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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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ausgebreitet hatte.
    Siegberth griff erneut zum Vergrößerungsglas.
    Der Mann trug eine Waffe am Gürtel. Hinter ihm standen mehrere Lastwagen, dazwischen rannten Männer hin und her, manche waren wegen der Belichtungsdauer leicht verschwommen. Zwei von ihnen trugen eine offenbar schwere Kiste zur Ladefläche eines der Lkws.
    Am Citroën, an dessen Kühler der Mann mit dem Panamahut lehnte, war ein schwarzes Nummernschild mit weißen Ziffern montiert. Ein französisches? Die Wissenschaftlerin machte sich im Geist eine Notiz. Sie war keine Expertin für internationale Autokennzeichen.
    Auch wenn auf den ersten Blick keine Einheimischen zu sehen waren, die Umgebung jedenfalls, die Vegetation und die Bäume, sprachen für ein heißes, südliches Land.
    War das Foto am Kai aufgenommen? Stand die Verladung in irgendeinem Zusammenhang mit dem geheimnisvollen Schiff, das unter Umständen links vom Fotografen, außerhalb des Bildausschnittes, an der Kaimauer vertäut war?
    Siegberth hätte zu gerne den Bug gesehen. Da wäre der Name klar und deutlich zu lesen gewesen.
    Konstantinos trat wieder auf die Terrasse, seinen Tabletcomputer in der Hand. »Wenn man Victor Sch im Internet sucht, findet man zuerst »Victor Central School District« in den Vereinigten Staaten, dann eine Senior High School, ein Museum Victor Schœlcher auf Guadeloupe, und dann, hmm, einen Victor Schoelcher im französischen Wikipedia.«
    Die Wissenschaftlerin horchte auf. »Der Name Schoelcher sagt mir etwas«, murmelte sie. »War das nicht der Politiker, der die Sklaverei in Frankreich abgeschafft hat?«
    Der Grieche nickte. »Geboren in Paris 1804 , aber seine Eltern stammen aus dem Elsass. Sie hatten also recht. Schoelcher war französischer Staatsmann und Gegner der Sklaverei in den Kolonien. Das erklärt auch das Museum auf Guadeloupe.«
    »Also hieß das Schiff ›Victor Schoelcher‹«, meinte Siegberth zufrieden, während Konstantinos bereits den Begriff in die Suchmaschine eingab.
    »Es war genauer gesagt ein Hilfskreuzer«, murmelte ihr Gastgeber, »daher das Geschütz auf dem Achterdeck.«
    Er öffnete zwei Webseiten und las interessiert. Schließlich ließ er das iPad sinken, nahm die Abzüge mit der Victor Schoelcher zur Hand, sah sie mit ganz neuen Augen. Dann holte er den Bilderstapel mit den Wüstenfotos aus der Schachtel und betrachtete sie schweigend.
    Natürlich! Sein Instinkt hatte ihn von Anfang an nicht getrogen. Und Cannotier in seinem Tagebuch nicht gelogen. Konstantinos hatte Siegberth in Wolof aus gutem Grund einige Passagen vorenthalten, auch wenn sie sie nicht lesen konnte. Und jetzt – die Schoelcher und ihre Fracht.
    So war es also gewesen. Alphonse Cannotier hatte tatsächlich recht gehabt.
    Terribilis est locus iste.
    Konstantinos begann langsam die Zusammenhänge zu verstehen …

Militärflughafen Duxford, Imperial War Museum/England
    Die drei Sternmotoren der Ju 52 brummten vertrauenseinflößend gleichmäßig.
    John Finch saß entspannt im Co-Pilotensitz und ging mit Amber die letzten Punkte des Preflight-Checks durch. Die Frau mit den kurz geschnittenen dunkelblonden Haaren und dem schmalen Gesicht, in dem große braune Augen skeptisch in die Welt blickten, war vor etwas mehr als fünfzig Jahren in London zur Welt gekommen. Ihre Eltern, weitgereiste Diplomaten im Dienst der Krone, hatten es keineswegs lustig gefunden, als sich ihre Tochter lieber einen Werkzeugkasten als ein Puppenhaus zu Weihnachten wünschte und nach der Bescherung Anstalten machte, den familieneigenen Mini in alle Einzelteile zu zerlegen.
    Doch Amber war ein genialer Sturkopf, beendete die Schule ein Jahr früher als vorgesehen und dachte trotzdem nicht daran, sich an der Universität einschreiben zu lassen. Viel lieber trampte sie nach Duxford, sah den alten Mechanikern bei der Restaurierung von Lancaster Bombern und Sternmotoren über die Schulter und war hartnäckig und hübsch genug, um rasch auf die andere Seite der Absperrung zu gelangen. Bald waren ihre Hände schwarz vom Öl, ihre Nägel abgebrochen und sie glücklich.
    Anders ihr Vater.
    Sir Arthur Rains war »not amused«, drohte mit Enterbung und sprach von Jugendflausen, die er seiner Tochter rasch austreiben würde. Was damit endete, dass Amber ihre Koffer packte, aus dem Haus in Mayfair aus- und in eine kleine Pension in Duxford einzog, jeden Tag an den alten Maschinen schraubte und bald in einem der Restaurierungsbetriebe als Lehrling aufgenommen wurde. Ihr Chef merkte schnell,

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