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Heiß

Heiß

Titel: Heiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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dem Boden gesprossen waren. Der unbefestigte Weg, der nach dem Unterstand steil und steinig in die Berge führte, hätte jedem Off-Road-Fahrer ein Leuchten in die Augen gezaubert. Doch Salam war mit seinen Gedanken ganz woanders.
    Er war noch nie in seinem Leben so einsam gewesen.
    Seine Familie war ermordet worden, seine Frau weit weg in Lahore, seine Mitarbeiter zwar so nah, aber trotzdem unerreichbar fern, er selbst ein Flüchtling, der bald tot sein würde, wenn er nicht die richtigen Entscheidungen traf und die falschen Orte mied. Denn er zweifelte keinen Moment daran, dass er zwar nach Chitral hinein, aber nie wieder lebend heraus kommen würde.
    Während er die Reifen kontrollierte und die Plane hochhob, die über die Batterien gespannt war, überlegte sich Salam seine nächsten Schritte. Er hatte keine Waffe, kaum Geld und trug die zerschlissene Kleidung eines armen Bergbewohners. In der Brusttasche seiner Weste spürte er sein altes Notizbuch und seinen Ausweis. An eine Flucht nach Afghanistan über die Grenze war nicht zu denken. Ohne Lebensmittel und warme Kleidung würde er den Weg durch die Berge nicht überleben. Die Temperaturen auf den schmalen Passwegen dort oben würden ihn schneller umbringen, als seine Verfolger es je könnten.
    Sein Leben hing also davon ab, ob Llewellyn eine Lösung fand, ihn irgendwie außer Landes zu bringen.
    Und wie lange er dafür brauchen würde.
    Mit jeder Minute, die verging, stieg das Risiko für Salam, entdeckt zu werden. Die ISI würde immer mehr Technik, Fahrzeuge und Agenten in die Provinz bringen und zur Treibjagd blasen. Die vier Männer im BMW X 5 waren nur die Vorhut gewesen. Deshalb konnte er auch nicht mehr in der provisorischen Garage bleiben. Bald würden sie die ersten Späher schicken.
    Salam machte sich allerdings wenig Illusionen, was Llewellyn betraf. Was sollte der Major schon ausrichten? Auch er konnte keine Wunder wirken. Also ging es vorläufig darum, so lange wie möglich am Leben zu bleiben. Er überlegte für einen Augenblick, nach Nordosten zu fahren, tiefer in die Täler des Hindukusch, aber irgendwann würde der Tank des Toyota leer sein – und dann? Ohne Geld saß Salam in der Zwickmühle. Er musste möglichst unsichtbar bleiben, aber trotzdem telefonieren, sollte Abstand zwischen Chitral und sich bringen und doch keiner Patrouille in die Hände laufen, dringend einen sicheren Platz zum Übernachten finden und gleichzeitig nicht verraten werden.
    Er trat zurück in den Schuppen und schaute auf die Uhr. Es war an der Zeit zu verschwinden. Seine Hände glitten nachdenklich über die Karosserie des Toyotas, bevor er die Fahrertür öffnete.
    Wenn er nur wüsste, wohin er fahren sollte.
    Schließlich ließ er den Motor des Geländewagens an und machte sich im Schutz der Dunkelheit auf den Weg, manövrierte den Geländewagen hinaus aus dem Schuppen und fuhr in Schrittgeschwindigkeit über den holprigen Weg hinunter in Richtung Fluss, ohne die Scheinwerfer einzuschalten.
    In der Talsohle angekommen, lag die Hauptstraße vor ihm. Er musste eine Entscheidung treffen: links oder rechts?
    Er zögerte, die Scheinwerfer einzuschalten und dachte nach. Er wollte keinen seiner Freunde und Kollegen in Gefahr bringen. In Chitral unterzuschlüpfen war also keine Option. In den Augen der ISI war ein toter Salam der beste Salam.
    Tot – mit einem Mal wusste er, wohin er fahren würde.
     
     
    Zehn Minuten später lenkte er den Toyota im Leerlauf um die letzte Kurve der schmalen Straße, die schon eher ein Weg war. Dann löschte er die Scheinwerfer und stieg aus, drückte die Tür leise zu. Die ausgebrannte Hütte von Shah Juan von Rumbur lag in der Dunkelheit wie ein schwarzes Mahnmal vor ihm, bewacht von den mysteriösen stummen Gestalten aus Holz mit ihren seltsamen Kopfbedeckungen.
    Der Geruch von Rauch, kalter Asche lag noch immer in der Luft, und Salam meinte gar, das verbrannte Fleisch zu riechen. In den Eichen raschelte es. Der kalte Wind stieg von den Bergen ins Tal, wie jede Nacht. Der Sommer war noch fern, und wer weiß, ob Salam ihn jemals erleben würde.
    Er fuhr sich mit der flachen Hand übers Gesicht und versuchte das Bild des verkohlten Körpers seines Freundes zu verdrängen, das er immer wieder vor sich sah, wenn er zum Eingang der halb eingestürzten Hütte hinüberblickte. So wandte er sich dem Arbeitsplatz des Bildhauers unter dem Vordach zu. Trotz der furchtbaren Ereignisse schien der gute Geist Juans noch immer über der kleinen

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