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Heiss wie der Sommer

Heiss wie der Sommer

Titel: Heiss wie der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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stellte sich vor den Mann.
    Doreen hatte schon immer eine Schwäche für tätowierte Männer gehabt. Vielleicht war das auch die Erklärung, wieso sie sich manchmal mit dreihundert Pfund schweren, ungepflegten Kerlen einließ, zu denen auch sein Gegenüber gehörte.
    Roys bösartige kleine Schweinsaugen wurden ein bisschen größer. Vermutlich war er so auf Davie konzentriert gewesen, dass er Tyler gar nicht bemerkt hatte.
    Jetzt musterte er ihn mit einer gewissen streitsüchtigen Zurückhaltung.
    „Wer sind Sie denn?“
    „Er heißt Tyler Creed, Roy“, meldete sich der unüberhörbar eingeschüchterte Davie zu Wort. „Wir haben nur geredet. Er wollte mir nichts tu…“
    Tyler hob eine Hand, damit der Junge den Mund hielt.
    Roy, der einen Kopf kleiner war, sah nach oben in Tylers Gesicht. „Ein Creed, wie?“, sagte er. „Von
der
Truppe hab ich schon genug gehört.“
    Tyler verschränkte die Arme vor der Brust und wartete schweigend ab.
    Sein Gegenüber machte einen leichten Rückzieher. „Hören Sie, ich bin nur hergekommen, um den Jungen abzuholen. Kein Grund, irgendwelchen Ärger zu machen.“
    „Der Junge geht nirgendwohin“, konterte Tyler. „Jedenfalls nicht im Augenblick.“
    Es gefiel Roy nicht, Widerworte zu hören. Wie alle Schlägertypen war er es gewöhnt, dass er nur den starken Mann markieren musste, damit alles so lief, wie er es wollte. Aber selbst Kerle, die immer nur den starken Mann markierten, gerieten irgendwann unweigerlich an jemanden, der stärker war als sie.
    „Ich sagte, ich will keinen Ärger“, wiederholte Roy noch etwas sanftmütiger. „Ich will bloß den Jungen nach Hause mitnehmen, wo er hingehört.“
    „Wir haben noch nicht entschieden, wo er hingehört“, gab Tyler genauso sanftmütig zurück, ließ aber einen warnenden Unterton einfließen. „Im Moment bleibt er auf jeden Fall erst einmal hier, so viel steht fest. Und Sie werden die Finger von ihm lassen.“
    Roys Hals nahm eine leichte Rotfärbung an, obwohl man eigentlich kaum von einem Hals reden konnte, saß der bullige Kopf doch direkt auf den Schultern auf. „Sind Sie auf eine Schlägerei aus, Cowboy?“, fragte er und ballte drohend eine Faust.
    „Nein“, antwortete Tyler. „Aber ich werde auch nicht die Flucht antreten, wenn es zu einer Schlägerei kommt.“
    Das Rot weitete sich auf Roys Gesicht aus.
    Offenbar hatte Doreen es aufgegeben, ihren Männern beizubringen, wie man mit einer Frau umging. Und dieser Typ hatte keine Ahnung, wie man mit
irgendeinem
anderen Menschen umging.
    Roy rieb sich über sein unrasiertes Kinn und kniff nachdenklich die Augen zusammen. Denken, so überlegte Tyler, bereitete dem Kerl offenbar Kopfschmerzen, weshalb er es wohl nach Möglichkeit lieber ganz mied.
    „Sie haben mit Jim Huntinghorse gesprochen“, spekulierte Roy herablassend und warf Davie einen giftigen Blick zu. „Der Junge lügt. Er hat von mir noch nie irgendwas gekriegt, was er nicht auch verdient hätte.“
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Tyler Doreen, die um einen der vielen Einarmigen Banditen am Rand des Restaurants herumspähte. Einerseits tat sie ihm leid. Andererseits jedoch war er wütend auf sie, dass sie nicht auf die Idee kam, sich schützend vor ihr Kind zu stellen. Sie hatte nie einen Cent in der Tasche gehabt, aber sie war mal eine beseelte Frau gewesen, die nach ihren eigenen Regeln lebte und sich dabei nicht bloß durchs Leben schlug, sondern regelrecht aufblühte. Sie ließ sich zu einer Zeit tätowieren, als das für Frauen noch nicht selbstverständlich und erst recht keine Modeerscheinung war. Sie hatte sich mit Motorradgangs und Rockbands herumgetrieben, und sie hatte ihm beigebracht, wie er seine Finger und Zunge einsetzen musste. Als hätte sie ihn in dieses geheime Wissen eingeweiht, mit dem er bei den Frauen besonders gut ankam.
    Was zum Teufel war ihr nur widerfahren?
    Vermutlich das, was auch seiner Mutter widerfahren war. Das Leben hatte sie besiegt. Es hatte ihr zu viele Tiefschläge verpasst und eine Enttäuschung zu viel bereitet.
    Roy muss ihr wohl als die letzte Rettung aus ihrer Misere vorgekommen sein.
    Na, wenn
das
nicht deprimierend war!
    „Komm jetzt“, herrschte Roy Davie an und winkte ihn zu sich.
    Der Junge wollte aufstehen, doch als er Tylers Blick bemerkte, setzte er sich wieder hin.
    „Ich sagte bereits: Er geht nirgendwohin!“, betonte Tyler.
    „Ich sollte Ihnen die Fresse polieren“, knurrte Roy ihn an.
    „Sie können es gern versuchen“, gab Tyler

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