Heirs of Kilronan 01 - Geheimnisvolle Versuchung
sich kaum noch erinnerte. Um eine verlorene Zukunft. Wäre nicht alles anders gekommen, wenn er noch gelebt hätte?
»Sein Schiff ging bei einem Sturm unter. Meine Mutter heiratete später wieder. Einen Brauer, der in der permanenten Hoffnung lebt, in Anerkennung vorbildlicher Dienste um die Krone zum Ritter geschlagen zu werden.«
»Weil er den Hof mit dem besten Bier Irlands versorgt?«
»So ähnlich«, bestätigte sie lachend, bevor sie wieder ernst wurde. »Hat Mr. Danvers dir den Rest erzählt? Er konnte es sicher kaum erwarten, dir die unerfreulichen Einzelheiten zu berichten. Er hat schon immer mit Begeisterung Klatsch verbreitet.«
»Er sprach von einem Skandal, in den ein Gentleman verwickelt war. Und kurz danach seist du verschwunden, sagte er.«
Der Teufel hole Danvers klatschsüchtige Zunge! Möge ihm die Reise von schlechtem Wetter, miserablen Straßen und verdorbenen Mahlzeiten vergällt werden!
»War sein Name Jeremy?«, fragte Aidan leise.
»Du bist wie ein Hund, der an einem Knochen nagt.« Die Hände in die Hüfte gestemmt, starrte sie ihn an, bis er den Blick abwandte. »Willst du es wirklich wissen? Na schön, dann werde ich dich ein für alle Male aufklären. Ich war einundzwanzig. Er war fünfundzwanzig. Ich lernte ihn bei einem Dinner kennen. Er war charismatisch und gut aussehend, und er gab mir das Gefühl, etwas Besonderes zu sein – etwas, das ich im Haushalt meines Stiefvaters so gut wie nie erfuhr.« Trotzig schob sie ihr Kinn vor und forderte Aidan mit ihrem festen Blick heraus, sich zu erdreisten, etwas zu entgegnen. Oder auch nur schockiert mit der Wimper zu zucken. »Als er sagte, er liebte mich, glaubte ich ihm. Und als er später sagte, er könne mich niemals heiraten, glaubte ich ihm das auch.« Sie hielt inne, weil das Herz ihr bis zum Halse schlug. »Er war nie etwas anderes als aufrichtig zu mir.«
Aidans Gesicht verriet Bestürzung, seine Augen waren ganz rund vor Schock.
»Da hast du meine tragische Geschichte«, sagte Cat herausfordernd. »Bist du jetzt zufrieden? Froh, dass daheim die jungfräuliche Miss Osborne mit schon gepackter Aussteuer auf dich wartet?«
Ein schreckliches Verlustgefühl zog ihr die Brust zusammen, ein nagender, hohler Kummer, der nichts mit dem dunkelhaarigen Charmeur zu tun hatte, dem sie sich hingegeben hatte, sondern einzig und allein mit ihrem Sohn.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, antwortete Aidan.
»Sag gar nichts«, erwiderte sie und wandte sich wieder zur Tür. »Ich will weder mitleidige noch missbilligende Worte von dir hören.«
»Noch einmal, Daz. Und langsam diesmal. Wer ist Máelodor?«
Aidan hielt den Brief fest in der Hand, während er im Salon auf und ab ging. Kisten und Kartons erhoben sich zu beiden Seiten. Alte Möbel. Ein Pianoforte, das von zwei mit Quasten versehenen Samtvorhängen abgedeckt war. Nur direkt vor dem Kamin war genügend Platz für zwei Sessel und einen Tisch, auf dem noch die Überreste eines Frühstücks standen.
Der alte Mann bewegte sich unbehaglich in seinem Sessel, seine Finger spielten nervös mit der Decke über seinen Knien, als seine Augen von dem kalten Ei auf seinem Teller zu dem rauchenden Feuer und von dort zu Aidan wanderten. »Er hat den Namen in einem alten Buch gefunden. Hab ich dir das je erzählt?« Daz warf Aidan einen erwartungsvollen Blick zu, bevor er fortfuhr. »Er fand diesen Namen und beschloss, sich so zu nennen. Sagte, sein wahrer Name habe zu viel von den Duinedon . Wer hat auch je von einem Meistermagier namens Henry Simpkins gehört?« Daz’ nervöse Unruhe erhöhte sich. »Das sagte allerdings er, nicht ich. Ich hatte kein Problem mit seinem Namen, wirklich nicht.«
Simpkins ... Simpkins. Aidan konnte sich nicht erinnern, in Belfoyle jemandem namens Simpkins begegnet zu sein. Auch der Name Máelodor löste nichts in ihm aus. Aus dem Brief, den Cat gefunden hatte, ging jedoch klar hervor, dass dieser Mann nicht nur ein Vertrauter seines Vaters gewesen war, sondern auch die seltsame Sprache des Tagebuchs verstand.
Die Gedanken an den Brief und Cat lenkten Aidan immer wieder von der ohnehin schon schwierigen Befragung heute Morgen ab. Er hatte sie buchstäblich dazu gezwungen, ihm ihre Schande zu gestehen. Durfte es ihn da überraschen, dass sie verärgert war? Oder dass sie annahm, er würde ihren Ruin zum Anlass für Mitleid oder gar Verachtung nehmen? Zweifellos hatte sie von beidem mehr als genug erfahren. Aber es war unmöglich, jemanden zu bemitleiden,
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