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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hand.
    »Er ist mein Begleiter. Mein Gehilfe, wenn Sie so wollen, Genosse. Die Gesundheitsbehörde in Chabarowsk hat die Zuteilung des Genossen Godunow für meine Arbeit genehmigt. Er soll als Krankengehilfe arbeiten.«
    »Ein Anatomiediener!« Der Offizier warf die Papiere Marko vor die krummen Spinnenbeine. »Sie haben vielleicht Humor da oben. Er wird mehr Leichen herumschleppen, als ihm lieb ist.«
    »Ist die Sterblichkeit hier so groß?« fragte Igor interessiert.
    »Die Sterblichkeit ist normal … nur, Sie kennen die Dussowa noch nicht.«
    Der gleiche Satz wie in Chabarowsk. Igor schüttelte den Kopf. »Ich freue mich, sie gleich zu sehen.«
    »Dann sind Sie der einzige, der sich freut. Kommen Sie mit.« Er ging zur Tür, und Marko hob das Gepäck auf. Aber der Offizier winkte ab.
    »Lassen Sie das liegen! Sie sind jetzt Mitglied der Lagerverwaltung. Ein Heer von Trägern steht Ihnen zur Verfügung. Wache! Zwei Mann zum Gepäck.«
    Über den langen Flur klapperten Schritte. Füße in Holzsandalen. Dann erschienen zwei Gestalten in der Tür und warteten auf dem Gang. Sie trugen Hosen aus Baumwolle, grau, farblos, vielfach geflickt, und ein bräunliches Hemd. Der Kopf war kahlgeschoren, klein wie bei einem Kind, zusammengeschrumpft. In tiefen dunklen Höhlen lagen die matten Augen. Es waren zwei alte Männer, soweit man das Alter hier noch bestimmen konnte. Einer von ihnen sah Igor mit einem stummen Flehen an … seine Lippen waren blau und zitterten.
    »Gepäck zum Krankenhaus!« brüllte der Korporal, der von der Seite auftauchte. »Und schnell, ihr Affen! Dawai, dawai, ihr Eierköpfe!«
    Die Häftlinge stürzten sich wie hungrige Wölfe auf das Gepäck, rissen es an sich und verließen im Laufschritt das Zimmer. Das Keuchen ihrer Lungen war laut wie ein Auspuff.
    »Der eine Mann ist krank«, sagte Igor. »Ein Herzleiden. Ich werde ihn morgen untersuchen. Warum arbeitet er noch?«
    »Fragen Sie die Dussowa.« Der MWD-Offizier lachte rauh und ging voraus. »Mein lieber Pjetkin, Sie kommen in kein Sanatorium …«
    *
    An der Lagerleitung verließ der Offizier Igor und Marko. Er zeigte auf den Steinbau und sagte: »Dort ist es. Wir sehen uns nachher beim Essen. Viel Glück, Genossen.«
    Langsam gingen sie über den gefegten Platz zum Krankenhaus. In den Lagerstraßen arbeiteten Sträflinge, die Innendienst hatten. Sie kehrten die Wege, strichen das Holzwerk mit grüner Farbe, flickten die Baracken. Aus der Küchenbaracke stieg steil fettiger Rauch. Es roch nach Sauerkohl. Im Todesstreifen arbeitete ebenfalls ein Trupp … er harkte den feinen Sand zwischen Stacheldraht und Holzzaun zu einer glatten Fläche. So konnte man am nächsten Morgen sehen, ob jemand versucht hatte, den Streifen zu überwinden.
    Aus der Tür des Krankenhauses traten jetzt die beiden Gepäckträger. Der Mann mit den blauen Lippen zog sofort seine Mütze und blieb demütig vor Pjetkin stehen.
    »Kann man mit Ihnen reden, Genosse?« sagte er leise, als Igor an ihm vorbeiging. »Bitte, nur ein paar Minuten. Haben Sie ein Herz … Sie sehen so aus, als hätten Sie eins. Bitte …«
    »Wer sind Sie?« fragte Igor. Er blieb stehen. Der andere Häftling lief schnell weiter, mit eingezogenem Kopf, die Zentnerlast der Furcht im Nacken.
    »Stepan Iwanowitsch Duschowskij. Professor der Physik in Charkow. Werden Sie mich anhören?«
    »Ja, natürlich. Morgen früh. Kommen Sie ins Krankenhaus.«
    »Dort ist die Dussowa …«
    »Und ich bin auch dort, Professor. Genügt Ihnen das?«
    »Es ist schwer, noch an etwas zu glauben.«
    »Warum sind Sie hier im BA?«
    »Ich habe Berechnungen vorgelegt. Ich habe gesagt, daß wir in den nächsten zehn Jahren die Amerikaner in der Atomforschung nicht einholen können. Es war die Wahrheit …«
    »Morgen früh nach dem Appell. Ich nehme an, es werden hier Appelle gemacht?«
    »Ja, natürlich.« Duschowskij strich mit der Handfläche über die blauen, trockenen Lippen. »Aber sie werden mich zum Außenkommando einteilen. Heute ist ein Glückstag … ich habe Innendienst.«
    »Sie melden sich krank.«
    »Der Obmann wird mich auslachen und in den Hintern treten. Waren Sie schon einmal in einem Lager?«
    »Nein. Ich sehe so etwas zum ersten Mal.«
    »Dann legen Sie einen Panzer um Herz und Hirn, sonst sitzen Sie eines Tages neben mir auf der Pritsche in Baracke 19. Denken Sie an meine Worte, junger Freund. Wie alt sind Sie?«
    »Noch keine sechsundzwanzig.«
    »Wie jung. Wie herrlich jung! Und dann in der Hölle!«

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