verhängnisvoller Fehler erspart geblieben war.
Doch wenn sie alles richtig gemacht hatte, warum fühlte sie sich dann so unendlich elend und leer?
6. KAPITEL
A ls Helen vor dem Eingang des Elroy in New Orleans stand, kamen ihr große Zweifel, ob es ein guter Einfall gewesen war, Lorenzo ohne sein Wissen nachzureisen.
Hinter ihr lagen sechs lange Wochen, in denen sie ihn in ihren Gedanken durch die USA begleitet hatte. Welch geschickter Geschäftsmann er war, hatte sie mit eigenen Augen erlebt, und dass seine Reise in dieser Hinsicht ein voller Erfolg würde, stand für sie fest.
Hingegen wusste sie nicht, wie er damit umgehen würde, dass er die bewundernden Blicke sämtlicher Frauen auf sich zog. Es hatte sie ohnehin nachdenklich gemacht, dass er nie eine andere Frau erwähnt hatte. Sie konnte es sich nur damit erklären, dass er ihnen gegenüber deutlich nachgiebiger war als am Verhandlungstisch. Und je eher sie sich selbst davon überzeugte, desto eher wäre sie von Lorenzo geheilt.
So jedenfalls hatte sie es vor sich selbst gerechtfertigt, dass sie am Vortag Erik gebeten hatte, ihr einige Tage freizugeben.
Sie gab sich einen Ruck und betrat
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