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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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niemals erzählt«, meinte Llewellyn bestimmt. »Wir müssen schnell rein und noch schneller wieder raus. Keine Fragen, keine Ankündigung, keine diplomatischen Demarchen. Damit kann auch keiner der üblichen Schlipsträger mit einem entschiedenen ›vielleicht‹ antworten und uns die Überraschung vermasseln.«
    »Aber die Hochtäler im Hindukusch sind so ziemlich das schwierigste Gebiet für einen Flugzeugeinsatz«, gab Compton zu bedenken.
    »Du kennst John Finch nicht«, beruhigte ihn der Major.
    »Wenn er das verpatzt, dann will ich ihn auch nicht kennenlernen, dann kann er sich bei der nächsten Einsiedelei im Himalaya bewerben«, zischte Compton. »Als Eisbärenfell-Double vor der offenen Feuerstelle. Herrgott, Llewellyn, das ist kein Spazierflug in einer alten DC - 3 oder einem antiquierten Wasserflugzeug, sondern unerlaubtes Eindringen in den Luftraum eines souveränen Staates. Und wir sind nicht die CIA ! Außerdem waren wir schon einmal da, wenn ich dich erinnern darf, wenn auch vor sechzig Jahren.«
    »Und wenn du noch lange herumeierst, dann ist Phönix in kleine Streifen geschnitten und trocknet in der Sonne, und wir theoretisieren hier völlig umsonst«, gab der Major unbeeindruckt zurück. »Um deine Haut zu retten, kannst du nur noch beten, dass etwas eintritt, woran ich gar nicht denken möchte.«
    »Und das wäre?«, erkundigte sich Compton mit hoffnungsvoller Stimme.
    »Dass Finch uns einen Korb gibt«, murmelte Llewellyn und zog den Vorhang wieder zu. »Denn dann ist Phönix so gut wie tot.«

Bibliotheca Alexandrina, La Corniche, Alexandria/Ägypten
    Ein steingewordenes Zitat hypermoderner Architektur, dachte John Finch, als er am Strand entlang der Corniche auf ein Gebäude zuging, das wie ein gelandetes Ufo aussah. Oder besser gesagt, wie ein abgestürztes und nun halb im Sand vergrabenes Flugobjekt aus einer fernen Galaxis. Der schräg stehende, weiße Diskus, dem Mittelmeer zugeneigt, spiegelte sich in einem großen Becken, das ihn fast zur Gänze umfasste. Die Palmen entlang der Straße wiegten sich im Wind, der vom Meer her kam, während der Verkehr auf der hier zehnspurigen Corniche Finch laut hupend wieder in die Wirklichkeit zurückholte. Er überquerte die Straße und erreichte einen Vorplatz, auf dem in einer Senke eine große, dunkle Kugel aus einer Fläche von hellen Steinplatten ragte. Der Pilot musste unwillkürlich an das Begleitschiff denken, das nahe dem Mutterschiff abgestürzt war.
    Vielleicht bin ich einfach ein Banause, wenn es um moderne Architektur geht, dachte Finch, als er an einer glänzenden Metalltafel vorüberging, auf der in mehreren Sprachen »Planetarium« geschrieben stand.
    Es war knapp vor neun Uhr morgens, und nur wenige Menschen strebten dem Haupteingang der Bibliothek zu, der von einer riesigen, gekrümmten Granitwand mit unzähligen Zeichen und Symbolen beherrscht wurde. In völligem Kontrast zu der übrigen Stadt sah hier alles fast schon klinisch sauber aus. Die Grünflächen waren makellos, gepflegt und üppig grün. Kein Papier trieb im Wind, alle Fenster blitzten frisch geputzt und glänzten im Morgenlicht.
    Vor wenigen Minuten hatte Finch mit Fiona telefoniert. »Ich habe eine Bar gefunden, die dir sicher gefallen wird«, hatte er gesagt. »Am Strand von Alexandria. Außerdem fehlst du mir.«
    Die darauffolgende Pause war länger ausgefallen, als er erwartet hatte. »Du mir auch«, hatte Fiona schließlich leise geantwortet. »Es tut mir leid, wenn das mit uns beiden irgendwie im Sand verlaufen ist. Das war es nicht, was ich wollte. Wann soll ich kommen?«
    Finchs Antwort »wie wäre es mit gleich?« hatte Fiona mit einem lauten Lachen quittiert. »Ich rufe dich an, sobald ich von hier loskomme.«
    Als er gut gelaunt die Vorfahrt überquerte, stieg gerade eine kleine Reisegruppe aus einem schwarzen Van mit großen, goldenen arabischen Lettern auf den Seiten. Die Männer, alle in weißem Burnus und rot-weiß karierter Smagh, der traditionellen Kopfbedeckung in den Golfstaaten, trugen Sonnenbrillen und unterhielten sich angeregt, während sie die Bibliothek bewunderten. Die einzige Frau der Gruppe sprang vom Beifahrersitz und blickte ungeduldig auf die Uhr. Sie trug Jeans, Turnschuhe und einen hellen Blazer, über der Schulter eine große Umhängetasche von Gucci und in der Hand ein Mobiltelefon, das durchdringend klingelte. Doch offenbar dachte sie gar nicht daran, das Gespräch anzunehmen.
    »Wir haben nur zehn Minuten für einen Blick auf die

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