Heiss Glüht Mein Hass
irgendeiner Form bedankte, aber sie tat es nicht, und er runzelte die Stirn und ging an ihr vorbei.
Sie hielt ihn am Arm fest. »Danke, Reed. Du hast mir das Leben gerettet.«
Sofort milder gestimmt, sah er auf sie hinab. Obwohl sie keine Kugel abbekommen hatte, sah ihr Gesicht übel zugerichtet aus; die Wange war zerschrammt und blutig. Sanft nahm er ihr Kinn, strich ihr mit dem Daumen über den Kiefer und spürte, wie sie zusammenzuckte. Zärtlichkeit schien sie stärker zu erschüttern als echter Schmerz. »Entschuldige. Ich wollte dich nicht verletzen. Weder jetzt noch vorhin im Studio.«
Ebenso sanft machte sie sich los. »Ich weiß.« Das Sirenengeheul war inzwischen ohrenbetäubend, und die ersten Polizeiwagen bogen in die Straße ein. »Die Kavallerie ist da.«
Nun, da die Gefahr vorbei zu sein schien, öffneten sich hier und da einige Fenster in der Nachbarschaft, und die Leute sahen heraus. Zwei Streifenwagen mit blitzenden Lichtern kamen neben Mias Alfa zum Stehen.
»Verdammter Mist«, knurrte sie, und Reeds Kopf fuhr herum, um die Gegend azusuchen. Aber alles, was er sah, waren Glassplitter und eine sich sammelnde Menschenmenge.
»Was ist denn?«
Sie deutete auf einen der Streifenwagen. Neben dem Vorderrad lagen die Überreste von Laurens Schüssel. »Jetzt muss ich doch wieder Pop-Tarts essen.«
Er konnte nicht anders. Er musste lachen.
Mittwoch, 29. November, 6.00 Uhr
Er hatte gut geschlafen und sein Hirn funktionierte wieder so effizient, wie es sollte. Er hatte überall nach Young gesucht, dem nächsten Namen auf seiner mentalen Liste. Es gab vier Youngs. Einer hatte es gewusst, war aber nur ein feiger Schlappschwanz gewesen. Er würde nicht gar so schmerzvoll sterben. Zwei hatten es gewusst und weggesehen. Ihr Ende würde qualvoll sein. Aber der letzte hatte schlimmes Leiden verursacht. Er hatte Shane getötet
. Er wird sich tausendmal wünschen, tot zu sein, bevor ich mit ihm fertig bin.
Bisher hatte er keinen einzigen Young ausfindig machen können. Bisher.
Im Grunde war es unfassbar, wie er ihm bisher entgangen sein konnte. Der, den er suchte, verkaufte Immobilien. Makler ließen ihre Namen fett auf Plakate und Schilder drucken, aber er hatte ihn auf der Website der ehemaligen Highschool-Schüler gefunden. Tyler Young wohnte nun in Indianapolis. Seine dortige Adresse in Erfahrung zu bringen, würde ein Kinderspiel werden. Er würde heute Abend die Doughertys erledigen und dann nach Süden reisen.
Aber die anderen Youngs musste er auch noch finden. Wenn es sein musste, würde er zurückkehren. Er wollte nicht, aber falls ihm nichts anderes übrigblieb … Er hatte sich schon so vielen Geistern gestellt. Was bedeutete schon einer mehr?
Allerdings handelte es sich in diesem Fall nicht um irgend-einen Geist. Es war Shanes. Und sein eigener.
Mittwoch, 29. November, 7.25 Uhr
Mia wartete am Straßenrand, als Solliday seinen Wagen heranfuhr. Er lehnte sich zur Seite, um ihr die Tür zu öffnen. »Du siehst gruselig aus.«
Sie faltete den Kleidersack, den sie über der Schulter getragen hatte, einmal in der Mitte zusammen und warf ihn auf den Rücksitz. Ihr Kopf tat weh, ihre Schulter brannte höllisch, und ihre gesamte rechte Seite war mit blauen Flecken übersät. »Dir auch einen wunderschönen guten Morgen«, brummte sie, als sie sich anschnallte.
»Hast du wenigstens ein bisschen geschlafen?«
»Ja.« Vielleicht im Ganzen eine Stunde. In Zeitspannen von jeweils ein paar Minuten. Es war normal, dass man nach einem Adrenalinschub, wie sie ihn erlebt hatte, nicht besonders ruhig schlief. Aber immer wenn sie aufgeschreckt war, fielen ihr nicht zuerst die Schüsse und das splitternde Glas ein, sondern sein Körper, der, hart und erregt, auf ihrem gelegen hatte. Und sobald sie aufwachte, hatte sie neben sich nach ihm getastet. Das war das Ärgerlichste. »Und du?«
»Ein bisschen. Meinst du, wir könnten zu Spinnellis Acht-Uhr-Meeting ein wenig zu spät kommen?«
Sie musterte ihn misstrauisch. »Wieso?«
Er blickte beiseite, aber sie hatte schon gesehen, dass seine Wangen sich röteten, und plötzlich wurde es im Wageninneren zu warm. Auch er erinnerte sich an die vergangene Nacht. Und daran, dass es gegen die Vorschriften verstieß, wenn sich Partner außerhalb der Arbeit näherkamen. Weshalb genau das nicht passieren würde.
»Ich habe mir das Band gestern Nacht noch angesehen. Bei dem Amateurfilm brüllt der Typ mit der Kamera jemanden an, vom Feuer wegzubleiben und hinter ihn
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