Heiss Glüht Mein Hass
doch.«
Der Motor erstarb. »Wirf die Schlüssel aus dem Fenster.«
Die Schlüssel landeten mit einem gedämpften Klirren im Schnee.
»Man wird Sie erwischen«, sagte sein Opfer verzweifelt.
Peinlich. Ein Standardspruch. Ein Klischee sogar. Er würde seine Freunde sorgfältiger aussuchen müssen, wenn er sein neues Leben begann.
»Ich denke nicht«, sagte er mit seiner normalen Stimme und genoss den kurzen Augenblick, in dem sein Opfer ihn erkannte und ungläubig die Augen aufriss. Aber dann zog er ihm die Klinge mit einer einzigen Handbewegung über die Kehle.
Blut sprudelte hervor. Ein metallischer Geruch erfüllte den Wagen. Er bewegte den Kopf des Opfers nach links und rechts und stellte fest, dass er ihn beinahe abgetrennt hätte. Cool. Diese Erfahrung war neu.
Er ließ das Haar los und stieg hinten aus. Er reinigte das Messer im Schnee und nahm sich dann die Schlüssel. Schlüssel waren schöne Souvenirs.
Seine Jacke musste verschwinden, denn der Ärmel war blutig. Ärgerlich. Vielleicht hatte er ja das Glück, beim Einkaufscenter einen Wagen mit einem Mantel darin zu finden. Es war noch früh. Er hatte sogar noch Zeit, ein wenig zu schlafen, bevor er die Doughertys besuchte. Er wollte frisch und ausgeruht sein.
Mittwoch, 29. November, 23.15 Uhr
Das Haus war still. Beth schlief, und Lauren befand sich auf ihrer Seite des Doppelhauses. Reed saß auf der Bettkante und gab sich erneut seiner Phantasie hin. Was wäre wohl passiert, wenn er nicht hätte gehen müssen? Ihr Kuss war heiß und süß, weich und eindringlich zugleich gewesen. Besser, als er es sich vorgestellt hatte. Und sie hatten sich ja erst geküsst. Wenn er erst einmal mit ihr im Bett lag …
Sie wollte ihn. Er würde sie kriegen. Ein angenehmer Schauder schüttelte ihn. Gott, er wollte sie so sehr, dass es wehtat. Er nahm die Kette von seinem Hals, hielt sie hoch und betrachtete den Ring mit dem weichen Glanz. Er hatte diesen Ring die fünf glücklichsten Jahre seines Lebens am Finger getragen, zwei weitere Trauerjahre. Es war nur den besorgten Wünschen seiner Familie zuzuschreiben, dass er ihn endlich abgenommen hatte, doch seitdem trug er ihn um den Hals. Es war, als trüge er auf diese Art stets ein wenig von Christine bei sich, und genau wie ihre Gedichte hielt der Ring die Erinnerung an sie lebendig. Heute Nacht jedoch waren es nicht die Erinnerungen an sie, die seine Gedanken ausfüllten. Heute war es Mia, und er wusste, sie würde dort bleiben, bis sie diese Sache ausprobiert hatten, wohin sie sie auch führen würde. Was immer es kosten würde.
Er ließ den Ring leicht pendeln, als wollte er sich hypnotisieren. Er könnte zu ihr fahren. Das Blut pochte in seinen Schläfen und übertönte all die Gründe, die dagegen sprachen. Er ließ den Ring behutsam auf dem Nachttisch aufkommen und die Kette hineingleiten.
Dann nahm er das Telefon und drückte Laurens Kurzwahl. »Kannst du bei Beth bleiben?«
Sie gähnte. »Gib mir zwei Minuten. Ich komme rüber.«
Er legte auf und ließ zu, dass sein schlechtes Gewissen von dem Verlangen, das mit jeder Minute wuchs, verdrängt wurde. Sie wollte ihn, auch wenn sie ihn nicht wollen wollte. Und er musste herausfinden, warum das so war.
Mittwoch, 29. November, 23.50 Uhr
Mia blinzelte. Diesen Namen hatte sie schon gelesen. Ihre Augen brannten und waren müde. Sie musste aufhören.
Sie lehnte sich auf dem harten Stuhl zurück und dehnte ihre Nackenmuskeln. Sie hatte sich zuerst Burnettes Fälle vorgenommen und sich auf den Monat konzentriert, der Manny Rodriguez’ Einweisung ins Hope Center vorausging. Sorgsam hatte sie jeden Namen, jeden Ort aus jedem Fall aufgelistet, an dem Burnette in irgendeiner Hinsicht beteiligt gewesen war.
Es war keine hübsche Liste. Sie beneidete Burnette nicht um seine Drogenklientel. Aber abgesehen von der Tatsache, dass es sich um einen Haufen Abschaum handelte, war aus der Liste nichts herauszuholen. Kein einziger Name oder Ort sprang ihr ins Auge. Die Arbeit war mühsam, und sie hatte noch immer tonnenweise Papiere durchzusehen.
Aber wie es so mit mühsamer Arbeit war, sie half, Reed Solliday und seinen schönen Mund aus ihrem Gedächtnis zu verdrängen. Na ja, eigentlich nicht ganz zu verdrängen. Eher in einen Winkel zu verschieben. Aus dem er immer wieder mit aller Macht zurückkehrte und jeden anderen Gedanken unmöglich machte. Verdammt und zugenäht.
Sie hatte ihn geküsst. Und wusste nun, wie er schmeckte. Wie seine Lippen sich anfühlten.
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