Heiss wie der Sommer
Hund liebevoll.
Einige Stunden nach seiner Heimkehr war er zu der Erkenntnis gelangt, dass der Austausch von ein paar Holzbrettern auf der Veranda nicht annähernd so problemlos zu erledigen war, wie er sich das vorgestellt hatte. Gegen Mittag näherte sich auf einmal ein alter schwarz-brauner Buick der Hütte und zog eine große Staubfahne hinter sich her.
Tyler richtete seinen nackten Oberkörper auf – das Sägen und Hämmern war an einem so sonnigen Tag eine schweißtreibende Angelegenheit – und blickte dem Besucher entgegen. Er fragte sich, wer wohl bei ihm vorbeikam.
Die Antwort erhielt er nur kurz darauf.
Doreen stieg aus dem verbeulten Buick aus, sie trug ihre Kellnerinnenkleidung und das Namensschild vom Kasino. Als sie näher kam, konnte er sehen, dass sie an diesem Tag mit dem Make-up besonders verschwenderisch umgegangen war.
„Ist Davie da?“, fragte sie, als sie gut zehn Meter von ihm entfernt stehen blieb und dabei den armen alten Kit Carson musterte, als könnte der sie jeden Moment anspringen und ihr den Kopf abbeißen. Doreen war mit Motorradgangs und Rockbands unterwegs gewesen, und jetzt hatte sie Angst vor einem Hund wie Kit Carson?
Andererseits hatte die Doreen von heute vor einigen Dingen Angst.
Tyler legte den Hammer zur Seite und zog sein T-Shirt an. Damals hatte er mit dieser Frau traumhaften, wilden Sex gehabt, doch jetzt kam es ihm verkehrt vor, ihr halbnackt gegenüberzustehen.
„Nein“, antwortete er. „Dylan und Logan sind mit ihm in die Berge geritten.“
Sekundenlang kaute Doreen auf ihrer Unterlippe, während Tyler sich fragte, ob Roy sie wohl gestern Abend oder heute Morgen verprügelt hatte. Das würde ihre Kriegsbemalung erklären. Aber vielleicht trug sie die Schminke auch nur so dick auf, weil sie so auf bessere Trinkgelder hoffte.
„Geht es ihm gut?“, wollte sie schließlich wissen.
„Ja, es geht ihm gut“, sagte er und kam näher, weil er sie genauer betrachten wollte. Als er ihr Gesicht aus nächster Nähe sah, begann sein Blut zu kochen. Sanft, aber entschieden fasste er Doreens Kinn und erklärte: „Das Make-up nützt nichts, Doreen. Die blauen Flecken kann ich deutlich erkennen.“
„Ist schon gut, Tyler“, gab sie zurück. „Roy ist eingeschlafen, bevor er Schlimmeres anrichten konnte.“
„Für mich sieht das so aus, als hätte er bereits genug angerichtet.“ Tyler ärgerte nicht nur, dass Roy Doreen schlug. Fast genauso wütend machte es ihn, dass Doreen sich eine solche Behandlung gefallen ließ. „Wann wirst du diesen Drecksack endlich verlassen, Doreen? Wie lange willst du dir noch gefallen lassen, wie er mit dir und Davie umspringt?“
„Du verstehst das nicht“, sagte sie und schien in sich zusammenzuschrumpfen, eine Verhaltensweise, die er früher nicht von ihr kannte und die sie an ihren Sohn weitergegeben hatte.
Tyler ließ seine Hand sinken und schüttelte fassungslos den Kopf. „Oh, ich verstehe das sehr gut. Du wirst ihn so lange auf dich einprügeln lassen, bis er dich irgendwann umbringt.“
Sie wich einen Schritt vor ihm zurück, kramte in ihrer Handtasche und drückte ihm schließlich einige Papiere in die Hand.
„Was ist das?“, fragte er. Offenbar war heute der Tag des Papierkrams. Erst Logan, jetzt sie.
„Ich habe gelogen“, bekannte sie mit zitternder Stimme. „Davie
ist
dein Sohn. Roy sagt, wenn Davie bei dir leben soll, dann brauchen wir irgendeine Form von Entschädigung. Darum hat er von einem Bekannten in einer Kanzlei in Choteau diese Vereinbarung aufsetzen lassen.“
„Entschädigung?“, wiederholte Tyler, der noch immer die Neuigkeit zu verarbeiten versuchte, dass er nun doch der Vater ihres Jungen sein sollte. Als Doreen ihm die Geschichte von dem Trucker aufgetischt hatte, den sie angeblich „aufgemuntert“ haben wollte, da konnte er ihr das nicht so recht abnehmen. Aber was sie ihm nun erzählte, glaubte er ihr auch nicht.
„Wir wollen hunderttausend Dollar haben“, erklärte sie mit allem Mut, den sie aufbringen konnte. Ihre Wangen waren gerötet, und ihr standen Tränen in den Augen. „Roy hat im Internet nach deinem Namen gesucht und gesehen, dass du mit den Rodeos und deinen Stunts wohl ziemlich gut verdient hast. Genau genommen, bist du sogar stinkreich.“
„Und weil ich Geld habe, ist Davie auf einmal mein Sohn?“, gab er mit einem warnenden Unterton zurück.
Doreen machte große Augen und ging noch einige Schritte nach hinten, während Kit Carson zu einem tiefen, kehligen
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