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Heiss wie der Sommer

Heiss wie der Sommer

Titel: Heiss wie der Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Wimmern ansetzte. „Du kannst hunderttausend erübrigen“, beharrte sie.
    „Und
du“
, konterte er kühl, „kannst offenbar Davie erübrigen. Vorausgesetzt, deine Behauptung stimmt.“
    Sie schluckte schwer. „Du kannst einen Bluttest machen lassen oder was man heute alles macht. Du wirst sehen, dass ich die Wahrheit sage.“
    Dass ihre Behauptung gelogen war, wusste er längst. Er hatte genug gepokert, mit Amateuren genauso wie mit Profis, und er erkannte, wenn jemand verzweifelt zu bluffen versuchte.
    „Du weißt gar nicht, wer Davies leiblicher Vater ist, nicht wahr, Doreen? Roy hat dich dazu angestiftet, weil er Geld gewittert hat.“
    „Dir wird das Geld nicht fehlen“, sagte sie, aber sosehr sie auch versuchte, sich kühl und selbstbewusst zu geben, sah er ihr doch an, dass sie sich vor Scham am liebsten unter dem nächsten Stein verkrochen hätte.
    „Darum geht es nicht“, widersprach Tyler ihr, „sondern darum, dass du mir dein Kind
verkaufen
willst.“
    „Bei dir wäre er besser aufgehoben.“
    „Er wäre bei mir so gut aufgehoben wie bei jedem anderen: besser als bei euch“, hielt Tyler ihr vor. Ihr Verhalten widerte ihn an. „Ich weiß, du hast schwere Zeiten durchgemacht, Doreen, und das will ich auch gar nicht in Abrede stellen. Aber wie kannst du nur
deinen eigenen Sohn verkaufen
wollen?“
    „Davie hätte bessere Chancen, wenn er bei dir bleibt“, antwortete sie, wirkte auf ihn aber nach wie vor wie ein Häufchen Elend. „Ich weiß, Roy würde ihm doch wieder wehtun. Und so könnten Roy und ich irgendwo weit weg von hier ganz von vorn anfangen.“
    „Du willst nicht nur deinen Sohn verkaufen, du willst auch noch ganz aus seinem Leben verschwinden? Nach dem Motto: ‚Es war ganz nett, aber jetzt muss ich weiter‘?“ Tyler wusste, dass seine Wut auf Doreen weniger mit dem Jungen zu tun hatte als vielmehr damit, wie er selbst großgezogen worden war, doch das änderte nichts an dieser Situation. „Doreen, wie kannst du nur?“
    „Lies die Papiere durch“, sagte sie und hob das Kinn in dem Bemühen, trotzig zu wirken. „Du unterschreibst sie, stellst mir einen Scheck aus, und dann ist die Sache aus der Welt. Von da an ist Davie dein Sohn.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging zu dem ramponierten alten Buick zurück, mit dem sie hergekommen war.
    Tyler packte ihren Arm und drehte sie zu sich herum, machte sich diesmal aber nicht die Mühe, sie behutsam anzufassen.
    „Du kennst mich doch überhaupt nicht, Doreen!“, fauchte er sie an. „Woher willst du wissen, dass ich Davie nicht nächste Woche einfach aus dem Haus werfe? Oder dass ich ihn so wie Roy verprügele? Ich bin ein
Creed
, oder hast du das schon vergessen? Du lebst lange genug in Stillwater Springs, um zu wissen, was das bedeutet.“
    Doreen entzog ihren Arm seinem Griff, hob wieder trotzig das Kinn und sah ihm in die Augen. In dem Moment wurde ihm bewusst, dass es ihr vor allem anderen darum ging, Davie in Sicherheit zu bringen. Wenn sie dabei auch noch hunderttausend Dollar einstreichen konnte, war das natürlich nicht zu verachten – aber eigentlich ging es ihr nicht um das Geld. Wie ein Muttertier versuchte sie, den Jäger – Roy – so weit wie möglich von seiner Beute wegzulocken.
    „Doreen“, sagte Tyler. „Tu das nicht. Wir finden eine andere Lösung.“
    „Es
gibt
keine andere Lösung, Tyler. Meinst du, ich habe mir nicht den Kopf zerbrochen, um einen anderen Ausweg zu finden?“ Sie hielt inne und schluckte. „Ich brauche bis morgen deine Antwort“, erklärte sie dann und stieg in den Wagen ein.
    Tyler faltete die Papiere zusammen und steckte sie in die Gesäßtasche, dann stützte er sich auf das offene Wagenfenster. „Angenommen, ich bin damit einverstanden, womit ich nicht sagen will,
dass
ich zustimmen werde … Was wirst du dann Davie sagen?“
    Eine Träne lief ihr über die Wange und hinterließ eine deutlich sichtbare Spur in dem Zuviel an Schminke, mit dem sie ihre blauen Flecken verdecken wollte. „‚Lebewohl‘“, brachte sie mit Mühe heraus. „‚Leb wohl!‘ würde ich zu ihm sagen.“
    Mit diesen Worten legte sie den Rückwärtsgang ein, um zu wenden, sodass Tyler einen Satz nach hinten machen musste, wenn er sich nicht die Zehen platt fahren lassen wollte.
    Die Hinterreifen wirbelten Staub und Kieselsteine auf, während sie mit zu viel Gas zurücksetzte und dann abfuhr.
    Lange nachdem der Wagen außer Sichtweite geraten war, stand Tyler immer noch da, sah zu, wie sich

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