Heiß wie der Wuestenwind
siehst einfach wundervoll aus. Du warst ja schon immer eine Schönheit, aber jetzt hast du noch das gewisse Etwas. Du hast wirklich Ausstrahlung. Ich kann nicht glauben, dass Jaf dich wirklich nicht mehr liebt."
Lisbets Blick verdüsterte sich.
„Was ist los?"
„Nichts. Jaf hat gestern Abend wieder gespielt, das ist alles. Aber ich weiß ja, dass er es niemals aufgeben wird. Es gibt also keinen Grund, enttäuscht zu sein."
Zum ersten Mal hatte sie sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und dann stundenlang wach gelegen.
Doch sie hatte ihn nicht an ihrer Zimmertür gehört.
„Hat es dich glücklich gemacht, allein zu schlafen?" hatte er am Morgen gefragt.
„Ich wäre ja so oder so fast die ganze Nacht allein gewesen, oder nicht?" hatte sie erwidert. „Du hast wohl besonders viel Spaß am Spieltisch gehabt letzte Nacht, nicht wahr?"
Er hatte nichts darauf erwidert, sondern war mit Gazi verschwunden. Die beiden Männer waren erst wieder zurückgekommen, als es Zeit wurde, sich für den Empfang umzuziehen.
„Ich sage ja nicht, dass du nicht Recht hast, aber ich habe mit Gazi darüber gesprochen, und er sagt, Jaf wird ganz sicher damit aufhören, wenn du ihm Zeit gibst."
„Wie viel Zeit denn noch? Hat Gazi sich dazu geäußert?" gab Lisbet trocken zurück.
„Das habe ich ihn auch gefragt. Warum gibt er es nicht jetzt sofort auf? Gazi hat nur gesagt, es würde eben noch ein bisschen dauern."
Lisbet lachte freudlos. „Männer! Sie sind alle gleich."
„So muss es für dich klingen, aber ... Ich weiß nicht. Könnte es sein, dass da etwas vor sich geht, von dem wir nichts verstehen?"
„Oh, ja, natürlich. Es gibt eine geheime Anweisung im Testament seines Vaters, dass er die Hälfte des Vermögens verspielen muss, um die andere Hälfte behalten zu dürfen."
„Das natürlich nicht. Aber Gazi hat einmal gesagt, dass ich damit rechnen müsse, dass er mir manchmal nicht alles erzählen könne. Er sagte, ,du musst wissen, ich bin Tafelgefährte des Prinzen und deshalb auch Geheimnisträger. Es gibt Dinge, über die nicht einmal die eigene Frau etwas erfahren darf."
„Darauf wette ich. Und eines von diesen Geheimnissen ist, dass es in dieser Familie einen traditionellen Hang zu Verantwortungslosigkeit gibt."
Ann zog eine Grimasse. „Nun ja, vielleicht rede ich mir da etwas ein. Wahrscheinlich hat Gazi das über Jaf nur deshalb gesagt, damit ich mich nicht allzu sehr aufrege, gerade jetzt."
Lisbet wurde hellhörig. „Wieso gerade jetzt?"
Anna strahlte. „Ich habe es dir noch nicht erzählt. Ich bin schwanger."
„Oh, Anna!" Lisbet umarmte ihre Freundin, ohne Rücksicht auf ihre kunstvollen Frisuren. „Wie schön!"
Noch vor einem Jahr war Annas Leben eine einzige Tragödie gewesen. Wie hatte sich alles verändert.
Anna blinzelte heftig, damit die Freudentränen ihr Make-up nicht ruinierten. „Gazi ist außer sich vor Freude. Umso mehr würden wir uns freuen, wenn ihr auch miteinander glücklich wärt. Wäre es nicht wundervoll, wenn unsere Kinder gemeinsam aufwachsen würden?"
Lisbet wurde still. Was sie normalerweise zu diesem Thema sagte, wollte ihr plötzlich nicht über die Lippen kommen. Alles, was sie empfand, war eine schmerzliche Sehnsucht.
Ihre Prinzipien drohten ins Wanken zu geraten. Wenn nun ... Nein, es hätte keinen Sinn.
„Für uns ist es zu spät, Lisbet...", hatte er gesagt.
10. KAPITEL
Der Garten des Halimah-Palastes war ein architektonisches Meisterstück. Lisbet hatte schon Fotos und Berichte darüber in Büchern gesehen, doch die Wir klichkeit übertraf all ihre Vorstellungen.
Es gab dort Wasserfälle, Fontänen und spiegelglatte Wasserflächen, Pavillons, Säulengänge, Pergolas - und alles in den kostbarsten Materialien und über die Maßen kunstvoll gestaltet.
Wohin Lisbet auch den Blick wandte, überall bot sich ihr ein neuer, aufregender Ausblick; sei es auf eine Allee von Zypressen, die einen Wasserlauf einrahmte, der sich über mehrere, aufeinander folgende Stufen ergoss; sei es auf ein Meer üppiger tropischer Pflanzen oder auf eine Reihe filigraner Rundbögen oder auf einen geheimnisvollen Säulengang. Es war zauberhaft, wie aus Tausendundeiner Nacht.
Genau wie die Menschen, die hier versammelt waren. Man trug die traditionellen Gewänder Parvans, Barakats und Bagestans in ihrer prunkvollsten, kostbarsten Ausführungen. Es war wie die Wiederkehr des goldenen Zeitalters des Islams.
Auch das Essen war wie aus einer anderen Welt. Es gab kleine Spieße mit
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