Heiss wie der Sommer
Moment später fügte sie hinzu. „Ich mag das, wenn du albern bist. Meistens bist du viel zu ernst.“
„Ganz meine Meinung“, warf Hal ein.
„Okay“, gab Lily zurück. „Dann werde ich von jetzt an versuchen, öfter albern zu sein.“
Sie lehnte sich nach hinten und schloss die Augen.
Während des Starts hielt Tess ihre Hand, aber es war nicht klar, ob sie selbst Trost suchte oder ob sie Lily Trost spenden wollte.
Als sie endlich in Chicago ankamen, wurde Lily schnell bewusst, dass sie vorerst nicht so albern würde sein können, wie es ihrem Dad und Tess lieb gewesen wäre. Denn trotz der vorgerückten Stunde stand die aristokratisch wirkende und makellos gekleidete Eloise neben ihrem Chauffeur und empfing die drei, als sie den Flughafen verließen.
So viel zum Thema „Bis zum nächsten Morgen warten“, dachte Lily.
Tess war vom Flug übermüdet und quengelig. Sie sah Eloise, wollte aber nicht zu ihr gehen, sondern klammerte sich an Hals Hosenbein fest. „Ich bleibe nicht in Chicago“, verkündete sie ungefragt. „Ich fahre zurück nach Montana, dann heirate ich Tyler Creed und lebe mit ihm in einem Trailer.“
Eloise wurde kreidebleich und legte eine Hand auf ihr Herz.
„Sie ist sehr müde“, ging Lily dazwischen. Gleichzeitig wusste sie, dass sich Eloise nicht von dem abbringen ließ, was Tess von sich gegeben hatte.
„Wer ist Tyler Creed?“, wollte sie aufgebracht wissen.
„Wir werden morgen darüber reden“, wich Lily aus. Sie wusste nicht, ob sie sich darüber freuen oder ärgern sollte, dass Hal mit dem Chauffeur und Tess wegging, um ihr Gepäck zu holen.
„Ich will das
jetzt
wissen“, beharrte sie.
„Tja, Eloise“, erwiderte sie, so ruhig sie konnte. „Ich will es dir
jetzt
aber nicht sagen.“
„Ich
wusste
, so etwas würde passieren!“
„Morgen!“, wiederholte Lily erschöpft.
Zu Lilys Verwunderung gab Eloise tatsächlich auf. Das Gepäck war vollzählig, und während der Chauffeur den Wagen aus dem Parkhaus holte, standen Hal, Lily, Eloise und Tess schweigend am Straßenrand und vermieden es, einander anzusehen.
Vermutlich hatte Hal in der Zwischenzeit auf Tess eingeredet, damit sie nicht weiter von Tyler und Montana erzählte. Sie würde ihn danach fragen, sobald sie ihre Tochter ins Bett gebracht hatte.
Die Fahrt bis zu ihrer Wohnung kam ihr endlos vor. Als sie schließlich vor dem Haus anhielten, blieb Eloise im Wagen sitzen, während der Chauffeur das Gepäck aus dem Kofferraum holte und Lily, Hal und Tess auf dem Gehweg warteten.
„Ich werde morgen früh herkommen“, ließ Eloise sie wissen. „Und dann erwarte ich eine Erklärung.“
„Aber nicht zu früh, Eloise“, entgegnete Lily entschieden, aber nicht unhöflich. „Das war für uns alle ein langer Tag – auch für dich.“
Eloise erwiderte nichts. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, vor Wut zu kochen.
Lily kramte in ihrer Handtasche nach dem Wohnungsschlüssel, dann begrüßten sie Concierge Salvatore. Eloises Chauffeur stellte das Gepäck bei ihm ab und zog sich hastig zurück.
Als sie im Aufzug standen, ließ Lily den Kopf nach hinten sinken, schloss die Augen und sagte mit Nachdruck: „Ich will von
niemandem
ein Wort hören.“
Die Wohnung kam ihr fremd vor, als sie die Türschwelle überschritt und das Licht einschaltete. Alles wirkte wie seit einer Ewigkeit verlassen. Hinter der Tür türmte sich die Post.
Hal ging zum Fenster, zog die Vorhänge auf und bewunderte die Aussicht auf das Wasser, während sich Tess auf das Sofa plumpsen ließ, die Arme vor der Brust verschränkte und trotzig die Unterlippe vorschob.
„Nana ist sauer“, tat sie kund.
„Das trifft nicht nur auf Nana zu“, gab Lily zurück. „Und jetzt geh ins Bett.“
„Wir waren lange weg“, gab Tess zu bedenken, während sie aufstand und zur Tür schlenderte. „Was ist, wenn Läuse in meinem Bettzeug sind?“
„Da sind keine Läuse“, erwiderte Lily erschöpft.
„Es könnten aber welche da sein.“
„Gute Nacht, Tess“, drängte Lily.
„Ruf mich, wenn du dich umgezogen hast“, warf Hal ein. „Dann komme ich zu dir und decke dich zu.“
„Danke“, sagte Lily.
Im gleichen Moment, in dem Tess die Tür zuwarf, tauchte Salvatore auf.
Hal gab ihm ein Trinkgeld, während Lily seufzend einsah, dass sie sich mit ihrer Tochter unterhalten musste.
Als sie in Tess’ Zimmer kam, saß die mit versteinerter Miene auf ihrem Bett.
„Was ist denn los mit dir?“, fragte Lily mit aller Geduld, die sie
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