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Heiß wie der Steppenwind

Heiß wie der Steppenwind

Titel: Heiß wie der Steppenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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können Ihren Igor wieder holen, wenn wir ihn umerzogen haben. Die Sowjetunion wird für ihn Vater und Mutter sein. Wenn er später zu Ihnen zurück will … man kann versuchen, mit den Beamten zu reden. Es ist der einzige Weg, den Jungen zu retten. Lehnen Sie jetzt ab, muß ich Igor aussetzen wie einen überzähligen Hund.«
    Pjetkin schwieg. Er sah ein, daß ein einzelner Mensch nichts ist als eine Schneeflocke, die auf einen heißen Ofen fällt.
    »Wie sieht das alles technisch aus?« fragte er mit zusammengepreßter Kehle. »Wo kommt er hin, und wie kommt er hin?«
    Ronowskij räusperte sich und suchte in seiner Uniform nach einer Packung Zigaretten. Da er keine fand, griff Pjetkin in seine Tasche und holte seine Papyrossi heraus. Nach drei tiefen Zügen sprach der General weiter.
    »Ich werde mich selbst um ihn kümmern, Anton Wassiljewitsch, das verspreche ich Ihnen. Mit dem nächsten Lazarettzug reist er nach Moskau, und einen Brief von mir an das Waisenkomitee bekommt er mit. Wir werden seinen Lebensweg genau verfolgen, haben Sie gar keine Sorge, und wenn er ein guter Russe wird, können Sie stolz auf ihn sein. Nur jetzt muß er weg. Unmöglich, wenn jeder im Krieg eine Liebhaberei mit sich herumschleppt. Der eine ein Kind, der andere eine Hure, der nächste kommt mit einem Papagei auf der Schulter an.«
    »Man sollte Burmin den Schädel einschlagen«, sagte Pjetkin dumpf. Dann stand er auf. »Wann muß ich Igor abgeben?«
    »Morgen früh bringen Sie ihn zum Sanitätsplatz. Ich werde Mühe haben, bis dahin alle maßgebenden Leute zu unterrichten.« Ronowskij hielt Pjetkin am Schoß der Uniformjacke fest. »Irgendwie kann ich Sie verstehen, Anton Wassiljewitsch«, sagte er mit veränderter, sanfter Stimme. »Als Sie damals in die Kriegsschule kamen, fielen Sie mir sofort auf. So hätte mein Sohn ausgesehen, dachte ich, wenn ich jemals einen gehabt hätte.« Ronowskij sprang auf. Seine Lippen vibrierten. »Hinaus!« schrie er. »Und erinnern Sie sich nicht an diese Minuten …«
    *
    In der Nacht lagen sie noch lange wach, unten in dem feuchten Keller der Ruine. Über ihnen orgelten die Granaten in das Regierungsviertel von Berlin. Die Einschläge zitterten in den Mauern wieder. Igor hatte sich eng an Pjetkin gedrückt. Er schwieg lange, während Pjetkin ihm zu erklären versuchte, wie schön das Erziehungsheim sei, in das er morgen kommen sollte, wie alle Not ein Ende habe und er später, wenn der Krieg gewonnen sei, abgeholt würde nach Kischinew.
    »Du holst mich ab?« fragte Igor, als Pjetkin schwieg. Er war erschöpft.
    »So wahr meine Augen sehen …«, sagte Pjetkin mit müder Stimme. »So schnell wie möglich.«
    »Und die anderen werden mich nicht als Feind behandeln?«
    »Sie sollen es wagen! Du bist Igor Antonowitsch, und bist nichts anderes gewesen.«
    »Aber ich kann kein Wort Russisch.«
    »Du wirst es schnell lernen, mein Wölfchen.« Pjetkin schob eine alte Decke über ihn. Wie man sich an ein Kind gewöhnt, dachte er.
    »Erzähl mir mehr von Kischinew«, sagte Igor.
    Pjetkin schrak zusammen, sammelte seine Gedanken und erzählte von seiner Frau Irena Iwanowna, den Weinbergen und Obstplantagen auf den grünen Hügeln im Nordwesten und Süden der Stadt, dem schwarzen fruchtbaren Boden, den Wäldern von Kodry und den malerischen Tälern und Schluchten der Moldawa.
    »Ein schönes Land, nicht wahr?« fragte Igor. »Ich werde alles tun, was man mir sagt, um bald zu dir zu kommen.«
    »Das willst du wirklich, Igoruschka?«
    »Ja.« Der Junge drehte sich auf die Seite und starrte gegen die nasse Kellerwand. Dann drückte er das Gesicht auf den rechten Unterarm und begann, lautlos zu weinen.
    Am frühen Morgen wickelte Pjetkin den schlafenden Igor in eine Decke, trug ihn zu seinem Jeep und fuhr mit ihm zum Hauptverbandsplatz. Dort gab er den Schlafenden ab wie ein Paket und sah ihm nach, wie ein Sanitäter ihn wegtrug in eines der Zelte. Der Chefchirurg, ein Kapitänarzt, war unterrichtet.
    »Wollen Sie nicht mitgehen und sich überzeugen, daß er in besten Händen ist?« fragte er.
    »Nein.« Pjetkin schüttelte den Kopf. »Wenn ich ihm jetzt nachlaufe, hole ich ihn zurück, und selbst Stalin wird ihn mir nicht aus den Händen reißen –« Er drehte sich um und stapfte zu seinem Wagen.

D RITTES K APITEL
    Der Lazarettzug ratterte durch das zerstörte, verbrannte, einsame, regengraue Land. Tag und Nacht, nur unterbrochen durch kurze Aufenthalte, wenn die Lokomotiven Wasser und Kohlen aufnahmen oder

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