Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heiss wie der Sommer

Heiss wie der Sommer

Titel: Heiss wie der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
Vom Netzwerk:
zur Seite und öffnete die Tür. Ein Junge kauerte zwischen Toilette und Waschbecken und sah ihn mit einer Mischung aus Aufsässigkeit und blanker Angst an. Er trug einen langen schwarzen Mantel, als wollte er sagen, dass die Hitze ihm nichts anhaben konnte. In der rechten Augenbraue trug er drei silberne Ringe, die Ohrläppchen und die Unterlippe waren ebenfalls gepierct. Die auf den Hals tätowierte Spinne rundete das düstere Bild ab.
    Tyler zuckte innerlich zusammen, als er sich vorstellte, mit wie vielen Nadeln dieser Junge sich hatte freiwillig stechen lassen. Er stellte sich so in die Tür, dass es für den Eindringling kein Entkommen gab, sofern er nicht versuchen wollte, sich durch das Oberlicht über dem Wasserkasten der Toilette zu zwängen. Der Junge schaute tatsächlich nach oben, war aber schlau genug, um zu erkennen, dass dieser Fluchtweg ihm nicht weiterhalf.
    „Ich hab niemandem was getan“, erklärte er und sah zu Kit Carson, der beharrlich versuchte, sich zwischen Türrahmen und Tylers linkem Bein durchzuzwängen, um ins Bad zu gelangen. „Ist der bissig?“
    „Kommt drauf an“, gab Tyler zurück. „Wie heißt du?“
    Der Junge runzelte die Stirn. „Ob er bissig ist oder nicht, hängt davon ab, wie ich
heiße
?“
    Tyler musste sich ein Grinsen verkneifen. Wenn man von den Piercings und der Tätowierung absah, waren sie beide sich durchaus ähnlich. „Nein, es hängt davon ab, ob du aufhörst, den Klugscheißer zu spielen, und mir sagst, wer du bist und was du in meinem Haus zu suchen hast.“
    „Das ist ein
Haus
? Sieht für mich mehr wie ein Hühnerstall aus.“
    Er hörte Dylan lachen. Nach den Geräuschen zu urteilen, hatte sein Bruder das Gepäck abgestellt und damit begonnen, die Pumpe am Spülbecken zu bedienen.
    „Okay, Brutus“, sagte Tyler und sah den Hund an. „Fass!“
    Kit Carson schaute ihn an, als überlege er, wer denn wohl Brutus sein sollte.
    „Davie McCullough!“, rief der Junge, sprang auf und drückte sich gegen die mit alten Katalogseiten tapezierte Wand. „Okay? Mein Name ist
Davie McCullough
!“
    „Ganz ruhig, Davie“, entgegnete Tyler. „Der Hund tut keinem was, und ich auch nicht.“
    Aber irgendwer hatte dem Jungen etwas getan. Jetzt, da die Sonne durch das Oberlicht auf sein Gesicht fiel, bemerkte Tyler die Prellungen an seinem Kiefer, die bereits verblassten.
    Wieder zuckte Tyler innerlich zusammen. Entweder war Davie McCullough mit Gleichaltrigen aneinandergeraten, oder aber ein Erwachsener hatte ihn verprügelt. Da sein eigener Vater Trinker gewesen war, neigte Tyler zur zweiten Theorie.
    „Was ist mit deinem Gesicht passiert?“, fragte Dylan, als Davie an Tyler und dem Hund vorbei aus dem Badezimmer kam, während er ein paar Holzscheite in den Ofen legte, um Kaffee zu kochen.
    Davie blieb zu allen auf Abstand, was in der beengten Hütte schon einem kleinen Kunststück gleichkam.
    „Wollen Sie bei der Hitze tatsächlich ein Feuer machen?“, gab Davie zurück.
    „Ich habe zuerst gefragt.“ Mit einem lauten Knall stellte Dylan die verbeulte Kaffeekanne auf den Ofen.
    Der Junge zog die Augenbrauen zusammen. Mit dem aufbrausenden Temperament, dachte Tyler amüsiert, hätte er eigentlich ein Creed sein müssen. „Der Freund meiner Mom war nicht gut drauf“, sagte er und gab sich sogar in seiner eigentlich unterlegenen Position mürrisch und aufsässig. „Okay?“
    Tyler verspürte Mitleid mit ihm – und den Wunsch, diesem Freund einen Besuch abzustatten und ihn zu fragen, ob er nicht nur bei schmächtigen Jungs, sondern auch bei einem erwachsenen Mann die Muskeln spielen lassen würde.
    „Okay“, lenkte Dylan ein, zog aus einer der Einkaufstaschen ein Päckchen Schokoladenkekse heraus und warf es Davie zu, der die Packung sofort aufriss und sich bediente.
    „Ich habe das Dosenfleisch gegessen, das da im Regal stand“, erklärte er, wobei ihm einige Krümel aus dem Mund fielen. „Viel zu essen haben Sie ja nicht hier.“
    „McCullough“, überlegte Tyler und verkniff sich diesmal nicht sein Grinsen. „Ich glaube nicht, dass ich den Namen in Stillwater Springs schon mal gehört habe. Bist du neu hier?“
    Davie zögerte und war sichtlich hin- und hergerissen, ob er die Gelegenheit nutzen und weglaufen sollte. Dylan hatte die Eingangstür offen gelassen, damit die vom Ofen ausgehende Hitze entweichen konnte. Andererseits würde eine Flucht ihm nichts bringen; er wusste nicht, wohin er dann gehen sollte. Schließlich zog er einen der vier

Weitere Kostenlose Bücher