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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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sein Handy. Dann drehte er sich hastig nochmals um, kritzelte für Frank die Worte »bin bei der Legion« auf ein Stück Papier und ließ es auf die Computertastatur fallen, bevor er endgültig aus dem Büro stürmte.
    Der kleine Kobold in seinem Kopf hatte das Versteckspiel hinter den Gartenzwergen aufgegeben und flüsterte in einem fort: »Rasch, so beeil dich doch, der Wettlauf hat schon begonnen!« Calis hatte keinen blassen Schimmer, wovon der Zwerg sprach. Er hatte zu diesem Zeitpunkt allerdings auch keine Ahnung, dass dieser Wettlauf ihn weit weg von Berlin und seinem Schreibtisch führen sollte.
    Und dass danach nichts mehr in seinem Leben so sein würde wie zuvor.

Charlotte Road, Barnes, Südwest-London/England
    »Das kostet mich Kopf und Kragen«, murmelte Peter Compton mit verdrossenem Gesichtsausdruck, während er mit einem gezielten Schlag sein perfektes Viereinhalb-Minuten-Frühstücksei köpfte. »Wie ich es auch drehe und wende, es kann einfach nicht gutgehen.«
    Llewellyn schnupperte genüsslich an einer der warmen Toastscheiben in dem kleinen, geflochtenen Korb mit der farbenfrohen Serviette. Darauf purzelten lachende Osterhasen durchs hohe Gras.
    »Es ist sowieso an der Zeit, dass du endlich abtrittst. Außerdem bist du mir vom letzten Jahr noch etwas schuldig. Ich sage nur Egon Zwingli. Und seit der Keeler-Affäre in den sechziger Jahren hatte dieses Königreich keine richtigen Skandale mehr. Warum nicht einen Compton-Eklat?« Die eisgrauen Augen des Majors blitzten vergnügt, während er einen Toast wählte und begann, die Butter sorgsam zu verteilen. Er und Compton hatten die halbe Nacht bis in die frühen Morgenstunden diskutiert, wie man Phönix am besten aus Pakistan heraus und nach England bringen könnte. Irgendwann war Llewellyn einfach im Lehnsessel vor dem Kamin eingeschlafen und auch nicht wach geworden, als Margaret ihn behutsam zugedeckt und dann auf Zehenspitzen das Zimmer verlassen hatte.
    »Wenn das jemals rauskommt, dann ist das kein Eklat mehr, sondern ein Erdbeben.« Compton, in einem untadelig gebügelten Morgenmantel mit passendem Halstuch und wie immer perfekt gescheitelten Haaren, wischte sich mit der Stoffserviette sorgfältig über den Mund. »Nein, ein Tsunami! Selbst wenn die Inder mitspielen, woran ich nicht glaube, dann schrammen wir von Anfang bis Ende an einem internationalen Zwischenfall vorbei. Oder an einem neuen Krieg. So oder so. Das ist der haarsträubendste Plan, den ich je gehört habe. Und weißt du was? Je länger ich darüber nachdenke, umso weniger will ich damit zu tun haben.«
    »Du klingst wie ein Beamter des Empire«, stichelte Llewellyn.
    »Ich bin ein pensionierter Beamter der Krone, solltest du das vergessen haben«, gab Compton unglücklich zurück. »Aber wenn es nach dir geht, dann bin ich bald Ruf und Pension los und kann mich unter der Blackfriars Bridge vergnügen.«
    »Wirst du etwa alt, Peter?«, fragte der Major mit unschuldigem Gesicht und wählte eine Old Oxford Orange Marmelade. »Ich erinnere mich da an einen Mann, den man ›den Fuchs‹ nannte, weil er nicht nur unglaublich schlau war, sondern mindestens einen Plan B, C und D hatte, stets unzählige Auswege aus den aussichtslosesten Situationen kannte und den weder Tod noch Teufel beeindruckten. Und der die verschiedenen Premierminister, die kamen und gingen, mit sorgsam abgewägten und aufbereiteten Rationen von Information fütterte, so bei Laune hielt und am Ende doch das machte, was er wollte.«
    Compton grummelte etwas Unverständliches vor sich hin und zog die Augenbrauen hoch, während er vorsichtig etwas Salz auf sein Ei streute. »Du übertreibst«, meinte er schließlich, musste aber doch grinsen.
    »Manche Journalisten haben dich den Puppenspieler genannt, einige neidische Politiker den britischen Machiavelli und wieder andere hätten ihren rechten Arm dafür gegeben, damit du endlich von der Bildfläche verschwindest«, erinnerte ihn Llewellyn, goss sich Tee und Milch nach und rührte um. »Aber du hast alle Intrigen überlebt, bist Hunderten Fallen ausgewichen, und jetzt willst du kneifen?«
    Der Geheimdienstchef löffelte den Rest von seinem Ei und strich sich über den Schnurrbart, bevor er wortlos das zweite Ei attackierte.
    »Dann werde ich Phönix selbst herausholen«, entschied Llewellyn und ließ seine Serviette auf den Teller fallen. »Hier stinkt etwas ganz gewaltig zum Himmel, und ich möchte wissen, was es ist. Wenn die Deutschen schon eine Kommandoaktion in

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