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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Deutschland glauben einfach alles, wenn ihnen von Rußland Schlechtes erzählt wird. Sie saugen Rußland ein wie Hasch. Rußland, das ist für die Deutschen das große Gift, ohne das sie nicht leben wollen, ja nicht leben können. Welch eine schiefe, langweilige Welt, wenn man sich in die Arme fallen und küssen würde! Das ist ein Fundament für Sie, Igor Antonowitsch. Darauf bauen Sie Ihre schreckliche Märchenstunde, und damit rutschen Sie auch in die deutsche Abwehr hinein. Das geht natürlich nicht so schnell wie Teetrinken oder Kinderzeugen … wir geben Ihnen für diesen Plan zwei Jahre Zeit.«
    »Das ist alles so verrückt. So total verrückt …«, murmelte Pjetkin. Es war, als begriffe er das alles gar nicht. Der Mann mit dem Kneifer faltete wieder die Hände über dem Magen wie ein Osterfestsänger.
    »Wir garantieren, daß Dunja Dimitrowna diese beiden Jahre in bester Pflege übersteht. Wir werden sie behandeln wie eine Orchidee im Treibhaus. Sehen Sie sich in Deutschland um, Genosse, in aller Ruhe. Wir wissen, der Ekel wird Ihnen hochsteigen, und Sie werden kotzen über diese Kapitalisten. Dann wird unser Kontaktmann zu Ihnen kommen, und wenn Sie sagen: In Ordnung, Genosse, ich mache mit … von diesem Tage an wird Dunja Dimitrowna Workuta verlassen, Chefärztin werden und auf Sie warten dürfen. Sie kann heimlich über die Tschechoslowakei zu Ihnen kommen. Was wollen Sie mehr? Vor allem aber: Sie bleiben Pjetkin für uns.«
    »Ein Agent. Ich, der Arzt Pjetkin, ein Spion! Was macht ihr nur mit mir?« Pjetkin setzte sich wieder. Ihm wurden die Knie weich. »Bin ich gar nichts wert?«
    »Sie verkennen wieder die Tatsachen, Igor Antonowitsch. Ich nenne Ihnen nur den Preis für Dunja. Es ist ein Geschäft. Sie sollten jubeln, daß wir Ihnen trotz aller Vorfälle noch ein Geschäft anbieten. Wir liefern Ihnen Dunja frei Haus – was wollen Sie denn noch mehr? Und kommen wir auf Ihren Konflikt mit sich selbst zurück. Wir wissen ganz genau: Trotz Ihres Antrages, Deutscher zu sein, der nach Deutschland will … im Herzen sind Sie Russe. Keiner zweifelt daran. Deshalb dürfen Sie auch nach Deutschland, oder glauben Sie, wir hätten Ihnen auch nur einen Schritt erlaubt, der von der Linie abweicht, wenn wir nicht die einmalige Möglichkeit sähen, Ihre Rückkehr nach Deutschland mit einem unbezahlbaren Dienst an Ihrem Vaterland, der Sowjetunion, zu verbinden? Vergessen Sie nie, Igor Antonowitsch: Dunja wartet auf Sie – Sie können sie bekommen! Ihr Vater war Oberst Pjetkin, ein Vaterländischer Held mit hohen Orden, dessen Name im Ehrenmal von Stalingrad eingemeißelt steht. Er wäre stolz auf seinen Sohn.«
    »Er starb hier im Kreml, unter der ›Kanone Zar Puschka‹, an gebrochenem Herzen.«
    »Alles ein Irrtum! Ein Fehler weniger Beamter. Sie wurden nach dem Tode des Obersten abgelöst. Damals war der Genosse Starobin noch nicht Leiter der Dienststelle. Heute ist alles anders.«
    Pjetkin nickte. Ihn schwindelte. Deutscher, Russe, Ausweisung, Vaterland, Arzt, Spion, Kriegsheld, Dunja frei, zwei Jahre nur, Kramer, Pjetkin … mein Gott, was bin ich denn? Was soll ich sein? Was darf ich sein?
    »Ich unterschreibe alles, Genosse, alles, wenn Dunja und ich heiraten dürfen«, sagte er. Seine Stimme klang, als werde sie außerhalb seines Körpers auf einem Klöppelinstrument erzeugt. »Wer aber garantiert mir …«
    »Ich. Und Starobin. Wenn Sie wollen, Breschnew selbst. Unser Ehrenwort – genügt das?« Der Mann mit dem Kneifer erhob sich. Jetzt erst sah man, daß er mittelgroß war und einen runden Rücken hatte. Sein Kopf reichte Pjetkin bis zum Kinn. Feierlich streckte er Pjetkin die Hand entgegen. »Das ist das einzige, was wir Ihnen anbieten können. Sie müssen es glauben.«
    »Ich will es. Nach einem Beweis.« Pjetkin ergriff die Hand und hielt sie fest. Es war ein Griff, der den Kneifer auf der Nase zittern ließ. »Dunja soll sofort entlassen werden und eine Stelle als Ärztin in einem Krankenhaus bekommen. Nicht in einem oder in zwei Jahren … jetzt, sofort.«
    Der Mann lächelte breit, aber verzerrt. Er entzog seine Hand dem Griff und schüttelte sie in der Luft, als sei sie halb abgerissen.
    »Der Genosse Starobin hat das von Ihnen erwartet. Alles ist bereits verfügt, Pjetkin. In vier Tagen verläßt Dunja Dimitrowna das Lager Workuta und tritt eine Stelle als Oberärztin im neuen Klinikum von Leningrad an. Zufrieden?«
    »Ich könnte Sie umarmen, Genosse«, stammelte Pjetkin. Die Realitäten

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