Heiss Glüht Mein Hass
Schlitze. »Mia. Was sollte das?«
Mia schürzte die Lippen. »Ich … ich kann das erklären.«
»Und ob Sie das werden«, fauchte Spinnelli. »In zehn Minuten in meinem Konferenzraum. Und kommen Sie ja pünktlich.«
Mia sah ihm nach und schaffte es, nicht das Gesicht zu verziehen. Solliday starrte sie noch immer wütend an. »Tut mir leid«, sagte sie. »Das wird nicht wieder vorkommen.«
»Um es mit den Worten deines Vorgesetzten zu sagen – und ob es das nicht wird.« Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging davon.
»Verdammt.« Aber Mia war sich nicht sicher, über wen sie fluchte. Wahrscheinlich über sich selbst.
Schließlich folgte sie den Männern ins Polizeigebäude.
Mittwoch. 29. November, 10.45 Uhr
A lle Blicke wandten sich ihr zu, als sie den Konferenzraum betrat. Spinnelli, Jack, Miles. Und Solliday. Sie setzte sich neben Jack. Ihr lag ein Stein im Magen.
»Ist die Frau aus dem Nachrichtenvideo aufgetaucht?«, bellte Spinnelli, ohne sich mit einer Begrüßungsformel aufzuhalten.
Solliday räusperte sich. »Nein. Mia dachte, sie hätte jemanden gesehen, den sie kannte, aber es stellte sich heraus, dass es sich nicht um die Frau aus den Nachrichten handelte. Wir haben inzwischen noch ein weiteres Amateurvideo, das gestern Abend gemacht wurde. Wir hoffen, darüber weitere Hinweise zu finden.«
Er deckte sie. Mia biss sich in die Wange. Obwohl er sehr wütend gewesen war, deckte er sie jetzt. Er benahm sich wie ein Partner.
Was man von mir bisher nicht behaupten kann.
Spinnelli war nicht so leicht zu besänftigen. »Mia verlässt das Podium allein und ohne ihre Absichten deutlich zu machen und verschwindet, weil sie
glaubt,
jemanden zu erkennen?« Er verengte die Augen. »Das nehme ich Ihnen nicht ab. Um was ging es hier, Mia?«
Mia begegnete Spinnellis hartem Blick und verschränkte die Finger. »Es war etwas Privates.«
Spinnellis Augen waren fast nicht mehr zu sehen. »Nun, das Private ist aber soeben öffentlich geworden. Dank Ihres Verhaltens. Also – wen haben Sie gesehen?«
Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Jetzt erfahren es alle. »Ich weiß nicht, wie sie heißt. Ich habe sie vor drei Wochen zum ersten Mal gesehen. In den vergangenen Tagen ist sie immer wieder plötzlich aufgetaucht. Und heute wieder.«
Spinnelli riss die Augen auf. »Sie werden verfolgt?«
»Sieht so aus.« Mia schluckte, aber die bittere Galle brannte dennoch in ihrer Kehle.
»Und was will diese Frau?«, fragte Solliday sehr leise.
»Weiß ich nicht. Sie sieht mich nur an. Und läuft dann weg, bevor ich sie fragen kann.«
»Heute hat sie dich gegrüßt«, sagte Solliday. Sie sah es vor ihrem inneren Auge. Der angedeutete Gruß, das widerstrebende Lächeln. »Ich weiß.«
Miles lehnte sich zurück. »Sie wissen durchaus, wer sie ist.«
»Ich
glaube
zu wissen, wer sie ist. Aber die Sache hängt nicht mit unserem Fall zusammen, Sir.«
Spinnelli schob den Unterkiefer zur Seite. »Nun, sie verfolgt Sie, und letzte Nacht wurde auf Sie geschossen.«
Mia schüttelte den Kopf. »Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Gestern, das war Getts.«
Spinnelli beugte sich vor. »Das ist doch gar nicht sicher. Also, Mia – wir hören.«
Das war keine freundliche Aufforderung, sondern ein Befehl. »Also gut. Am Tag, an dem mein Vater beerdigt wurde, fand ich heraus, dass er einen Sohn mit … mit einer Frau hatte, die nicht meine Mutter war. Der Junge liegt im Grab direkt neben ihm. Die Frau, die mich verfolgt, war ebenfalls bei der Beerdigung. Sie sieht genauso aus wie mein Vater.« Sie hob das Kinn. »Ich vermute, dass auch sie seine Tochter ist.«
Ein unbehagliches Schweigen senkte sich über die Anwesenden. Dann streckte Jack die Hand aus und legte sie über ihre. Sie hatte nicht bemerkt, wie eiskalt sie waren, bis Jacks Wärme zu ihr durchdrang. »Du renkst dir noch die Finger aus«, murmelte er, während er sie mit etwas Druck dazu brachte, die Hände zu lösen.
Spinnelli räusperte sich. »Sie haben offensichtlich nichts von diesen … Geschwistern gewusst.«
»Nein, Sir. Aber das ist gar nicht so wichtig. Tatsache bleibt, dass ich mich aus persönlichen Gründen von einem wichtigen Fall habe ablenken lassen. Ich werde die Konsequenzen natürlich tragen.«
Spinnelli starrte sie einen Moment lang hart an, dann stieß er geräuschvoll die Luft aus. »Alle raus. Mia, Sie bleiben.« Stühle scharrten, als Miles, Solliday und Jack sich erhoben.
Als die Tür zu war, schloss sie die Augen.
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