Heiß verführt in einer Wüstennacht (Julia) (German Edition)
Sie trug keinen Helm und ist ihren schweren Kopfverletzungen erlegen. Dazu kam, dass sie im dritten Monat schwanger war.“
„Das ist ja … schrecklich!“, stammelte Iseult.
„Nadim hätte hier damals fast alles hingeworfen“, fuhr Jamilah fort. Er war kurz davor, das ganze Gestüt zu verkaufen. Erst vor etwa zwei Jahren hat er wieder angefangen, sich eine Zucht aufzubauen. Naja, jetzt verstehst du vielleicht auch, warum er so wütend war.“
Iseult biss sich auf die Unterlippe. Ein Gefühl von grenzenloser Eifersucht überkam sie, darüber, wie sehr er seine Frau geliebt haben musste. „Das wusste ich nicht.“
Jamilah nickte. „Ich habe bemerkt, dass Nadim und du euch ziemlich nahe gekommen seid“, erklärte sie ohne jede Vorwarnung.
Iseults Gesicht verfärbte sich dunkelrot, doch Jamilah fuhr freundlich fort: „Es war mir vom ersten Moment an klar, als Nadim darauf bestanden hat, dich und Devil’s Kiss vom Flughafen abzuholen.“ Sie lächelte etwas schief. „Und während ich gerade draußen gewartet habe … es gab da eine ziemlich lange Pause, in der ihr euch nicht angeschrien habt. In der überhaupt keine Worte gefallen sind. Und dazu kommt, dass ansonsten niemand Nadim Widerworte geben darf …“
Iseult errötete nur noch stärker.
Doch plötzlich legte sich ein Schatten auf Jamilahs hübsches Gesicht. „Sei bloß vorsichtig. Die Al-Saqr-Männer sind hartnäckige Verehrer. Aber genauso hartnäckig sind sie, wenn sie dich wieder loswerden wollen.“
„Wie meinst du das? Warst du …?“
„Nein, Nadim und ich waren nie ein Paar.“ Sie atmete tief durch. „Ich war mit Salman zusammen, Nadims jüngerem Bruder. Mehr möchte ich dazu jetzt nicht sagen.“ Sie lächelte wieder etwas schief, und dann drückte sie Iseult plötzlich an sich. Die beiden Frauen umarmten sich freundschaftlich, und Iseult bemerkte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie hatte nie eine beste Freundin gehabt, nie jemanden, dem sie sich wirklich anvertrauen konnte. Und nun bekam sie auf einmal so viel Wärme und Vertrauen von einer fast fremden Frau.
Den restlichen Nachmittag und Abend verbrachte Iseult in ihrem Apartment. Ihre Gefühle waren den ganzen Tag über Achterbahn gefahren, und sie brauchte jetzt einfach etwas Zeit für sich. So saß sie nachdenklich auf der kleinen Fensterbank in ihrem Schlafzimmer und sah sehnsüchtig zum Palast herüber. Sie bekam eine Gänsehaut. Als Nadim sie vorhin geküsst hatte, da hatte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben als richtige Frau gefühlt.
Nein, nicht ganz. Einmal zuvor schon hatte sie sich weiblich und sinnlich gefühlt. Doch die Erinnerung daran war schmerzlich und immer noch verletzend.
Ohne dass sie darüber nachdenken wollte, kamen ihr die Bilder von ihrem Abschlussball wieder ins Gedächtnis.
Iseult hatte damals nicht erwartet, dass irgendjemand sie fragen würde, ob sie mit ihm dorthin ginge. Denn sie hatte nur die Arbeit auf dem Hof gekannt, hatte keine Freundinnen, keine Kontakte zu anderen Jugendlichen. Und sie hatte sich natürlich auch nicht geschminkt, schicke Klamotten besessen oder sich gar für Jungs interessiert.
Umso glücklicher war sie gewesen, als sie ausgerechnet der coolste Junge der Schule gefragt hatte, ob sie mit ihm zum Ball gehen wollte. Sie war so überrascht und glücklich gewesen, dass sie gar nicht an der Ernsthaftigkeit seines Vorschlags gezweifelt hatte.
Wie eine Verrückte hatte sie die paar Tage, die sie bis zum Ball noch Zeit gehabt hatte, daran gearbeitet, ein altes Abendkleid ihrer Mutter umzuändern. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob es wirklich der aktuellen Mode entsprach. Doch als ihre kleine Schwester ihr sagte, sie sähe aus wie eine Prinzessin, da war Iseult einfach nur stolz gewesen.
Der Junge, Luke Gallagher, hatte sich mit ihr vor dem Rathaus verabredet. Dort wollte er sie gegen 7 Uhr abends abholen. Ihr Dad fuhr Iseult dorthin, ebenfalls stolz, dass seine älteste Tochter nun ihre erste Verabredung haben würde.
Und da stand Iseult nun. Ohne einen Cent in der Tasche und in einem selbst genähten Abendkleid. Fast jeder, der vorbeikam, kannte das dünne, junge Mädchen und jeder sah ihr auf den ersten Blick an, dass sie auf eine Verabredung wartete.
Nur – dass diese Verabredung nicht auftauchte.
Iseult wartete eine halbe Stunde.
Sie wartete eine ganze Stunde.
Schließlich begann es zu regnen, und sie wurde tropfnass.
Da sah sie ein, dass aus der Verabredung zum Ball wohl nichts mehr werden
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