Heiß

um in Berlin bei Siemens einzubrechen und einem Wachmann die Kehle durchzuschneiden?
    Calis beschloss spontan, lieber nicht den Auskünften des Chefs der Schrauberwerkstatt zu trauen. Er zog sein Handy aus der Tasche und wählte.
    »Lambert«, meldete sich der Offizier der Fremdenlegion nach dem zweiten Läuten.
    »Calis hier.« Er zog eines der Hemden aus dem Fach und setzte sich aufs Bett.
    »Ahh, Herr Kommissar. Haben Sie Ihren Clown bereits gefunden? Kann ich Ihnen bei Ihren Recherchen weiterhelfen?«
    »Beides mal ein klares ›Ja‹«, stellte Calis fest und beschrieb Lambert die beiden Abzeichen, bevor der weitere Fragen stellen konnte. »Sie sind der Experte. Was steckt dahinter?«
    Lambert antwortete nicht sofort. Schließlich meinte er: »Eines möchte ich gerne zuvor wissen, Kommissar. War der Mann in Französisch-Guyana stationiert?«
    »Kompliment«, gab Calis zurück. »Er gehörte dem Dritten Infanterie-Regiment an, zweite Kompanie, den sogenannten Zenturios.«
    »Dachte ich mir«, antwortete Lambert, und in seiner Stimme schwang weniger Befriedigung als Vorsicht mit. »Die Kompanie ist auf den Dschungelkampf spezialisiert. Überleben hinter den Linien, in feindlichem Gelände, Töten mit allen verfügbaren Mitteln, perfekte Tarnung und alle Praktiken, die Sie mit schmutzigem Krieg assoziieren würden. Die Besten der Besten schickt man auf Kommandokurse nach Südamerika. Dazu müssen Sie allerdings im Allgemeinen Offizier sein. Das Abzeichen an seinem Hemd bedeutet, dass er den Kurs in Brasilien, in Manaus, mitgemacht und abgeschlossen hat. CIGS heißt abgekürzt und frei übersetzt ›Ausbildungszentrum für den Dschungelkrieg‹. Das können Sie auch aus den drei Worten unter dem Tigerkopf entnehmen: Operationen im Dschungel auf Portugiesisch, der Landessprache Brasiliens. Also Manaus. Ausbildung im Amazonasdschungel, härter, als Sie es sich jemals vorstellen können.«
    Lambert schwieg plötzlich, als hätte er bereits zu viel verraten.
    Der Kommissar dachte nach und wartete. Dann meinte er: »Ein wenig mehr Hintergrundinformationen für Außenstehende, s’il vous plaît?«
    »Ich habe bisher nur eine Handvoll Legionäre kennengelernt, die dieses Abzeichen trugen«, fuhr Lambert zögernd fort. »Es werden nur wenige zu diesen Kursen zugelassen oder abkommandiert, die Besten der Besten. Und selbst dann – die Ausfallsrate ist astronomisch hoch. Wer es bis zum Schluss schafft, der ist etwas ganz Besonderes, gehört zur Elite der Elite.«
    »Hart?«, fragte Calis verwirrt und erinnerte sich an die Worte des Werkstattleiters.
    »Mehr als das«, antwortete Lambert. »Hart zu sich selbst, bis zur Selbstaufgabe. Hart und brutal, wenn es sein muss, zu anderen. Entschlossen, durchtrainiert, absolut unerschrocken. Eine menschliche Kampfmaschine in einem besonders menschenfeindlichen Gebiet. Ein Ausnahmesoldat.« Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr: »Wer die Ausbildung im Urwald des Amazonas überlebt hat, der würde es überall auf dieser Welt unter den schlimmsten Bedingungen schaffen. Egal ob in den Bergen Afghanistans, den Savannen Afrikas oder im vietnamesischen Dschungel. Wollen Sie ein Beispiel? Teil der Ausbildung war es, giftigen Schlagen den Kopf abzubeißen oder ihr Gift für absolut tödliche Pfeilspitzen zu gewinnen, wenn alle anderen Waffen bereits verloren gegangen waren.«
    »Beeindruckend«, gab Calis zu. »Andererseits muss auch der Beste irgendwann wieder in das Zivilleben zurückkehren, Glanz und Gloria in einen Schrank hängen und seine Waffen unter den Socken verstecken. Heute riecht das Abzeichen nach Mottenpulver.«
    »Aber der Mann ist noch immer derselbe«, sagte Lambert, »egal ob im Dschungel oder in der Straßenbahn. Wer den Kopf des Tigers trägt, der vergisst und verlernt nicht. Stellen Sie sich eine abgezogene Handgranate vor, an der gerade noch jemand den Sicherungshebel drückt …«
    »Haben diese Abzeichen für Spezialausbildungen in Südamerika einen besonderen Namen?«, fragte Calis nach und legte das Hemd zurück ins Fach.
    »Tigre, Selva, Cazador oder Condor, je nachdem, wo der Kurs stattfand, ob in Brasilien, Surinam, Venezuela, Ecuador oder Kolumbien.«
    »Danke, Lieutenant Lambert, Sie haben mir wie immer sehr geholfen«, verabschiedete sich der Kommissar. »Und bitte grüßen Sie Ihre Frau von mir.«
    Damit schnappte er sich den Laptop und ging zurück ins Wohnzimmer, wo Oberkommissarin Trapp damit beschäftigt war, die Rücken der Bücher im Regal zu