Heiß
schienen die Gegenwart der Königsnattern zu spüren, die zuerst nur zögernd, dann immer mutiger auf Entdeckungsreise gingen. Sie begannen sich zurückzuziehen, Distanz zwischen sich und die Nattern zu bringen. So war eine schmale Gasse entstanden, die sich von Professor Siegberth zur Tür erstreckte, ein verlockend schlangenfreier Raum. Die Wissenschaftlerin erwachte aus ihrer Erstarrung, gab sich einen Ruck. Mit voller Kraft stampfte sie mit ihrem Absatz auf den Fuß von Konstantinos, der sie von hinten festhielt.
Es war weniger der Schmerz als die Überraschung, die den Griechen zurückweichen und stolpern ließ. Siegberth versuchte sich loszureißen, durch die schmale Gasse die Tür zu erreichen.
Bei der instinktiven Bewegung, den zwei Schritten nach hinten, war Konstantinos auf eine der Klapperschlangen getreten, die sofort zubiss. Er schrie auf, sein Gesicht wutverzerrt, ließ Siegberth los und knickte ein, strauchelte bei dem Versuch, die Schlange abzustreifen. Dabei stieß er gegen die Umrandung und verlor endgültig das Gleichgewicht, stürzte schwer gegen die Steinbrocken im Terrarium.
Es war, als hätten die Klapperschlangen nur darauf gewartet. Drei der Tiere in unmittelbarer Nähe schnellten auf den benommenen Konstantinos zu, ihre Köpfe schossen vor, und sie vergruben ihre Zähne in den Körper des Schlangenträgers.
Der Kommissar wollte vorstürzen, der Frau helfen, die noch immer zögernd inmitten der Schlangen stand, doch die Gasse hatte sich nach Konstantinos’ Fall wieder geschlossen. Es war zu spät …
Da sah er aus dem Augenwinkel, wie Trapp etwas von der Wand riss, kurz zielte und dann schoss ein starker weißer Strahl durch den Raum, fegte die Schlangen hinweg, schleuderte sie unter Terrarien und in die Zimmerecken, bedeckte alles mit dickem Schaum.
Siegberth sah atemlos zu, wie der Weg vor ihr frei gefegt wurde. Sofort lief sie los, zuerst zögernd, dann immer rascher und fiel schließlich in die Arme von Thomas Calis, der sie sofort in den Gang hinauszerrte. Weg von den Schlangen und weg von Konstantinos, der bewegungslos zwischen den aufgeregt rasselnden Klapperschlangen lag. Die alte Frau klammerte sich zitternd an ihn, als wolle sie Calis nie wieder loslassen.
»Ich habe mir den frommen Samariter immer irgendwie anders vorgestellt«, erklang da eine spöttische Stimme von der Schwingtür her. »Und vor allem die gerettete Jungfrau etwas jünger.«
Calis blickte alarmiert hoch und sah zwei schwarz gekleidete Männer am Ende des Korridors stehen, die Waffen im Anschlag.
»Wir stören sicher nicht lange die Idylle, aber wir hätten gerne den Hausherrn in einer wichtigen Angelegenheit gesprochen«, meinte einer der beiden im Plauderton. »Sind Sie das?«
Calis schüttelte den Kopf. »Zu spät, Konstantinos kann Ihnen nicht mehr antworten. Er hat die letzte Unterhaltung mit seinen Haustieren nicht überlebt. Und wer sind Sie?« Er lockerte den Griff um Siegberth.
»Tut nichts zur Sache«, winkte der größere der beiden ab. »Wir suchen etwas, das uns gehört und das sich Herr Konstantinos angeeignet hat. Ein Tagebuch. Dann sind wir auch schon wieder weg.«
Calis spürte, wie Siegberths Körper sich anspannte. »Ein Tagebuch?«, fragte sie mit heiserer Stimme. Sie löste sich von ihm und trat einen Schritt vor, in Richtung der beiden Unbekannten. »Vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen. Ich habe für Herrn Konstantinos vor kurzem ein Tagebuch transkribiert.«
Die Pistole des Unbekannten ruckte hoch. »So? Haben Sie? Sehr gut, dann brauchen wir ja den Samariter nicht mehr.« Damit streckte er den Arm aus und zielte auf Calis. »Keine Zeugen, keine Fragen, keine Probleme. Bon voyage.«
Bevor er jedoch abdrücken konnte, hechtete Trapp in den Gang und feuerte noch im Fallen auf die beiden Männer in Schwarz. Sie prallte gegen Calis, riss ihn von den Beinen und stieß ihn mit dem Kopf an die Wand, während die beiden Bewaffneten gegen die Schwingtür geschleudert wurden und zusammenbrachen.
Calis richtete sich benommen auf. Das Kreischen der Vögel aus den versteckten Lautsprechern drang misstönend in sein Bewusstsein. Dann streckte er die Hand aus und zog Trapp hoch, die ein wenig zitterte und unsicher auf den Beinen stand.
»Danke. Das war in letzter Sekunde«, murmelte er und schloss Martina Trapp in die Arme, drückte ihr impulsiv einen Kuss auf die Wange. »Und jetzt sollten wir die Schlangengrube wieder schließen.«
Als er sich umdrehen wollte, um die Metalltür ins
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