Heiß wie die Naechte Siziliens
umgedreht und wäre davongelaufen, aber diesen Luxus durfte sie sich nicht leisten.
„Hallo, Dario. Charmant wie immer …“
Er war zu groß, zu einschüchternd und schrecklich beunruhigend. Ihr Magen zog sich zusammen, und als sein typischer Duft nach Limonen und warmer, männlicher Haut sie streifte, beschleunigte sich ihr Pulsschlag.
„Was hat das zu bedeuten?“, wollte er wissen und trat ihr in den Weg.
„Was, bitte?“, erwiderte sie betont harmlos und wappnete sich gegen seinen stählernen Blick.
„Diese Kostümierung!“ Er presste die Worte förmlich zwischen den zusammengekniffenen Lippen hervor. Alissas einzige Genugtuung lag in der Erkenntnis, dass ihr Bräutigam Donnas auffälliges Hochzeitskleid noch viel mehr zu hassen schien als sie selbst. Gut, dachte sie, wenigstens eine kleine Entschädigung für die Qualen, die ich ertragen muss.
„Hast du noch nie eine Braut gesehen?“, fragte sie spöttisch.
„Du bist keine Braut im üblichen Sinn, wie du sehr wohl weißt!“
Und dafür war sie mehr als dankbar!
„Warum dann diese Scharade?“, wollte er wissen.
„Da du darauf bestehst, dass ich dich nach Sizilien begleite, musste ich meinen Bekannten hier von unserer Hochzeit erzählen. Das wäre überflüssig gewesen, wenn ich in Melbourne hätte bleiben können“, erklärte sie müde. „Außerdem ist meine Schwester sehr romantisch und sentimental. Sie hat selbst erst vor Kurzem geheiratet und glaubt an die große Liebe mit allem drum und dran.“
„Du hast deine Schwester bezüglich unserer zukünftigen Ehe angelogen?“ Die Verachtung in Darios Stimme war nicht zu überhören.
Alissa zuckte mit den Schultern. „Es war leichter, ihr eine Liebe auf den ersten Blick zu verkaufen, als sie über deine Geschäftspraktiken aufzuklären. Nach unserer Scheidung kann ich dann wenigstens mit der Geschichte von der überstürzten Heirat aus blinder Liebe aufwarten.“
Unter keinen Umständen hätte sie Donna zusätzlich zu deren gesundheitlichen Problemen auch noch ihr eigenes Elend aufgehalst, aber das ging Dario nichts an. Auch nur zu ahnen, dass Alissa nur heiratete, um ihrer kleinen Schwester zu helfen, würde bei Donna womöglich noch einen Schuldkomplex auslösen.
„Das erklärt aber immer noch nicht deinen Aufzug.“
„Donna wollte unbedingt mitkommen, und es war ein hartes Stück Arbeit, sie davon abzuhalten.“
Allein mit dem Hinweis, dass sie sich unbedingt für einen möglichen Termin bei einem Spezialisten in den USA schonen müsse, konnte Alissa ihre Schwester davon abhalten, den australischen Kontinent extra für ihre Hochzeit zu durchqueren.
„Aber sie hat mich darum gebeten, wenigstens das Kleid, das ihr so viel Glück gebracht hat, anzuziehen. Du weißt schon, etwas Geborgtes …“ Unter seinem harten Blick versagte ihre Stimme. Alissa räusperte sich und schob trotzig das Kinn vor. „Ich habe ihr versprochen, es zu tragen, okay?“
„Und du hältst deine Versprechungen?“
Warum musste er nur so skeptisch klingen? Nur gut, dass ihr nichts an seiner Meinung lag! Hier ging es um ein Geschäft und sonst nichts!
„Wenn du mit deiner Kritik endlich fertig bist, könnten wir vielleicht gehen. Du willst doch sicher nicht einen für dich so wichtigen Termin versäumen, oder?“
Schweigend und ziemlich grob zog er ihren Arm durch seinen und geleitete sie ins Innere des Gebäudes. So gaben sie die perfekte Parodie eines liebenden Brautpaares ab.
Alles, was dann kam, zog wie in dichtem Nebel an Alissa vorüber. Nichts schien real zu sein. Nicht die Schwere ihres Brautkleids oder die Selbstverständlichkeit, mit der sich ihre Hand in seine zu schmiegen schien. Als Dario ihr den Ring an den Finger steckte, ein Symbol seines Reichtums und seiner bedeutenden Stellung innerhalb der High Society, überraschte es sie kein bisschen, dass er wie angegossen passte.
Erst als der Standesbeamte sagte „… und jetzt dürfen Sie die Braut küssen“, riss das Alissa unsanft aus ihrer Trance.
Dario zog seine frisch angetraute Frau zu sich, und angesichts des Triumphs in seinen dunklen Augen wurde ihr plötzlich ganz elend. Erst jetzt traf sie die Wahrheit wie ein Schlag ins Gesicht: Ab sofort war sie rechtmäßig an einen Mann gebunden, den sie so gut wie gar nicht kannte und der ihr das Leben zur Hölle machen konnte.
Verzweifelt versuchte sie, das aufkommende Gefühl von Panik zurückzudrängen, doch das Blut rauschte so laut in ihren Ohren, dass sie nichts anderes mehr
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