Heiß
bevor ihm das Blut in die Augen rann. So rasch würde er nicht aufgeben. »Er wollte das Geheimnis an Hitler verschachern, dieser schwule Schwächling, aber ich bin ihm zuvorgekommen. Sie sollten mir danken!«
Cannotier sah Majors entsetzt an, wie einen Geist, dem er niemals hatte begegnen wollen. Dann wich er zurück, stolperte, fing sich wieder und prallte gegen die gegenüberliegende Felswand. Rivière drehte den Kopf, warf ihm einen kurzen Blick zu, und der Colonel nutzte seine Chance. In genau diesem Moment riss er seine rechte Hand hoch, feuerte die Webley schon aus der Hüfte ab. Der erste Schuss ging fehl, riss Splitter aus der Steinwand und jaulte als Querschläger davon.
Rivière reagierte sofort, drückte ab und traf den Colonel in die Brust. Majors’ zweiter Schuss riss den kleinen Franzosen von den Beinen.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht fiel der Colonel auf die Seite, rollte sich stöhnend auf den Bauch und robbte einen Meter vor.
Rivière lag bewusstlos genau vor ihm.
Majors streckte die Hand aus, setzte die Pistole auf Rivières Schläfe und drückte ab.
Blut und Gehirn spritzten durch die Höhle. Auf den Boden, die Steinwand und auf Cannotier, der wie gelähmt mit offenem Mund an einem Felsen lehnte.
Dann hob sich der Lauf der Webley und zielte genau auf Cannotier.
»Tut … tut mir leid …«, hustete Majors, und ein Strom von Blut rann aus seinem Mundwinkel. »Wir beide hätten … hätten das Grab … sicher gefunden …« Sein Zeigefinger krümmte sich, und Cannotier erwachte aus seiner Erstarrung.
Er hechtete nach vorn. Die Kugel verfehlte ihn um Haaresbreite.
Cannotier riss die Pistole des toten Rivière an sich und feuerte angsterfüllt, Schuss auf Schuss.
So lange, bis das Magazin leer war.
Dann ließ er die Waffe fallen und sackte mit einem Gurgeln zu Boden. Der Anblick des toten englischen Geheimdienstmannes war furchtbar. Die Kugeln hatten Majors das halbe Gesicht weggerissen.
Cannotier schluchzte, ein Weinkrampf schüttelte ihn. Endlich raffte er sich auf und hastete ohne einen Blick zurückzuwerfen aus der Höhle, rutschte, lief und stolperte den Abhang hinunter zum Lkw. Als er einsteigen wollte, prallte er zurück.
Alle vier Reifen waren platt. Zerstochen.
Hastig warf er einen Blick in die Fahrerkabine.
Der Zündschlüssel fehlte.
Dann eilte er zur Ladefläche.
Alle Wasserkanister waren umgeworfen oder durch Messerstiche zerstört worden. War es Rivière oder Majors gewesen?
Cannotier fühlte die Panik in sich aufsteigen. Fünf Kilometer bis zur Piste, dann zehn weitere bis nach Atar, und die Nachmittagssonne brannte unerbittlich auf die Berge des Adrar-Plateaus …
Das würde er ohne Wasser niemals schaffen.
Wir waren alle zum Sterben verurteilt, von Anfang an, dachte er verzweifelt. Seit Beginn dieser verfluchten Reise hatte die Uhr getickt. Er blickte ein letztes Mal hinauf zum Eingang der Höhle. Dieser Ort war furchtbar, und der Tod bewachte das Grab Alexanders des Großen gut, wo immer es war.
Keiner würde von hier entkommen.
Irgendetwas in ihm lehnte sich trotzdem auf, und so griff er nach seiner geliebten Kamera, dem einzigen Besitz, der ihm noch geblieben war, wie nach einem rettenden Strohhalm. Dann taumelte er los, instinktiv nordwärts, entlang der staubigen Büsche, über die Schotterhalden und durch ausgetrocknete Flussläufe.
Nur weg von hier. Nur weg von hier. Nur weg von hier, hämmerte es in seinem Hirn. Mit jedem Schritt, den er zwischen sich und die Höhle brachte, fühlte er sich freier. Je weiter er lief, umso öfter taumelte und fiel er. Die Steine waren glühend heiß, und die Luft flirrte über den aufgeheizten Geröllfeldern. Der Schweiß rann ihm in die Augen und brannte, gaukelte ihm Bilder vor, die zehn Schritte später wieder zerflossen.
Wenn ich Glück habe, dann erreiche ich die Piste, dachte er jedes Mal, wenn er sich wieder aufrappelte und weiterstolperte, keuchend und taumelnd. Aber vielleicht hatten ja Majors und Rivière bereits alles Glück aufgebraucht.
Als sie schnell gestorben waren …
Während Cannotier weiterlief, geschah in der Höhle etwas Seltsames. Aus zwei Löchern im Fels tauchten Hunderte Skorpione auf, krabbelten in Richtung der Leichen, so als wollten sie sich überzeugen, ob Majors und Rivière tatsächlich tot waren.
Kairo International Airport/Ägypten
Die Landung auf der kürzesten der drei Pisten des internationalen Flughafens von Kairo war sanft und wie aus dem Bilderbuch. John Finch bremste den
Weitere Kostenlose Bücher